Politik | Libyien-Türkei

Spiel mit dem Feuer im Mittelmeer

Die Bombardierung eines türkischen Frachtschiffs durch die regulären libyschen Streitkräfte wirft einmal mehr die Frage auf, wer die ISIS-Milizen unterstützt.

Mindestens ein Besatzungsmitglied des türkischen Frachtschiffs Tuna 1 ist am Montag beim Beschuss durch libysche Artillerie in den Gewässern vor Tobruk in Libyien ums Leben gekommen. Darin sind sich die Sprecher der beiden verfeindeten Staaten einig.  Dann aber weichen die Versionen voneinander ab.

Laut der Türkei habe sich die Tuna in internationalen Gewässern befunden. Laut der international anerkannten Rumpfregierung unter dem libyschen General Haftar hat sich der Frachter aber der Hafenstadt Derna genähert und wollte dort anlegen. Derna wird von ISIS-Milizen regiert und darf deshalb derzeit nicht angesteuert werden.  

General Haftar beschuldigt die türkische Regierung seit langem , die Terror-Islamisten von Derna und Umgebung durch Schiffs-Lieferungen zu unterstützen.  Dass auch Waffen darunter seien, wird  von Mitgliedern der libyschen Regierung behauptet. General Haftar wird von Ägypten gesponsert,  dessen mittlerweile wieder laizistische Regierung  die Moslembrüder von der Macht vertrieben hat. 

Sympathie für die Moslembrüder hat aber der türkische Staatspräsident Erdogan mehrmals offen kundgetan.  Bei seinem -laut türkischer Verfassung- unrechtmässigen Wahlkampfauftritt am Wochenende in Karlsruhe hatten die begeisterten Erdogan-Anhänger das Handzeichen der Moslembrüder benutzt, um ihre Sprechchöre zu unterstreichen : vier gestreckte Finger mit eingeknicktem Daumen. 

Der machthungrige Erdogan setzt alle Hebel in Bewegung, um im Nahen und Mittleren Osten eine Führungsrolle zu übernehmen.  

In den vergangenen Tagen traf er sich mit  höchsten Regierungsvertretern von  Saudi-Arabien und Katar. Dabei wurde, offiziellen Mitteilungen zufolge vereinbart, alles zu tun, um den syrischen Diktator Assad zu besiegen, um den Iran im Zaum zu halten und in Yemen kräftig mitzumischen.  

Dort haben die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen die Regierung gestürzt und die vordringenden islamischen Terroristen gestoppt.  Saudi Arabien wiederum hat Huthi Stellungen tagelang bombardiert und am Sonntag eine fünftägige Waffenpause vereinbart.

Bei all diesen Konflikten ist die Religion das vorherrschende Element: die Türkei, Saudi Arabien und Katar sind von Sunniten regiert. Radikale Sunniten sind auch die Kalifen und Untertanen des Islamischen Staates.  Der Iran , der Syrien unterstützt und im Irak die Regierung stellt,  hat dagegen eine schiitische Mehrheit.

Dieser Konfliktherd im Mittelmeer wird derzeit noch um einiges angeheizt. Denn ausgerechnet jetzt haben Russland und China im Mittelmeer zehntägige Militärmanöver begonnen.  Ob dieses Riesenaufgebot von Militär wohl auch dabei helfen wird, sinkende Flüchtlingsboote zu retten und Ertrinkende an Bord zu holen?