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Philhellenismus

1820 entstanden in Europa griechenlandbegeisterte Organisationen als Gegenbewegung zur Restauration und den osmanischen Eroberungszügen. Was ist davon übriggeblieben?

Im Theocharakis-Museum in Athen läuft bis zum 3. Mai eine Ausstellung über den Philhellenismus in der Kunst. Zu sehen sind Bilder und Kunstobjekte, die von nordeuropäischen Griechenlandfreunden (Philhellenen) im 19. Jahrhundert geschaffen wurden, um die Verbundenheit mit der griechischen Zivilisation und mit dem Kampf der Griechen gegen die Osmanen auszudrücken. Die Bilder und Objekte haben mich persönlich nicht gerade umgeworfen - sehr melodramatische Motive  und farbig traditionelle Darstellungen - wohl aber finde ich die Idee großartig, in diesen für Hellas so schwierigen Zeiten eine solche Ausstellung zu organisieren.

Sie führt uns zurück ins Jahr 1821, als in Bern die erste philhellenische Organisation gegründet wurde. In Deutschland war München das Zentrum des Philhellenismus, von dem auch der bayerische König LUDWIG I befallen war. Er war ein regelrechter Sponsor der Bewegung und bestand darauf,  das i im Wort Baiern durch das griechische Ypsilon zu ersetzen. Dass wird heute Bayern schreiben, geht auf den griechenlandbegeisterten König zurück, der seinen Ruhmestempel "Walhalla" nach dem Vorbild des Parthenon in Athen bauen ließ.

Der Philhellenismus ging soweit, dass sich viele Anhänger dem griechischen Kampf gegen die Osmanen anschlossen. Lord Byron ließ in einer Schlacht  gegen die Türken sein Leben. In Athen hat Byron als männlicher Vorname bis heute überlebt:  zum Gedenken an den todesmutigen englischen Poeten. 

Der bayerische Philologe Friedrich Wilhelm von Thiersch warb sogar für die Zusammenstellung einer Deutschen Legion zur Bekämpfung der Osmanen, um die Zerstörung der griechischen Zivilisation aufzuhalten. Die Liste der europäischen Philhellenen ist lang: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Friedrich Hölderlin, Wilhelm von Humboldt, Johann Jakob Mayer und Albert Schott sind die bekanntesten deutschen Vertreter. Dazu kommen die Europäer: Victor Hugo, Percy B. Shelley, Louis Dupre, Alfred de Musset und Alexander Puschkin, um nur einige zu nennen.   

Für viele Künstler und Intellektuelle war der Philhellenismus auch ein Vorwand, um die von Metternich eingeleitete Restauration in Europa zu bekämpfen.  Immerhin war unbestritten, dass in Griechenland die Demokratie entstanden war,  auf die Europa jahrhundertelang hinarbeiten musste.  Sich zu den Bewahrern der großen, griechischen Tradition zu zählen,  bedeutete auch, sich gegen die  reaktionäre Politik des Wiener Kongresses aufzulehnen.

Heute hat vor allem die europäische Linke dieses philhellenische Erbe übernommen. Die Unterstützung der Syriza Bewegung unter dem derzeitigen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras kann als eine Abwandlung dieser historischen Strömung gelten, der die antike Athener Demokratie als erstrebenswertes politisches Ziel galt.  Nach dem Motto: die Herrschaft des Volkes gegen die Herrschaft der Finanzimperien und der multinationalen Konzerne.

Doch gibt es heute auch "unpolitischere" Philhellenen, denen das Schicksal Griechenlands aus humanitären Gründen am Herzen liegt. Ich darf in diesem Zusammenhang Peter Grünfelder zitieren, den Mitbegründer von salto.bz. Er geht davon aus, dass Griechenland derzeit weniger Worte als Taten braucht, um die wirtschaftliche Misere zu beenden. Und weil der Tourismus nach wie vor die tragende Säule der griechischen Wirtschaft ist, hat er die Initiative  !!!!SUMMER IN GREECE!! gestartet.

Grünfelder zielt darauf ab, europaweit so viele Urlauber wie möglich für einen Griechenland-Urlaub zu gewinnen.  Wichtig dabei wäre allerdings, nicht die großen multinationalen Hotelketten zu buchen, sondern möglichst kleinere, griechische Tourismusbetreiber, damit das Geld im Lande bleibt. 

Peter Grünfelder kann über www.endo7.com kontaktiert werden.  

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klemens hacht Do., 05.03.2015 - 22:51

gegenfrage: steht die rechte oder was davon in populistischer spielart übriggeblieben und die sie offensichtlich repräsentieren für freiheit? wenn es um antidiskrimierungsgesetze, besserstellung der frauen, akzeptanz sexueller orientierung, religionsfreiheit, individuelle entfaltung kultureller identität, alternativkulturen, sprich wenn es um die persönlichsten und wichtigsten säulen der freiheit, wieso machen sie da immer die schlechteste figur unter den politischen strömungen? im klartext: ich glaube nicht, dass sie sich der tragweite des wortes "freiheit" bewusst sind, vorallem wenn ihnen dazu nur die floskel der "herrschaft des volkes" einfällt.

