Politik | Landtag

Mozart gegen Kriminelle

Ein Blick auf die Tagesordnung des Südtiroler Landtages macht deutlich, mit welch immens wichtigen Themen sich das Südtiroler Parlament mitunter beschäftigt.

Kommende Woche trifft sich der Südtiroler Landtag zu seiner ersten Sitzungswoche im Jahr 2016. Vom 12. bis zum 15. Jänner wird das Landesparlament seine Arbeiten fortführen. Ein Blick auf die Tagesordnung macht dabei deutlich mit welchen Themen sich die Landtagsabgeordneten mitunter beschäftigen müssen.
293 Punkte umfasst die offizielle Tagesordnung. Ja, Sie haben richtig gelesen. 293 Tagesordnungspunkte. Der Grund dafür ist einfach. Neben den aktuellen Anfragen, Gesetzesinitiativen und institutionellen Punkten werden wöchentlich verschiedene Beschluss- oder Begehrensanträge eingereicht. Weil die Zeit aber kaum reicht, um die aktuellen Arbeiten im Landtag über die Bühne zu bringen, wird die Warteschlange zur Behandlung dieser Beschlussanträge immer länger.
Über 280 Beschlussanträge der Opposition stehen so unbehandelt auf der Tagesordnung. Manche Anträge stammen noch aus dem Jahr 2014.

Großes I und Genderideologie

Unter diesen Beschlussanträgen finden sich dabei Themen, die für den Fortbestand der Südtiroler Bevölkerung von immenser Bedeutung sind.
So zum Beispiel der Beschlussantrag Nr. 186/14, eingebracht von den freiheitlichen Landtagsabgeordneten Pius Leitner, Walter Blaas, Ulli Mair, Tamara Oberhofer und Sigmar Stocker. Unter dem dramatischen Titel „Rückkehr zur sprachlichen Normalität“ heißt es:

„Rund 800 Uni-Professoren, Lehrer, Journalisten und andere Sprachkritiker haben sich in einem Offenen Brief an die österreichische Bildungs- und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und an den Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Dr. Reinhold Mitterlehner gegen die sprachliche Gleichbehandlung und für eine "Rückkehr zur sprachlichen Normalität" ausgesprochen.“

Die Unterzeichner des offenen Briefes und die Einbringer des Beschlussantrages fordern in diesem Sinne:

„Folgende aus den angeführten irrigen Grundannahmen entstandenen Verunstaltungen des Schriftbildes sind daher wieder aus dem Schreibgebrauch zu eliminieren: ​

  • Binnen-I, z. B. KollegInnen
  • Schrägstrich im Wortinneren, z. B. Kolleg/innen
  • Klammern, z. B. Kolleg(inn)en
  • hochgestelltes "a" bzw. "in" im Anschluss an bestimmte Abkürzungen, z. B. Mag.a, Diin.“    

Den Südtiroler Identitätsverlust treibt aber nicht nur das Binnen-I an, sondern noch gefährlicher scheint der neue Gender-Wahn. Andreas Pöder meint im Beschlussantrag 253/14 mit dem Titel „Schutz von Kindern und Jugendlichen vor identitätsverändernder Gender-Ideologie“:

„Seit einigen Jahren befindet sich die sogenannte Gender-Ideologie vor allem in Europa auf dem Vormarsch. Ein breiter öffentlicher Diskurs hat dazu nicht stattgefunden. Fragt man Leute auf der Straße, was Gender bedeutet, so können wohl 90 % darauf keine Antwort geben.
So hat die GenderIdee inzwischen klammheimlich auch in Südtirols Schulen und Kindergärten Einzug gehalten. In der Gender-Ideologie in ihrer extremen Ausformung geht es nicht um die Gleichberechtigung der Geschlechter, sondern um eine völlige Nivellierung und Gleichmacherei, die Verneinung der Identität von Buben und Mädchen oder von Frau und Mann. ...(...)...
Leider hat diese Ideologie inzwischen auch in die Gesetzgebung des Landes Einzug gehalten: Gender-Kritiker werten diese Ideologie als Umprogrammieren der Identität der Menschen, mit der bereits im Kindesalter begonnen werden soll. Für ein Land wie Südtirol, das den Wert der Familien anerkennen und schützen will, ist es untragbar, die Bevölkerung auf diese Weise zu manipulieren und die Gender-Ideologie per Gesetz zu fördern und zu verbreiten.“

Pöder fordert deshalb, dass sich der Landtag „gegen die Verbreitung der Gender-Ideologie in öffentlichen Schulen und Kindergärten und für den Schutz der Kinder und Jugendlichen vor dem Umprogrammieren ihrer Identität im Sinne der Gender-Ideologie ausspricht“. Zudem soll die . Südtiroler Landesregierung aufgefordert werden, die Förderung der Gender-Ideologie in Schulen, Kindergärten und in öffentlichen Ämtern zu unterbinden.

