Politik | Autonomie

Verstehen Sie Englisch, Herr Gstrein?

In der Polemik um den vermeintlichen Autonomie-Angriff von Francesco Palermo fällt das Licht auf den Verfassser des Artikels. Und der ist durchaus eine Betrachtung wert.

Man kann mittlerweile getrost von einer Causa sprechen. Denn der Dolomiten-Aufmacher vom vergangenen Samstag über Francesco Palermos angebliche Aussagen zur Überflüssigkeit einer Regionalautonomie schlägt hohe Wellen. Während der Senator am Wochenende erklärte, völlig falsch und aus dem Zusammenhang gerissen zitiert worden zu sein,  springen Kritikerinnen des aktuellen Autonomiekurses wie Eva Klotz und Ulli Mair dankbar auf die Polemik auf. „Palermo sagt so unmissverständlich, was auf Südtirol zukommt, dass kein Südtiroler mehr  behaupten kann, nicht rechtzeitig in Kenntnis gesetzt worden zu sein“, meldet sich die Grande Dame der Südtiroler Freiheit persönlich aus der Polit-Pension.  Die Freiheitliche Abgeordnete Mair würde angesichts von Palermos Aussagen gleich den Autonomiekonvent absagen – schließlich sei der Senator und Minderheitenexperte dessen Vater. „Angesichts dieser Rhetorik und Dynamik ist es unverständlich, dass die SVP nicht längst den Weg Richtung Eigenstaatlichkeit einschlägt“, springt man auch auf dem Blog Brennerbasisdemokratie  auf den Aufreger auf.

Doch das Thema holt nicht nur Selbstbestimmungs-Verfechter und Kritiker des Paktes SVP-PD hinter dem Ofen hervor. „Das einzige große Problem ist, wie die Medienlandschaft in diesem Land seit einiger Zeit funktioniert“, meinte Palermo selbst im salto-Interview und erhält dafür Zuspruch von vielen Seiten. Schließlich ist es nicht die erste Diskussion, die sich um die Autonomieberichterstattung der Dolomiten entzündet. „Die Athesia-Glocke läutet nur auf einer Seite“, kritisierte SVP-Senator Karl Zeller erst kürzlich auf salto.bz. "Das 'Erfinden' von Nachrichten ist jetzt schon in Südtirol angekommen", wird die aktuelle Diskussion auf der Facebook-Seite Medienblog Südtirol kommentiert. 

Experte mit Minarett-Abneigung

Umso interessanter ist es, die Herkunft des aktuellen Aufregers ein wenig näher zu beleuchten. Denn Berichterstatter von der OSZE-Konferenz war weder eine oder einer der bekannten Dolomiten-RedakteurInnen noch ein Meinungsmacher wie „krah“. Gezeichnet ist der aufsehenerregende Artikel vielmehr von Heinz Gstrein. „Ausgewiesener Nahost, -Minderheiten- und Balkanexperte sowie Autor einer Reihe von Büchern“, lautet die Beschreibung, den das Tagblatt von seinem gelegentlichen freien Mitarbeiter gibt. Eine kurze Recherche im Netz bringt jedoch noch andere interessante Details zur Vita des  Dolomiten-Mitarbeiters ans Licht. Der macht immer wieder als scharfer Islam-Kritiker von sich reden. Breite Bekanntheit erhielt Gstrein vor allem im Vorfeld der Schweizer Anti-Minarett-Initiative im Jahr 2009. Damals trat der deklarierte Befürworter eines Minarett-Verbots im Schweizer Fernsehen in zahlreichen Talkrunden als »Experte« auf – und sorgte vor allem mit seinem Vergleich von Minaretten mit Hakenkreuzen für erhebliche Irritation.

„Der Dialog wird nicht schwieriger, sondern nur ehrlicher. Denn das Minarett ist ein Zeichen in erster Linie für die Ungerechtigkeiten, die im Islam geschehen. Genau so wie die Hakenkreuze für die KZ und Hammer und Sichel für den Gulag stehen.“

Aussagen, die Gstreins Ruf lädierten. Die Vorwürfe einiger Schweizer Zeitungen, Gstrein gäbe sich nur als Experte aus, wurden zwar anschließend zurückgezogen. „Was weh tut, ist, dass mir die ‚Neue Zürcher Zeitung’ das Schreiben verbietet. Auch die katholische Nachrichtenagentur „Kipa“ lässt mich nicht zu Wort kommen“, erklärte Gstrein selbst jedoch im Anschluss.

In den Dolomiten darf der Experte dagegen nicht nur schreiben, sondern kommt auch in der Montag-Ausgabe selbst zu Wort. Heinz Gstrein entkräftet dabei nicht nur Francesco Palermos Vermutung, dass der Autor des Artikels des Englischen nicht ausreichend mächtig sein könnte: Er beherrsche die englische Sprache von unzähligen Konferenzen, Publikationen und eigenen Wortmeldungen her sehr wohl. „Das einzige, was an Palermos Richtigstellung richtig ist - dass Südtirol nicht namentlich genannt wurde“, erklärt Gstrein gegenüber den Dolomiten. „Es verstand aber jeder, dass nur die Südtiroler Autonomie gemeint sein konnte.“

Es steht also Wort gegen Wort, im jüngsten Kapitel des Kampfes um die Ausrichtung der Autonomie. Oder wie es der ehemalige Dolomiten-Redakteur und und Gemeinderat-Kandidat in Natz-Schabs Hartmut Staffler noch weit schöner auf dem Blog Brennerbasisdemokratie ausdrückt:

„Entweder die Dolomiten sind ein Schundblatt, das Aussagen nicht nur manipuliert, sondern sogar vollkommen frei erfindet, um Menschen schlecht zu machen, oder aber Palermo ist ein Heuchler, der in Südtirol den Autonomisten spielt und auf internationaler Ebene dagegen redet. Das sind die beiden Alternativen. Tertium non datur.“