Chronik | Autonomie

Maronis innere Subsidiarität

Roberto Ernesto Maroni. Lega. Eigentlich bekannt, so haben ihn wohl die meisten für sich in eine Schublade eingeordnet. Aber was macht er denn jetzt?

Maroni, das Urgestein der Lega Nord, das unter Berlusconi etliche Ministerien leitete, steht in letzter Zeit im Schatten von Matteo Salvini. Ein ziemlich rechtsaußen, der trotzdem rechts überholt worden ist. Ein gelegentlicher Sezessionist bzw. opportuner Autonomist, der seiner mit Umberto Bossi kreierten Padania zu Ehren das „Nord“ in den Parteinamen seiner Lega gekleistert hat, wird überrollt von einem, der der Lega antieuropäische Schiene derart konsequent weiter führt, dass die ehemals verbal inszenierten Unterschiede zwischen der Padania und dem Mezzogiorno nun höheren Zielen untergeordnet werden.

Maroni, letztens auch etwas weniger laut als sein Venezianischer Counterpart Luca Zaia, ist wohl etwas unserer Aufmerksamkeit entrückt. Er ist aber nach wie vor Regionalpräsident der Lombardei. Nicht nur wegen der EUSALP und dem Stilfserjochpark wäre es ein Fehler, in vorzeitig abzuschreiben. Jedenfalls setzt er sich jüngst auf beachtenswerte Weise in Szene. Er möchte mehr Zuständigkeiten für seine lombardische Region, also mehr Autonomie seitens Rom, erkämpfen. Dabei ist es die Wahl der Mittel, die einen charmanten Ansatz hat: Bevor er Rom Subsidiarität abverlangt, will er erst innere Subsidiarität zelebrieren. Das klingt dann etwa so:

Il 30 dicembre porterò in giunta [Anm.: regionale] la legge sul riordino delle autonomie e visto che la provincia di Sondrio è una Provincia montana io voglio mettere lì il modello di Provincia a statuto speciale. Voglio dare alla provincia di Sondrio uno status, in termini di competenze e risorse, simile a quello che hanno le province autonome i Trento e Bolzano e i Grigioni che confinano con la Provincia di Sondrio. Partiamo da lì in modo poi da poter dire ai cittadini lombardi che la Lombardia a statuto speciale sarebbe come la Valtellina e la provincia di Sondrio.

Konkreter nennt es Maroni dann noch "Sarà una sorta di prototipo della nostra idea di Lombardia a Statuto speciale." Sondrios Autonomisten derweil komplex und sichtlich uninformiert vermeldeten tagsdrauf auf Facebook:

Domani, 30 dicembre, è il giorno della verità per la mirabolante promessa di Maroni di darci lo stesso grado di autonomia di Trento, Aosta e Bolzano. Questa promessa è purtroppo fittizia: di che parliamo, visto che è una decisione che spetta allo stato e con leggi costituzionali, non certo alla regione?

Und tatsächlich hat die Regionalregierung am 30. Dezember das Ding durchgezogen. Mit großzügiger Interpretation Delrios Reformen wurden der Provinz Sondrio Zuständigkeiten zugestanden. (Details noch zu recherchieren) Maroni selbstzufrieden:

Vogliamo riconoscere la specificità montana alla Provincia di Sondrio, dandole autonomia. Garantiamo un aumento progressivo della disponibilità finanziaria, perché vogliamo creare una sorta di provincia autonoma, un modello di come sarebbe la Regione Lombardia se fosse a Statuto speciale.

Die Autonomisten aus Sondrio können äußerst skeptisch ihr Glück nicht glauben und verfassen ein Pressemitteilung:

Per prima cosa dobbiamo capire molto bene che cosa conterrà nel concreto la legge regionale, sia nelle deleghe concrete che nel concetto di compartecipazione alle risorse. Inoltre andrà attentamente vigilata la variabile ‘tempi’: se il progetto dovesse iniziare alle calende greche, o anche solo successivamente al referendum per lo statuto speciale che Regione Lombardia intende indire, ci sarebbe più di un dubbio che possa trattarsi di una mossa propagandistica.

Wie gesagt, haben die meisten den Maroni schon lange in eine Schublade eingeordnet. Vielleicht zynisch, aber trotzdem den Versuch wert, locken pflichtgemäß die Belluneser ihren Lega-Regionalpräsidenten aus der Reserve„La Regione Veneto faccia ciò che ha fatto la Lombardia per Sondrio“.  Maroni hat gegenüber Zaia und Salvini gepunktet. Bingo.

Alles in allem ein trauriges Spiel. Die Hoffnung stirbt bekanntlich viel später als der Glaube in die politische Vertretung. So schön zusammengefasst im folgenden FB-Blog neulich:

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Benno Kusstatscher Di., 06.01.2015 - 17:24

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Es geht um mehr als 'colpa degli altri'. Sondrio und Belluno werden von den Regionen als Spielball und als Trumpf im Ärmel fúr eigene Interessen missbraucht. Wie es ein Kommentator auf fb formulierte: wer immer nur über die Ebene aufs Meer hinausschaut, wird für die Herausforderungen der Berge nie Verständnis finden.

Di., 06.01.2015 - 17:24 Permalink
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Benno Kusstatscher Di., 06.01.2015 - 18:07

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Es lehrt uns, dass die Regionalpolitiker in erster Linie Hauptstädter der Ebene sind - mit leicht imperialistischen Blick fürs alpine Hinterland, wo magari das Wochenendhäusl steht. Es geht also nicht darum, was das für Politiker sind (gute und schlechte gibt es da wie anderswo), sondern darum, dass deren ureigenste Interessen ihren Metropolitane und Umgebung gelten und die Politik in diesem Sinne betrieben wird.

Di., 06.01.2015 - 18:07 Permalink