Politik | Landtag

Umstrittene Berufung

Am 1. Oktober wird der neue Generalsekretär des Südtiroler Landtages, Florian Zelger, sein Amt antreten. Eine Ernennung mit einem politischen Nachspiel.

Florian Zelger wird seine Arbeit erst im Oktober aufnehmen. Die Nominierung des 39-jährigen Deutschnofner Juristen zum neuen Generalsekretär des Südtiroler Landtages beschäftigt aber bereits jetzt jenes Gremium, dem Zelger zukünftig als oberster Beamter vorstehen soll.
Gleich zwei Landtagsanfragen wurden zur Ernennung Zelger eingereicht. Sowohl Andreas Pöder (Bürgerunion) wie auch Riccardo Della Sbarba (Grüne) wollen wissen, wie es zur Berufung des neuen Generalsekretärs gekommen ist. „Wurde für die Besetzung der Stelle des Generalsekretärs des Landtages ein Wettbewerb ausgeschrieben - wenn Ja in welcher Form?“, fragt Pöder. Dello Sbarbas Anfrage ist noch detaillierter: „Stimmt es, dass bei der entscheidenden Sitzung des Landtagspräsidiums nur SVP-Vertreter anwesend waren?“.
Dass es zu dieser Polemik kommt, liegt zum einen an den gesetzlichen Bestimmungen und der Vorgangsweise von Landtagspräsident Thomas Widmann, zum anderen aber auch an der Tatsache, dass die Opposition jahrelang geschlafen hat.

Gesetzliche Lücke

Die Berufung des Generalsekretärs wird durch das Gesetz zur „Verwaltungs- und Führungsstruktur des Südtiroler Landtages“ geregelt, das am 11. November 1993 verabschiedet wurde. Also vor über 20 Jahren. In Artikel 11 wird die Ernennung des Generalsekretärs/der Generalsekretärin geregelt:

Der/die Generalsekretär/in wird mit Beschluss des Präsidiums auf Zeit ernannt. Der entsprechende Auftrag kann bei seinem Verfall erneuert werden. Der/die Generalsekretär/in wird auf Vorschlag des Landtagspräsidenten/der Landtagspräsidentin für die Dauer von 5 Jahren ernannt. Der entsprechende Auftrag wird einem Beamten/einer Beamtin des Landtags mit Doktorat in Rechts- oder Staatswissenschaften, der/die bereits entweder zumindest 1 Jahr lang Generalsekretär/in oder 4 Jahre lang Amtsdirektor/in war, oder eine Person außerhalb des Landtages mit anerkannten Erfahrungen und Fähigkeiten, ebenfalls mit Doktorat in Rechts- oder Staatswissenschaften erteilt, die die für den Dienstantritt beim Landtag vorgeschriebenen allgemeinen Voraussetzungen, ausgenommen, was die Altersgrenze betrifft, erfüllen muss.

Aus dem Gesetz geht klar hervor, dass es keinerlei Ausschreibung für dieses hohe Verwaltungsamt gibt. Während etwa die Auswahl des Generalsekretärs des Landes, aber auch die Ernennung, der dem Landtag zugehörigen Volks- und Jugendanwaltschaften, einer öffentlichen Ernennungsprozedur unterliegen, gibt es hier kein vorgeschriebenes Auswahlverfahren. Ein absurde Regelung, wenn man bedenkt, dass jeder Gemeindesekretär über einen öffentlichen Wettbewerb ermittelt wird.
Im Klartext: Es ist eine politische Berufung. Durchgeführt durch das Landtagspräsidium, in dem allerdings die politische Minderheit vertreten sein muss. „Die Zeiten haben sich seit 1993 geändert“, schreibt Riccardo Dello Sbarba in seiner Landtagsanfrage, „mehrere Gerichtsurteile aber auch die Gesellschaft verlangen jetzt ein öffentliches, transparentes Ausschreibungsverfahren.“
Doch die Opposition im Landtag hat hier geschlafen. Seit langem weiß man, dass der Generalsekretär des Landtages, Hubert Peintner, 2014 in Pension gehen wird. Die Dienstjahre zusammen hätte Peintner bereits vor einigen Jahren in Rente gehen können, doch er verlängerte.
Demnach hätte jeder Abgeordnete mit einem Antrag im Landtag die Ernennungsprozedur ändern und eine öffentliche Ausschreibung verlangen können. Die SVP hätte kaum einen Beschlussantrag in diese Richtung ablehnen können, ohne einen Sturm der öffentlichen Entrüstung auszulösen.
Seit 1993 wurde die Verordnung mehrmals im Landtag abgeändert. Das letzte Mal im Jahr 2009. Anscheinend war die Opposition im Landtag aber zu sehr mit dem Pensionsschlamassel beschäftigt, sodass man diese Änderung ganz einfach vergessen hat.

