Politik | SEL-Etschwerke

"Wir wollen noch einmal abstimmen"

Muss die Fusion von SEL und Etschwerken noch einmal durch die Gemeinderäte von Bozen und Meran? Ohne Zweifel, sagt Merans ehemaliger Vize-Bürgermeister Balzarini.

Nach den Auflagen der Wettbewerbsbehörde für die Fusion von SEL und Etschwerken stellt sich die Frage, ob die Operation noch einmal von den beiden Gemeinderäten abgesegnet werden muss. Wie sieht das Merans ehemaliger Vize-Bürgermeister?
Giorgio Balzarini: Für mich ist eine neuerliche Befassung der Gemeinderäte nicht nur opportun, sondern eine Pflicht. Schließlich hat nicht nur die Authority die Bedingungen des Zusammenschlusses geändert. Es gibt auch eine Reihe weiterer, nicht unwichtiger Fragen, die sich seit der ersten Abstimmung geändert haben. Zum Beispiel, was den Streitfall der SEL mit der Steuerbehörde betrifft. Damals hat man von etwas mehr als vier Millionen Euro und einer bevorstehenden Einigung gesprochen. In der Zwischenzeit ist von ganz anderen Zahlen die Rede.

Sie haben darüber hinaus eine Anfrage zur neuen Gesellschaft ST Fibernet gestellt, also der geplanten Tochter der fusionierten Energiegesellschaft, die den Ausbau des Glasfasernetzes übernehmen soll. Warum?
Ersten, weil es diesbezüglich keine offizielle Information des Gemeinderats gegeben hat. Und zweites, weil uns das, was wir über unsere Verwaltungsräte erfahren haben, überhaupt nicht gefällt. Ich finde es zwar wunderbar, dass die Provinz das ganze Land an das Glasfaserkabelnetz anbinden will. Doch die Kosten dafür können nicht der neuen Energiegesellschaft aufgebürdet werden, dafür muss schon das Land aufkommen. Ein solcher Business Plan ist also keineswegs vorteilhaft für die neue Gesellschaft, weil er mehr Kosten als Nutzen bringt.

Sie haben im vergangenen Jahr wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Bedingungen bei der Fusion für die beiden Eigentümergemeinden der Etschwerke verbessert haben. Sehen Sie die Operation nun auf der Oppositionsbank wieder skeptischer?
Nein, ich bin nicht skeptisch, aber wir wollen Klarheit haben. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob die Abtretung von Gaskunden vorteilhaft für die Gemeinde ist oder nicht. Solche Frage müssen neu bewertet werden.

Bozens Vize-Bürgermeister Klaus Ladinser hat am Montag wenig überraschend angekündigt, eine solche Abstimmung vermeiden zu wollen. Paul Rösch ist bislang nicht für ein Statement erreichbar. Teilen Sie die Einschätzung, dass man mittlerweile weder in Bozen noch in Meran  eine Mehrheit für die Fusion zusammen bekommen würde?
In Bozen könnte es tatsächlich kritisch werden. Auch in Meran muss man erst einmal sehen, wie die Frage vom neuen Gemeinderat gesehen wird. Vor allem ist aber ausschlaggebend, was hier die Grünen machen – und wie ernst unser Bürgermeister die Sache nimmt. Ich habe Paul Rösch bereits in der Vergangenheit angeboten, ihm in dieser Sache fachlich zur Seite zu stehen und zum Wohle der Gemeinde über alle Schritte der Vergangenheit zu informieren. Doch er hat es bislang vorgezogen, die heikle Sache nicht anzugehen. Ich gehe deshalb davon aus, dass er um jeden Preis vermeiden wird, dass die Fusion noch einmal in den Gemeinderat kommt.

Warum?
In dem Fall riskiert er, die Grünen zu spalten bzw. selbst in die Zwickmühle zu kommen. Die Grünen standen der Fusion schließlich immer äußerst kritisch gegenüber. Die Gemeinde hat sie dagegen immer vorangetrieben.

Luigi Spagnolli und Klaus Ladinser haben nach ihrem Benko-Debakel mindestens ebenso gute Gründe wie Rösch die Abstimmung abzulehnen. Wird Ihnen das gelingen?
Wir werden in Meran in jedem Fall alles daran setzen, noch einmal über die Fusion abzustimmen. Wenn dies nicht anderes zu erreichen ist, werden wir einen außerordentlichen Gemeinderat einberufen. Die nötigen Stimmen dafür haben wir bereits.

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Rita Barbieri Fr., 07.08.2015 - 16:42

Für den einfachen Bürger ist diese Fusion eine undurchsichtige Sache, weil die Öffentlichkeit viel zu wenig darüber informiert wird. Wer profitiert denn von den beiden Gesellschaften eigentlich? Die Etschwerke wohl kaum, oder? Die beiden Gemeinden Bozen und Meran sind zu 50 % Anteilseigner an den Etschwerken und hier soll der Gemeinderat über eine so wichtige Geschäftsoperation nicht abstimmen dürfen?

Fr., 07.08.2015 - 16:42 Permalink