Peter Paul, Sommerzeit & FIFA

Dass sich der Südtiroler Landtag aber auch mit Fragestellungen beschäftigen muss, die sonst eigentlich nationalen Parlamenten vorbehalten bleiben, dafür sorgt vor allem die Süd Tiroler Freiheit.
So fordern die Abgeordneten Bernhard Zimmerhofer, Eva Klotz und Sven Knoll am 27. Juni 2014 mit Begehrensantrag Nr. 20/14, die „Übertragung der Zuständigkeit für die Festlegung von Feiertagen auf das Land Süd-Tirol“. Die Marschrichtung: Die traditionellen Feiertage Christi Himmelfahrt, Fronleichnam sowie Peter und Paul sollen wieder eingeführt und der Tag der Republik am 2. Juni abgeschafft werden.
Mit Begehrensantrag Nr. 50/15 wollen die Abgeordneten Zimmerhofer, Knoll und Klotz-Nachrückerin Miriam Atz-Tammerle die „Abschaffung der Sommerzeitregelung für Südtirol“ durchsetzen.
Besonders sportlich und interessant ist aber Beschlussantrag Nr. 514/15. Zimmerhofer, Knoll und Atz-Tammerle fordern darin allen Ernstes einen “ Aufnahmeantrag Süd-Tirols bei UEFA und FIFA“.

Damensauna & Menschenrecht

Die Tagesordnung des Landtages verbirgt aber auch einige parlamentarische Höhenflüge der Südtiroler Grünen.
Bereits Anfang Dezember 2015 hat der Landtag die Diskussion über den Begehrensantrag Nr. 52/15 begonnen. Eingebracht von Brigitte Foppa, Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba mit dem Titel „Gärten als Menschenrecht“. Heißt es darin:

„Menschen gärtnern seit der Urzeit. Das Pflegen des Saatgutes, das Anpflanzen, Aufziehen und Ernten der eigenen Nahrung hat eine uralte Tradition und vielfältige kulturelle Ausprägung. ...(...)... Trotz alledem sind Gärten derzeit noch nicht ein Recht aller Menschen. Ein Großteil der Menschen auf der Erde hat keinen Grundbesitz und/oder lebt in Städten, in denen ihre Wohnstätten keine Möglichkeit zum Gärtnern bieten.
Gäbe es ein Grundrecht aller Menschen auf einen Garten, müssten die Kommunen, die Länder, die Staaten und überstaatlichen Verbünde dafür sorgen, dass dieses, in welcher Form auch immer, gewährleistet wird.“

Genau das forderen jetzt die Grünen: Der Landtag soll das italienische Parlament und die italienische Regierung auffordern, „der Staat Italien möge sich bei den Vereinten Nationen für die Verankerung des Grundrechts auf einen Garten im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte einsetzen.

Probleme gibt es aber nicht nur bei den Menschenrechten, sondern anscheinend auch in der Sauna. Deshalb fordert das grüne Trio mit Beschlussantrag Nr. 338/15 „Ein heißes Thema – Damensauna“ die Landesregierung auf:

  • alle Wellnessanlagen Südtirols, die mit Sauna oder Dampfbädern ausgestattet sind und öffentliche Förderungen erhalten, anzuhalten, mindestens einmal wöchentlich eine Damensauna nach 18.00 Uhr anzubieten oder alternativ dazu zusätzlich zur gemischten Sauna einen Bereich ohne vorgegebene Uhrzeiten den Frauen vorzubehalten;
  • dafür Sorge zu tragen, dass die Damensauna möglichst nicht überall am selben Tag angeboten wird, um eine breite Auswahl zu garantieren;
  • zu fordern, dass während der Damensauna die Saunabesucherinnen nur von weiblichen Mitarbeiterinnen betreut werden.“
1 Euro Schein & Schützen

Die Freiheitlichen wollen mit Begehrensantrag Nr. 27/14 nicht nur ein Verschleierungsverbot einführen, sondern Leitner, Mair, Oberhofer, Stocker und Roland Tinkhauser fordern mit Beschlussantrag Nr. 231/14 auch die Einführung von 1- und 2-Euro-Scheinen und die Abschaffung der 500-Euro-Scheine.
Im Beschlussantrag heißt es:

