Wirtschaft | Banken

„Renzi will Raffeisenkassen an den Kragen“

47 Raiffeisenbanken samt Filialen werden durch die Renzi-Reform in ihrer Existenz gefährdet, warnt Andreas Pöder. Und der Raiffeisen-Obmann widerspricht ihm nicht gerade.

Der ehemalige Radioredakteur Andreas Pöder ist flink bei der Feder und versorgt Redaktionen wie die Homepage seiner Bürgerunion mit einer wahren Flut an Mitteilungen. Besonders engagiert zeigt sich der Bürgerunions-Abgeordnete dabei letzthin in Sachen Südtiroler Bankensektor. Nach der Forderung einer Einbeziehung des Landtags in die Rettung der Südtiroler Sparkasse wirft Pöder nun auch Fragen zu Südtirols Raiffeisenkassen auf. Zum Beispiel: Warum hat der Raiffeisenverband die örtlichen Raikas so lange im Unklaren gelassen, was die Reform des Genossenschaftswesens der Regierung Renzi für sie bedeutet?

Immerhin könnten in Rom bereits in der kommenden Woche weitere Weichen für die Reform der Genossenschaftsbanken gestellt werden, die einen seit jeher hoch gehaltenen Grundsatz im Raiffeisensektor in Frage stellen könnten: die Autonomie der einzelnen Kassen. Denn die Regierung Renzi plant die damit verbundene gegenseitige Haftung neu zu regeln; gleichzeitig werden Lösungen gesucht, um den kleinen Raikas die Erfüllung der Eigenkapitalanforderungen auf europäischer Ebene zu ermöglichen. Als wahrscheinlichste Lösung zeichnet sich derzeit die Anbindung an eine gemeinsame Aktiengesellschaft ab. Die Konsequenzen in Sachen Entscheidungsbefugnis wären allerdings drastisch, macht auch Raiffeisen-Obmann Heiner Nicolussi-Leck in einem Interview mit der Tageszeitung Dolomiten klar: Setzte sich diese Lösung durch, würden nicht nur die 47 Südtiroler, sondern sämtliche 379 italienischen Raiffeisenkassen mehr oder weniger Filialen einer zentralen Raiffeisenkasse, bei der ein Großteil der Entscheidungsmacht liegt. Wie groß die Wahrscheinlichkeit für diese tiefgreifende Veränderung des bisherigen Systems ist, kann der Obmann des Südtiroler Raiffeisenverbandes nicht sagen. „Wenn ich das wüsste, würde ich momentan besser schlafen“, sagt er.

„Auf Nachfragen wurde abgewiegelt, keine konkreten Auskünfte erteilt. Viele müssen die Gefahr aus der Zeitung erfahren.“

Für Andreas Pöder bestätigten solche Aussagen klar die Befürchtung, dass die Regierung Renzi nach der Umwandlung der größeren Volksbanken in Aktiengesellschaften nun auch die Raiffeisenkassen unter Beschuss nimmt. Er kritisiert aber nicht nur den Regierungschef als "Vertreter der Großbankentums", der nun das kleinstrukturierte Raiffeisenbankwesen in Südtirol in Frage stellen würde. Auch der Raiffeisenverband und die Raiffeisenlandesbank Raiffeisensektor hätten bislang nicht angemessen auf die Gefahr aus Rom reagiert, behauptet Pöder: „Auf Nachfragen wurde abgewiegelt, keine konkreten Auskünfte erteilt. Viele müssen die Gefahr aus der Zeitung erfahren.“

Ulli Mair: "Zeigt Zähne!" 

Ihre Karten auf den Tisch legen soll nun auch die Landesregierung: In einer Anfrage will Pöder wissen, was sie zur Rettung des kleinstrukturierten örtlichen Bankenwesens in Südtirol tut. In eine ähnliche Kerbe schlagen auch die Freiheitlichen: Abgeordnete Ulli Mair forderte am Donnerstag Vormittag endlich politische Schritte der Landesregierung. Kompatscher könne in Rom nicht mehr so tun, als sei "alles fröhlich in Südtirol, den die Pläne der Regierung zu den Genossenschaftsbanken sind ein Generalangriff auf Südtirol", schreibt sie. Und würden sich nur in eine Reihe ähnlicher Vorstöße aller italienischen Regierungen der letzten Jahre einreihen, die "im Dienst der internationalen Hochfinanz, wie etwa Goldman Sachs stehen". Die Freiheitliche sieht eine stärkere Verstrickung der Südtiroler Banken mit Italien auch als Bremse für mehr politsche Eigenständigkeit: Dann sei Südtirol "erst recht auf Gedeih und Verderb an Italien und an internationale Spekulanten gekettet mit den Spareinlagen und dem Kapital der Südtirolerinnen und Südtiroler“, so Mair. Sie fordert von Landeshauptmann Kompatscher und Parteiobmann Achammer "Zähne zu zeigen" und einen konkreten Zeitplan zur Übernahme von Kompetenzen von Italien vorzulegen. "Südtirol will eigenständiger werden, wir wollen regionale und lokale Kreisläufe, wir wollen mehr Unabhängigkeit und die Einzigartigkeit und Vielfältigkeit unseres Landes bewahren. Und das ist - wenn wir uns ehrlich sind - mit diesem Staat und mit solchen Regierungen nicht möglich."