Politik | Regiogeld - Veranstaltung

Damit das Geld in der Region bleibt

Mit Einführung des Euro und Deregulierung der Finanzmärkte scheinen wir den globalen Märkten unter dem Diktat der Konzerne und Finanzinstitutionen ausgeliefert zu sein.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Mit einer regionalen Parallelwährung könnten Verbraucher, Unternehmer und Sparer vor Ort ein Stück Regulierung und Kontrolle über die Wirtschaft zurückgewinnen. Ein "Zweitgeld" könnte zum Werkzeug im Dienst der regionalen Wirtschaft werden. Ist das Regiogeld ein Patentrezept gegen ein Übermaß an Globalisierung?

Regionalgeld oder auch Regionale Parallelwährung (Regionalwährung) ist eine Komplementärwährung, die ausschließlich in einem kleinen Gebiet als Zahlungsmittel verwendet wird. Ziel des Regiogeldes ist die Bindung der Kaufkraft der Bevölkerung der Region an die regionalen Anbieter und damit die Stärkung des regionalen Wirtschaftskreislaufs. Man erhofft sich durch ein Regiogeld mehr lokale Kontrolle über das Geldsystem und einen direkteren Kontakt zwischen Herstellern und Endverkäufern. Gleichzeitig soll Regiogeld auch von finanzpolitischen Sachzwängen unabhängiger machen und die demokratische Selbstbestimmung der Regeln der regionalen Wirtschaft verstärken. Die Menschen sollen mit diesen nur regional gültigen, eigentlich privaten Geldscheinen ein Stück weit sozialer, fairer, ökologischer konsumieren, im Sinne eines regional selbstbestimmten Wirtschaftens.

Einfaches Prinzip bei den meisten Regiogeldern: Euro werden eins zu eins gegen Regiogeld getauscht. Diese Gutscheine können nur in der Region ausgegeben werden, und zwar in jenen Geschäften und Lokalen, die den Gutschein annehmen. Der Erfolg eines  Regiogelds hängt von seiner Verbreitung, also der Anbieterdichte ab: vom Supermarkt zum kleinen Laden an der Ecke, von der Apotheke zum Ortsgasthaus, vom Steuerberater zur Baristin. Es sollt ein Netzwerk von Unternehmern und Verbraucherinnen wachsen, womit auch der regionale Wirtschaftskreislauf und Arbeitsplätze vor Ort gesichert werden. Nebenbei fördern Regiogeldsysteme mit einem kleinen Einbehalt auf den Gesamtumsatz auch direkt umweltorientierte, soziale oder kulturelle Projekte.

Seit dem ersten neueren Regiogeld, dem 2001 entstandenen Bremer Roland, haben sich in Deutschland 30 Initiativen gebildet, die ihr eigenes regionales Geld herausbringen. Das bekannteste und zur Zeit erfolgreichste Beispiel ist der Chiemgauer, rund um den Chiemsee in Bayern. Über 600 Geschäfte akzeptieren die Chiemgauer-Geldscheine, die man 1:1 mit Euro erwerben kann. Die Geschäftsleute tauschen den Chiemgauer mit einer Rücktauschgebühr von 5% Abzug in Euro zurück. Der Erlös daraus fließt in die Verwaltungskosten und in gemeinnützige Projekte. Typisch fürs Regiogeld ist auch der Umlaufimpuls, damit die Scheine nicht ins Sparschwein wandern, sondern in den lokalen Konsum fließen. So muss der Chiemgauer alle drei Monate durch Aufkleben einer Verlängerungsmarke von 2% des Nennwerts „erneuert“ werden. Der Chiemgauer ist die erfolgreichste aller deutschen Regionalwährungen mit 2,2 Mio Euro Umsatz (2007).

Der Regiogeld-Verband mit Sitz in Magdeburg verzeichnet derzeit an die 30 aktive Regionalwährungen in Deutschland, die in einer Karte fortlaufend aktualisiert werden. Weitere Beispiele sind der Bristol Pound in Großbritannien, der Sardex in Sardinien und der Banco Palmas in Brasilien. Weitere in der Liste der Regionalgelder.

In Südtirol gibt es einen Anlauf zur Einführung eines Regiogeldes im Obervinschgau, und zwar in Verbindung mit der Initiative für eine Gemeinwohlregion Vinschgau getragen von den Gemeinden Mals, Laas, Latsch und Schlanders, aufgrund eines Beschlusses von 2013. Was aus diesem Vorhaben geworden ist, welches Potenzial in einem Regiogeld steckt, wie Regiogeld das Gemeinwohl befördert, erläutert am Mittwoch, 9. Dezember 2015, 20 Uhr (Alte Turnhalle Bruneck), der Schludernser Bildungswissenschaftler Armin Bernhard, einer der Initiatoren und wissenschaftlichen Begleiter des Projekts. Als zweite Referentin spricht Prof.in Susanne Elsen (Freie Universität Bozen) über „Gemeinwesen, Gemeingüter und die ökosoziale Wende“. Mit diesem Abend schließt POLITiS und die Plattform Pro Pustertal ihre 8-teilige Veranstaltungsreihe „Südtirol in der globalisierten Wirtschaft. Neue Regeln und regionale Alternativen“ in Bruneck ab. Die Veranstaltung ist frei für alle zugänglich.