„Durch die Einführung kleiner Münzeinheiten und durch das Wegfallen kleiner Scheine ist vor allem bei älteren Leuten der Eindruck entstanden, weniger Geld verfügbar zu haben. Mit der alten Lira hatten Münzen einen geringen Wert, mit dem Euro ist das anders geworden. Die kleinste Euro-Banknote hat einen Nennwert von 5 Euro und entspricht einem Gegenwert von ehemals 9.681,35 Lire. Sie entspricht also in etwa der vormaligen 10.000 Lire-Note. Mit den 1000-, 2000- und 5000-Lire-Scheinen fielen gleich drei Geldscheine weg, die einen geringeren Nominalbetrag aufwiesen als der nun mehr kleinste Euro-Schein.“

Aber auch Alessandro Urzí lässt durchaus aufhorchen. So fordert er mit Beschlussantrag Nr. 467/15, dass die Schützen auf Waffen verzichten sollen. Oder mit Beschlussantrag Nr. 405/15, dass beim Streaming der Landtagssitzungen im Internet auch gleich die Simultanübersetzung mitübertragen wird.

Kripo Landtag

In diesem Sammelsurium der bedeutungsschweren Beschlussanträge darf natürlich auch das Reizthema Kriminalität nicht fehlen. Besonders hervorzuheben sind dabei zwei Initiativen.
Andreas Pöder fordert mit Beschlussantrag Nr. 349/15 die „Bekämpfung der Kleinkriminalität durch Nachbarschaftswachen“. Pöders Fazit:

„Die staatlichen aber auch die kommunalen Sicherheitskräfte können mit ihren Mitteln die Sicherheit in unserem Land nicht mehr garantieren. Es ist daher unumgänglich, die Sicherheit in Südtirol durch schnelle und unbürokratische Mittel wiederherzustellen. Ein Beitrag in diesem Sinne ist die Einsetzung von Gruppen oder Nachbarschaftswachen, welche besonders nachts in den Dörfern und Städten durch Rundgänge und in enger Zusammenarbeit mit den staatlichen und kommunalen Sicherheitskräften für erhöhte Sicherheit sorgen. In erster Linie sind in diese Gruppen Arbeitslose, Pensionisten, Studenten sowie Bürger mit finanziellen Schwierigkeiten zu integrieren. Ihr Einsatz für die Sicherheit kann durch das Land angemessen entgolten werden.“

Noch interessanter aber dürfte ein Vorschlag aus dem blauen Lager sein. Walter Blaas, Pius Leitner, Ulli Mair, Tamara Oberhofer, Sigmar Stocker und Roland Tinkhauser haben am 20. Oktober 2015 den Beschlussantrag Nr. 493/15 mit dem wunderbaren Titel „Klassische Musik gegen Kriminelle“ eingebracht.
Im Beschlussantrag heißt es:

„Die ÖBB hatte ein Experiment am Hauptbahnhof in Innsbruck gestartet, mit dem Ziel, Kriminelle vom Bahnhof zu vertreiben. Dabei setzten die Bundesbahnen auf klassische Musik von Mozart, Vivaldi und Tschaikowsky. Die Beschallung des Bahnhofes mit klassischer, europäischer Musik sollte die dort umherstreifenden Kriminellen beruhigen oder sogar vertreiben. Wie nun aus Medienberichten hervorgeht, hat das Projekt Erfolge zu verbuchen. Seitdem in den Nachtstunden zwischen 20 Uhr und 6 Uhr früh klassische Musik gespielt werde, würden Dealer das Weite suchen – berichtet der ÖBB-Sprecher Johann Kapferer. Ebenso wurden Steckdosen deaktiviert, die von Kriminellen dazu genutzt wurden Mobiltelefone aufzuladen.
Auch Zug- und Busbahnhöfe in Südtirol, vornehmlich in den Stadtgemeinden, sind mittlerweile zu Orten geworden, an denen sich nachts Drogendealer und andere Kriminelle bevorzugt aufhalten. Da die Strategie der ÖBB in Innsbruck nachweisliche Erfolge gezeigt hat und sie zudem noch keine oder nur geringfügige Kosten verursacht, sollte sie auch in Südtirol angedacht werden.“

Vielleicht könnte man diese Strategie aber auch in der Aula des Landtages umsetzen. Der passende Musikvorschlag: „Oh du lieber Augustin....“