Wirtschaft | Sozialgenossenschaft

Günstig und sozial essen

Wer in der Mensa Brixen isst, unterstützt einen Restaurationsbetrieb, der Menschen mit Beeinträchtigungen integriert und fördert.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

 Die Mensa Brixen versorgt die Arbeiter und Angestellten aus dem Brixner Gewerbe- und Industriegebiet mit einem kostengünstigen und hochwertigen Essen. Dahinter steht eine Sozialgenossenschaft, die in ihrem Betrieb Menschen mit Behinderungen beschäftigt und sie dadurch in die Arbeitswelt integriert.  Leo Kerschbaumer, der Präsident der „Mensa Brixen“, erklärt im Interview wie der wirtschaftliche Aspekt mit der sozialen Zielsetzung in der Genossenschaft in Einklang gebracht wird.

Herr Kerschbaumer, was macht die Genossenschaft „Mensa Brixen“ im Detail?
Die „Mensa Brixen“ besteht schon seit über 20 Jahren in Form einer nicht-gewinnorientierten Genossenschaft. Im Durchschnitt verteilen wir 650 Mahlzeiten pro Tag, wobei eine komplette Mahlzeit mit Vor-, Haupt- und Nachspeise heute neun Euro kostet. Im Jahre 2007 wurden wir von verschiedenen Ämtern darauf hingewiesen, dass wir sozial engagiert seien, weil wir mehrere Menschen mit Beeinträchtigungen eingestellt haben, und so wurde aus dem Konsortium „Mensa Brixen“ eine Sozialgenossenschaft des Typs B. Als solche haben wir neun Jahre lang gearbeitet, bevor die Konzession für den Betrieb der Mensa im letzten Jahr verfallen ist, doch erst vor einigen Wochen hat die Landesregierung eine neue Konzession für weitere acht Jahre an uns ausgestellt. Mit 95 von 100 Punkten konnten wir die Ausschreibung zur Vergabe der Konzession klar zu unseren Gunsten entscheiden. Die Ausschreibung an sich war aber ziemlich, sagen wir, einseitig ausgelegt.

Inwiefern einseitig? Wie hat die Ausschreibung ausgesehen?

Für den weiteren Betrieb der Mensa Brixen – die Immobilie gehört nämlich den Land – wurden mindestens fünf Sozialgenossenschaften des Typs B eingeladen, die sich darum bewerben sollten. Es wurden dann einige Vergabebestimmungen ausgearbeitet, die man erfüllen muss. Dabei hat das betreffende Amt (Jetzt aber hat die Landesregierung) den ursprünglichen Zweck der Genossenschaft umgedreht. Nach den Kriterien der Ausschreibung sollte sie nicht mehr primär dazu da sein, den Arbeitern aus dem Industriegebiet eine günstige Mahlzeit zur Verfügung zu stellen, sondern es war beispielsweise wichtig, wie viele Menschen mit Beeinträchtigungen integriert werden, ob es noch mehr sein können und so weiter. Der ursprüngliche Zweck der Genossenschaft wurde also aus den Augen verloren.

Hat diese Aufmerksamkeit für den sozialen Charakter mit dem Offenen Brief zu tun, den letztes Jahr 27 Angestellte der Mensa unterzeichnet haben? Damals hat sich die Belegschaft beschwert, von der Genossenschaft missachtet zu werden, worauf die Verwaltung – also auch Sie – öffentlich in Kritik geraten ist.
Die Situation – um das ins richtige Licht zu rücken – war folgende: Einige Mitarbeiter haben sich zusammengeschlossen, in der Überzeugung, dass sie den Betrieb auch ohne Genossenschaft weiterführen können. Weil wir  als Genossenschaftsmitglieder ihnen nicht besonderes Gehör geleistet haben, hat man versucht, uns öffentlich in ein schlechtes Licht zu rücken und dadurch etwas zu erreichen. Die Verwaltung hat darauf nicht öffentlich reagiert, sondern versucht, das intern zu regeln. Wir haben uns dann darauf geeinigt, die Angelegenheit vor einem Schiedsgericht bei der Handelskammer zu lösen. Mehrere Mitarbeiter, die damals diesen Brief unterzeichnet hatten, sind aus dieser Gruppendynamik, die damals entstanden ist, ausgestiegen und arbeiten heute wieder so wie vorher bei uns. Dennoch hat die Angelegenheit damals sicher auch die Kriterien der Ausschreibung beeinflusst, da man im Amt für Genossenschaftswesen im ersten Moment wohl wirklich geglaubt hat, dass die Genossenschaftsmitglieder der Mensa-Brixen hier ihrer Aufgabe nicht gerecht werden.

Wie sieht heute die Integrationsquote in der Mensa Brixen aus?
Wir haben in all diesen Jahren stets das vorgegebene Quorum überschritten, d.h. es sind bei uns mehr als 30% der Angestellten Menschen mit Beeinträchtigungen. Darüber hinaus haben wir auch einige befristete Mitarbeiter, die uns vom Arbeitsamt zur Verfügung gestellt wurden. Bei denen muss man erst sehen, ob das die richtige Stelle für sie ist, und dann kann ihnen eine Anstellung in Aussicht gestellt werden.

Seitdem die Mensa Brixen im Jahr 2007 eine Sozialgenossenschaft wurde, hat sich auch einiges in der Zielsetzung der Genossenschaft verändert. Wie sehen Sie die Zukunft der Genossenschaft heute?
Wir werden weiterhin eine Sozialgenossenschaft, dessen Anforderungen wir erfüllen, bleiben. In der Grundstruktur sind wir allerdings nach wie vor ein Unternehmen und kein Ersatz für eine soziale Werkstatt, sondern ein Unternehmen, das im Rahmen seiner Möglichkeiten Menschen mit Behinderungen aufnimmt, sie fördert und idealerweise einer autonomen Lebensweise zuführt. Unsere Ziele sind also dieselben wie zu Beginn, d.h. den Arbeitern ein kostengünstiges Essen zur Verfügung zu stellen, aber ergänzt mit diesem sozialen Charakter. Die Genossenschaft arbeitet seit ihrer Gründung nicht gewinnorientiert und hat in all den Jahren keine Verlustbeiträge von der öffentlichen Hand beansprucht. Somit kann gesagt werden, dass das angestrebte Ziel voll erreicht wurde! Auch in der Zukunft wollen wir verstärkt unseren Mitmenschen mit Beeinträchtigung eine besondere Förderung zukommen lassen, ohne unser eigentliches Ziel, den Angestellten und Arbeitern ein günstiges Mittagessen anzubieten, aus den Augen zu verlieren.