Ungeschickte Berufung

Aufbauend auf dieser gesetzlichen Lücke hat Landtagspräsident Thomas Widmann im Frühsommer im Stillen eine Ernennungsprozedur eingeleitet, die kaum den Kriterien eines öffentlichen Auswahlverfahrens entspricht. Es gab zwar eine Frist innerhalb derer sich Interessierte bewerben konnten, doch das Ganze war eher eine Art Mund zu Mund Propaganda, als eine öffentliche Interessenbekundung.
Nirgends werden diese Spitzenpositionen ausgeschrieben, auch bei uns sieht das Gesetz eine direkte Berufung vor“, verteidigt Thomas Widmann diese Vorgangsweise. Der Landtagspräsident hat eine einfach Begründung dafür: „Der Generalsekretär ist einen Vertrauensperson des Präsidenten, deshalb ist es überall Usus, dass er berufen wird“.
Es gab mehr als eine Handvoll Interessierte, die zum Vorgespräch vorgeladen wurden. Diese Kolloquien führten Landtagspräsident Thomas Widmann, sein Stellvertreter Robert Bizzo und der scheidende Generalsekretär Hubert Peintner durch.

Der Generalsekretär ist eine Vertrauensperson des Präsidenten, deshalb ist es überall Usus, dass er berufen wird.
 

Widmanns Wahl fiel am Ende auf Florian Zelger, der zufällig der Sohn des langjährigen SVP-Bürgermeisters, des Präsidenten des Gemeindeverbandes, des Verwaltungsrichters und des derzeitigen Staatsrates Hans Zelger ist. Das Präsidium segnete die Berufung im Juli allein mit den Stimmen der Mehrheit ab. Der einzige Oppositionsvertreter, der Freiheitliche Roland Tinkhauser weilte gerade auf Urlaub.
Dass Thomas Widmann weder im Plenum, noch in der Sitzung der Fraktionssprecher die bevorstehende Ernennung angekündigt hat, wertet mancher im Landtag als klaren Affront. So mussten die meisten Nicht-SVP-Landtagsabgeordneten aus der Zeitung lesen, wer zukünftig in der Aula auf dem Sessel links neben dem Landtagspräsidenten sitzen wird.

Schnelle Reaktion

Der neue Generalsekretär Florian Zelger studierte Rechtswissenschaften, arbeitete kurzeitig als Anwalt, bevor er in der Landesabteilung Tourismus für die Förderungen zuständig war. Vor einigen Jahre wechselte Zelger, als Leiter der Abteilung Raumordnung in die Gemeinde Eppan. Im Frühsommer trat er seine neue Stelle als Generalsekretär in der Gemeinde Völs an. Dort wird er jetzt aber nicht Wurzeln schlagen. Zelgers große Passion ist der Rallye-Sport, er hat als Kopilot mehrere Pokale gewonnen. Allein dieses Tatsache dürfte ihn bei seinen durchaus (motor)sportverliebten neuen Dienstherren, Thomas Widmann, für die neue Aufgabe besonders qualifiziert haben.

Florian Zelger schwimmt aber vor allem politisch auf dem richtigen Schiff. Der Jurist sitzt für die SVP im Gemeindeausschuss von Deutschnofen. Als Referent ist er dort für öffentliche Arbeiten, Handel und Handwerk zuständig. Es gibt formal zwar keine Unvereinbarkeit mit seinem neuen Amt, doch es wäre politisch brisant, wenn Zelger sein politisches Amt in der Gemeinde beibehalten würde. Als Generalsekretär im Landtag muss er aber ein Garant sein, der über den Parteien steht.
Dass Florian Zelger durchaus politisches Gespür dafür besitzt, zeigt sich jetzt. Nach Informationen von salto.bz hat der designierte neue Generalsekretär des Landtages vergangenen Montag seinen Rücktritt als Gemeindereferent in Deutschnofen eingereicht.
Damit nimmt er der Opposition einiges an Angriffsfläche.