Gesellschaft | Sanität

Ohnmächtiges Innichen

"Eine bessere Erste-Hilfe wird aus dem Innichner Krankenhaus werden", sagt ein konsternierter Bürgermeister Werner Tschurtschenthaler.

"Heute fühlen wir Innichner uns ohnmächtig," bringt Bürgermeister Werner Tschurtschenthaler die Gefühlslage im Hochpustertaler Ort auf den Punkt. Nach der Mahnwache vor dem Innichner Spital, an der rund 200 Personen teilnahmen und die besagen sollte, "Achtung, trefft keine Entscheidungen ohne uns!" ist die Stimmung unter Null. Landesrätin Martha Stocker war mit ihrer Sanitätsentourage vor Ort und legte auf den Tisch, was die Innichner seit langem wissen wollen: Wie geht es weiter, nachdem die Reformpläne für die Südtiroler Sanität zwar offiziell sind, aber dort keine Antwort gegeben wurde, was aus den Bezirkskrankenhäusern Sterzing, Schlanders und Innichen wird.

Die Details des Rückbaus am Innichner Krankenhaus

"Wenigstens das wissen wir jetzt mit Sicherheit," gibt sich der Innichner Bürgermeister Werner Tschurtschenthaler lakonisch-resigniert. "Zwar liegen immer noch keine Zahlen und Daten vor, doch hat uns die Landesrätin bestätigt, dass der Krankenhausbetrieb Innichen so ziemlich umfassend heruntergefahren wird und eine Tagesklinik daraus wird." Es werde höchstwahrscheinlich die medizinische Abteilung als 24-Stunden-Betrieb aufrecht bleiben, doch keine weiteren stationären Bereiche. "Es werden jene Bereiche geschlossen, wie die Prothetik, die den Klinikbetrieb bis zu 80 Prozent ausgemacht haben. Und natürlich kommt auch die Geburtenabteilung weg." Für Werner Tschurtschenthaler eine unverständliche Rechnung und gegen jedwede, auch von der Landesregierung immer wieder gepredigten Prinzipien der Regionalisierung, der Subsidiarität und Erhaltung der Arbeitsplätze in der Peripherie. 

Unverständliche Strategie

Die Details zum Abbau der Dienste im Krankenhaus Innichen wurden erst gestern, am Dienstag Abend bekannt. Doch, so die neue Innichner Gemeindereferentin und ehemalige Gleichstellungsrätin des Landes, Simone Wasserer, waren diese Details bereits einmal kurz vom Landespresseamt veröffentlicht worden. "In einer grafischen Übersicht zur Sanitätsreform, die letzte Woche online gestellt wurden, waren auch drei Folien zur Zukunft der Bezirkskrankenhäuser bzw. Grundversorgung mit abgebildet. Nur waren die nach einer halben Stunde nirgends mehr zu finden. Man hatte sie ganz einfach entfernt, um nur ja nicht die Öffentlichkeit zu beunruhigen," erzählt Wasserer die Episode. Für sie ein ganz klares Zeichen von Nicht-Transparenz bzw. Nichtvorhandensein einer Strategie, wie die maßgeblichen Politiker mit dem Thema umgehen. "Auch wollten wir endlich die Zahlen zu den Einschnitten bei den Bezirkskrankenhäusern und bei den größeren Spitälern ausgehändigt bekommen, eben deshalb haben sich die Bürgermeister von Schlanders, Sterzing und Innichen am Montag, 28. September, in Bozen mit der Landesrätin getroffen." Aber nichts, man sei vertröstet worden. "Wenn aber diese Informationen nicht vorhanden sind, wie kann man dann auf Augenhöhe miteinander reden?" fragt Simone Wasserer.

In Innichen ist der Wissensstand nun bekannt, in Sterzing und Schlanders wird dieser in den nächsten Tagen bekanntgegeben. Heute ist die Landesrätin Martha Stocker am Krankenhaus in Bozen, am Donnerstag wird sie im Spital von Schlanders erwartet und am 9. Oktober dann in Sterzing. "Kalte Dusche", meint Werner Tschurtschenthaler nur.

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pérvasion Mi., 01.10.2014 - 20:38

Ist zwar zugegebenermaßen nicht die feine englische Art... aber: Vielleicht denkt Herr Tschurtschenthaler, wenn er nächstes Mal mit dem Heer die Flagge vor einem totalitären Denkmal in seiner Gemeinde hisst, auch daran wohin das Geld fließt, das jetzt selbst im sozialen Bereich (und speziell im Innichner Krankenhaus) fehlt.

Mi., 01.10.2014 - 20:38 Permalink
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Christoph Moar Mi., 01.10.2014 - 22:44

Antwort auf von pérvasion

Ziemlich Geschmacklos. Das Eine hat mit dem Anderen nicht viel zu tun.

Du weisst bestimmt, dass in Italien die Ausgaben für Militär und Verteidigung bei 1,3% des BIP liegen. EU-Schnitt: 5,4%. In den letzten zehn Jahren wurden die Verteidigungsausgaben in Italien um über 26% gekürzt, weit mehr als in den wichtigsten anderen europäischen Staaten.

Für Sanität wurde dafür ca. 9.2% des BIP ausgegeben, was durchaus dem Durchschnitt von 9.3% der OSZE Staaten entspricht. Sicher, Deutschland gibt 11.3% aus - dafür verschwinden auf Deutschen Lohntüten auch gnadenlose 14% des Bruttogehalts an Krankenversicherung. (http://www.sanita.ilsole24ore.com/art/in-europa-e-dal-mondo/2014-06-30/…)

Nach den Bozner Relikten müssen wir die Historiker mal zu den absurden Beinhäusern schicken, dort tut ein Eingriff tatsächlich dringend Not. Revanchismus aber gegenüber Tschurtschenthaler und der Innicher Bevölkerung: ich weiss wirklich nicht.

Mi., 01.10.2014 - 22:44 Permalink
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pérvasion Do., 02.10.2014 - 02:29

Antwort auf von Christoph Moar

SO war das auch gar nicht gemeint. Vielmehr will ich sagen, dass Tschurtschenthaler diesem Staat (und sogar seiner totalitären Vergangenheit) huldigt, während er uns illegal (!) Milliarden wegnimmt und in unsere Autonomie hineinregiert. Würden der Bürgermeister und seine Weggefährten etwas mehr Energie dafür aufwenden, diesen Missstand zu beheben, wären wir wohl nicht so weit gekommen.

Do., 02.10.2014 - 02:29 Permalink