Do., 05.03.2015 - 22:51 Permalink
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Roland Kofler Do., 05.03.2015 - 23:13

Sehr richtig. Aber die Marke "Mythos" (wow, griechisch) ist stärker. Was im 'Westen' sich als hellenistische Kultur sich entwickelt hat, darf einem Multiplikatoreffekt in der Semiotik zugeschrieben werden. Ich weiss zwar nicht wovon ich rede wen ich "Semiotik" sage, aber das Prinzip ist einfach: aus dem "Demos" Griechenlands hat sich in der Emanzipation der einfachen Leute der letzten 500 Jahre eine Reintrepretation Griechenlands gebildet, Man glaubt heute das Griechenland der Ursprung des heutigen Europas ist.
Man kann puristische Geschichtswissenschaft betreiben. Aber man kann auch eine 500 Jaehrige Marke aufbauen. Ich schlage vor: Demokratie braucht eine tolle Marke, genauikeit ist erlaubt, aber nicht verpflichtend. (Demos 2.0)

Do., 05.03.2015 - 23:13 Permalink
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Stephan H. Fr., 06.03.2015 - 09:22

Das was die sog. Rechten (Schubladen sind dumm, das dient nur der Elite, divide et impera) propagieren, nämlich Eigenverantwortung im Sinne von Massenprivatisierung, führt global gesehen genau zu dem Phänomen, das sie am meisten kritisieren: die Masseneinwanderung! Mal abgesehen davon, dass die Linken (außer "die Linke" in der BRD) in den deutschsprachigen Ländern einschl. Südtirol gegen ihre eigenen Prinzipien (Selbstbestimmungsrecht der Völker) arbeiten, ist die Linke global gesehen sicher die normale politische Heimat eines jeden halbwegs normalen Menschen. Mit "normal" meine ich die 95% weltweit, die nicht zu den elitären Superreichen gehören und normale Angestellte, Arbeiter, Mütter/Väter sind. Das liberale us-amerikanische System (namentlich bes. die Staaten USA, GB und Israel) führt zu der neuen Völkerwandrung, die wir jetzt haben. Wenn das die Rechten in Europa und Südtirol durch ihren Privatisierungswahn noch propagieren und sich dann darüber aufregen, dass Leute zu uns kommen, die in ihrer Heimat keine Grundlage mehr haben, so ist das etwas schizophren. Man darf nicht vergessen, dass Südtirol in der Vergangenheit mehrheitlich von linken Kräften (die ja normal für die SB sind) unterstützt wurde. Hingegen hat das us-amerikanische System samt Geheimdienste (GLADIO, also die sog. Rechten!) unserem Land nur geschadet und man wird von dieser pol. Seite aus auch weiterhin gegen die pol. SB der Südtiroler arbeiten bzw. sie nicht zulassen. Deshalb frag ich mich immer wieder, warum wir in Südtirol immer das Gegenteil machen müssen. Man braucht nur nach Schottland und Katalonien zu schauen, wie normale pol. Verhältnisse ausschauem, nämlich dass links Pro-SB ist und rechts dagegen.

Fr., 06.03.2015 - 09:22 Permalink
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Stephan H. Sa., 07.03.2015 - 10:03

Was Südtirol und die "Linke" betrifft lass ich Ihnen recht, das hab ich auch anfangs geschrieben. Und natürlich hat die Linke seit dem kalten Krieg massiv an Boden verloren, und das weltweit. Das natürlich deshalb, weil die USA in all ihren Verbündetenstaaten ihr eigenes System (eben jener sog. Neoliberalismus mit Massenprivatisierung, auch die sog. Linken in Europa spielen da mit) installiert haben, u.a. mit Regenbogenrevolutionen oder faschistischen Machtergreifungen wie bei Pinochet. Das ist aber ein sehr weitläufiges Thema das bis heute in den Ukrainekonflikt greift, wo die USA auch wieder mithilfe der EU ihr System installieren wollen.
Bei uns in Südtirol hat ja schon die SVP damals Dietl (wollte ja eine linke Pro-Selbstbestimmungspartei etablieren) und andere die eine linke Partei gründen wollten verhindert. Ich gehöre wohl zu einer Minderheit in Südtirol, nämlich links und pro-Selbstbestimmung. Eine schlimmere Kategorie gibt es wohl bei uns nicht :-), da beide Einstellungen komischerweeise im heiligen Land Tirol verachtet werden. Es braucht bei uns mehr Weltoffenheit (in Kürze startet der Mensch zur Kolonisation ins Weltall, deshalb sollten wir die Relationen manchmal sehen), aber auch mehr Offenheit für den Wunsch nach SB und Unabhängigkeit, so wie in Schottland und anderswo. Das ist meine Sicht der Dinge.

Sa., 07.03.2015 - 10:03 Permalink