Politik | Gemeindewahlen

Candidato sindaco cercasi

Was macht der ökosoziale Flügel des Bozner Regierungsbündnisses nach Gigi Spagnollis Watschen: Er begibt sich erneut auf die Suche nach einem Bürgermeisterkandidaten.

Es mag sein, dass in Bozens Vorwahlkampf langsam die Orientierung verloren geht. Wo ist rechts, wo ist links, wer ist noch dabei, oder hat sich schon wieder verabschiedet wie Robert Oberrauch? Eines scheint aber trotz der täglich neuen Überraschungen und Coups sicher: Luigi Spagnolli hat genug von seinem bisherigen Partnern im ökosozialen Lager. Wem die Äußerungen und Handlungen des Bozner Bürgermeisters der vergangenen Woche noch nicht ausreichen, kann dies am heutigen Montag noch einmal in einem Kommentar Spagnollis in der Tageszeitung Alto Adige nachlesen, in dem der Bürgermeister seinen offensichtlichen Frust über all die unverwirklichten Projekte der vergangenen Legislatur loslässt. Damit sich Benkos Kaufhausprojekt nicht auch noch unter unverwirklichte Vorhaben wie Bibliothekszentrum, Stadtmuseum oder Bahnhofareal einreiht, habe die Gemeinde einfach „Ja oder Nein“, sagen müssen, erklärt er dort. Bei der damit verbundenen Diskussion über die Zukunft der Stadt habe sich aber auch gezeigt, dass „unter dem selben Dach diametral entgegengesetzte Ideen zusammenwohnen.“

“Al dunque, era difficile che ci restassero. Una vuole programmare anche il futuro, l’altra dice: non sappiamo cosa sarà, evitiamo di decidere oggi anche sulle rotonde di domani.”

Was aber heißt das für die als Zauderer in die Ecke gedrängten Ökosozialen? Sie werden schwerlich ihren derzeit größten Kritiker als Bürgermeisterkandidaten unterstützten können – noch dazu, wo klar scheint, dass er ihnen keinen Stuhl in der Mehrheit reservieren wird. Die mühsame Suche nach einem gemeinsamen Kandidaten oder einer Kandidatin geht also weiter. Eine Hypothese, die in den vergangenen Tage auch Rudi Benedikter von Projekt Bozen bestätigte: “Nachdem unser Koalitionspartner offensichtlich entschieden hat, uns loszuwerden und gegen einen Mitte-Rechts-Fanclub auszutauschen, müssen wir ernsthaft daran denken, für den ersten Wahlgang einen  eigenen Bürgermeisterkandidaten zu ernennen“, meint er ohne großen Enthusiasmus. 

Immerhin ist es den Ökosozialen auch im ersten Anlauf nicht gelungen, mögliche KonkurrentInnen zum Bürgermeister für die damals angedachten koalitionsinternen Vorwahlen aus dem Hut zu zaubern. Wer also soll in der aktuellen Situation noch seinen Kopf hinhalten? „Ich komme als Kandidat sicher nicht in Frage“, dementiert der Bozner Arzt und salto-Herausgeber Max Benedikter neuerliche Spekulationen um seine mögliche Kandidatur. „Und zwar weder für die Ökosozialen noch für eine andere Partei.“ Dem Vernehmen nach wäre die Ideallösung von Grünen, Projekt Bozen und Rifondazione Comunista immer noch eine bekannte Überraschungskandidatin. Doch nach dem klaren Nein der pensionierten RAI-Journalistin Oktavia Brugger vor mehreren Wochen scheint bislang niemand von den potentiellen Kandidatinnen angebissen zu haben. Vor einem noch am Montag geplanten Treffen zum Thema gab sich Rudi Benedikter dennoch zuversichtlich: „Es geht alles noch“, meint er, „die Dinge werden unter Umständen in drei Tagen spruchreif, wenn der Termindruck da ist.“

Rute im Fenster

Ein Nebeneffekt von Spagnollis Watschn scheint in jedem Fall eine neue Einigkeit im Lager zu sein, in dem zuletzt vor allem zwischen Grünen und Projekt Bozen immer mehr inhaltliche Differenzen aufgetreten waren. Gerüchte, wonach sich Rudi Benedikter mit einem Umstieg in das SVP-Lager ein weiteres Gemeinderatsmandat sichern will, wehrt dieser jedenfalls als „keineswegs spruchreif“ ab. „Die Hypothese, was dann bei den Wahlen sein wird, ist noch vollkommen offen“, sagt er. „Doch aktuell gilt unser Fraktionspakt, gemeinsam an einem Strang zu ziehen – erst recht, wenn uns vom größeren Partner PD die Rute ins Fenster gestellt wird.“ Was Gigi kann, kann die immerhin siebenköpfige Fraktion der Ökosozialen allerdings genauso. Denn, so Rudi Benedikter: „Wenn Spagnolli meint, er kann seine Regierungspartner für die Zukunft ausschließen, kann er sich auch sämtliche noch offenen Beschlüsse im Gemeindederat an den Hut stecken.“

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Mensch Ärgerdi… Mo., 16.03.2015 - 16:36

„Wenn Spagnolli meint, er kann seine Regierungspartner für die Zukunft ausschließen, kann er sich auch sämtliche noch offenen Beschlüsse im Gemeindederat an den Hut stecken.“
Wie heißt es so treffend? "Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde."

Mo., 16.03.2015 - 16:36 Permalink