Politik | Energie

Verschobene Fusion

Verschiebung der Deadline für die Fusion von Etschwerken und SEL auf Ende Jänner. Gleichzeitig sollen die Originalgesuche neu geprüft werden. Geht das zusammen?

Es war wahrlich ein Gipfeltreffen, bei dem am Mittwoch Abend über die weitere Vorgehensweise bei der geplanten Fusion von Etschwerken und SEL beraten wurde. Vom Landeshauptmann und dem zuständigen Landesrat über Bürgermeister und Vize-Bürgermeister der Eigentümergemeinden bis hin zu den Präsidenten und Verwaltungsverantwortlichen von SEL und Etschwerken: Sie alle zogen sieben Tage vor der ursprünglichen Deadline für die heimische Energiehochzeit noch einmal Bilanz über den aktuellen Stand der Dinge. Und wie das Ergebnis zeigt: Es sieht alles danach aus, als hätten die Verantwortlichen im letzten Moment doch noch kalte Füße bekommen, eine Fusion auf Basis illegal vergebener Konzessionen durchzuziehen. Zwar wird weiterhin am Zusammenschluss der beiden größten heimischen Energieplayer festgehalten. Doch parallel zu den Fusionsverhandlungen wird tatsächlich jener Weg eingeschlagen, der bereits im April 2013 von der Landesregierung beschlossen worden war: die im Gutachten von Giuseppe Caia empfohlene Neuüberprüfung der ursprünglichen Konzessionsansuchen für die Enel-Kraftwerke, mit der die Manipulationen von Seiten der damaligen SEL-Führung saniert werden sollen.

Das bestätigt auch Energielandesrat Richard Theiner, der allerdings vor allem die anhaltende Überzeugung aller Beteiligten von der Sinnhaftigkeit einer Fusion unterstreicht. „Eine Fusion ist sowohl im Interesse beider Gesellschaften als auch aller SüdtirolerInnen“, zeigt sich Theiner überzeugt. Wie auch das gestrige Treffen gezeigt habe, sei der Entscheidungsfindungsprozess dafür bereits sehr weit fortgeschritten. Allerdings gebe es immer noch einige offene Punkte, weshalb gestern entschieden worden sei, die Frist von 17. Dezember auf Ende Jänner zu verschieben. Bis dahin sollen nun also die Gemeinderäte von Bozen und Meran sowie die Landesregierung einen Grundsatzbeschluss zur Fusion fassen. Sowohl Etschwerke und SEL würden dagegen nun über ihre Eigentümer einen Antrag stellen dass der Gerichtstermin vor dem Wassermagistrat in Rom kommende Woche entsprechend verschoben werden soll.

"Caia war nie vom Tisch"

Ob dafür tatsächlich die Frist bis Ende Jänner ausreicht, wird sich zeigen. Zumindest gestern war noch die Rede davon, dass im Ansuchen an das Wassermagistrat eine Verschiebung bis Ende Juli beantragt wird. Eine Option, die angesichts der weit größeren Neuigkeit dieser Tage ratsam scheint: der neuerlichen Prüfung der ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen für die 2009 vergebenen Enel-Konzessionen. Ein Beschluss, den der Energielandesrat selber eher herunterspielt. „Caia war nie vom Tisch“, sagt er lediglich und verweist auf den Beschluss, den die Landesregierung bereits am 15. April 2013 gefasst hatte. Damals wurde nicht nur das Caia-Gutachten genehmigt, sondern entsprechend seiner Empfehlungen auch beschlossen, „das Amt für Stromversorgung mit der Eröffnung eines Verfahrens zur neuerlichen Prüfung der Wasserkraftkonzessionen zu beauftragen, die Gegenstand des Strafverfahrens waren“. Gleichzeitig sollte laut dem Beschluss auch ein Kollegium von externen Fachleuten ernannt werden.

Dass diese Schritte bis heute nicht umgesetzt wurden, dürfte vor allem mit der Tatsache zusammenhängen, dass es bislang nicht gelungen ist, die Originalunterlagen der SEL vor der Manipulation zu rekonstruieren. Doch wie es scheint, ist im Zuge der Fusionsverhandlungen klar geworden, dass man darum nicht herumkommt. Eine Bestätigung für Kritiker des bisherigen Vorgehens wie Riccardo dello Sbarba. „Eine Sanierung mittels Fusion ist gescheitert“, kommentiert der Grüne Landtagsabgeordnete die jüngste Entwicklung der Causa. Statt dessen bewege man sich nun genau in die Richtung, die von den Grünen bereits im Rahmen der Verabschiedung des Omnibus-Passus für die Fusion gefordert worden war, meint er. Vor der Gründung einer Holding müsse die Legalität der Ex-Enel-Konzessionen wieder hergestellt werden, hatten die Grünen damals in einem Abänderungsantrag geschrieben  – und zwar über eine neuerliche Überprüfung der Ende 2005 eingereichten Projekte und die Zuweisung an die damals tatsächlich Bestbietenden.

Unabhängige Überprüfung

Klar ist aber auch, dass eine solche Überprüfung sicherlich nicht bis Ende Jänner zu bewältigen ist. Wie also sollen die Beteiligungsverhältnisse innerhalb eines neuen lokalen Energieriesens politisch abgesegnet werden, wenn gleichzeitig ein Verfahren läuft, dass zumindest zur Neuverteilung mancher Konzessionen führen dürfte? Denn es mag zwar sein, dass bei der derzeit diskutierten Beteiligung von 42 Prozent für die Etschwerke bereits manch wackelige Konzession wie die Töll miteingerechnet wurde. Das endgültige Ergebnis einer neuerlichen Überprüfung kann jedoch gerade angesichts der fehlenden ursprünglichen SEL-Dokumente keineswegs  vorausgesehen werden.

Energielandesrat Richard Theiner hält sich diesbezüglich noch bedeckt. Wie davor bereits Landeshauptmann Arno Kompatscher hebt er vor allem hervor, dass die Überprüfung der Konzessionsgesuche ohne jeglichen politischen Einfluss und in enger Zusammenarbeit mit der Gerichtsbarkeit erfolgen müsse. „Hier mischt sich die Landesregierung diesmal sicher nicht mehr ein.“