Politik | Bozen

Kein Beten, kein Shoppen, kein Feiern?

Es bleibt fraglich, ob das Gebetszentrum in der Bozner Volta-Straße je in Betrieb genommen werden darf. Schuld daran ist der Flughafen-Risikoplan. Kein Einzelfall...

Das Gebäude, das an der Adresse Volta-Straße 1/G in Bozen zu finden ist, sorgt seit einigen Tagen für Gesprächs- und Streitstoff. Dort, in der Bozner Industriezone, soll ein Gebetszentrum für Muslime entstehen. Der Verein “Famiglie Maghrebine” hat den ersten Stock der leerstehenden Gewerbehalle angekauft und ihn in den vergangenen Monaten sanieren lassen. Finanziert wurde Ankauf und Umbau der Räumlichkeiten, in denen auf 350 Quadratmeter der Sitz des Vereins und Gebetsräume unterkommen sollen, aus eigener Tasche. “Nicht einen Euro” hat der Verein “Famiglie Maghrebine” von der Gemeindeverwaltung erhalten, bestätigte Sandro Repetto am Dienstag salto.bz. Der frisch gebackene PD-Sozialstadtrat stellte sich auch klar jenen entgegen, die im Gebetszentrum und den Menschen, die sie besuchen eine Gefahr sehen. Erst am Mittwoch stand das Gebäude in der Volta-Straße 1/G im Zentrum der Rete4-Live-Sendung “Dalla vostra parte. “Invasion”, “Islamisierung”, “Kolonisierung” waren einige der Wörter, die im Zusammenhang mit der neuen muslimischen Kultstätte fielen. “I musulmani ci sono e con loro bisogna convivere”, die entschiedene Antwort von Repetto. Er bezeichnet die Proteste vor laufender Kamera und abseits davon als “instrumentalisiert”: “Si tratta delle classiche battaglie che prendono la pancia della gente.

Das besagte Gebäude in der Volta-Straße 1/G in der Bozner Industriezone.


Sicherheit statt Risiko

Nichtsdestotrotz hat die Gemeindeverwaltung nach Aufflammen der Proteste in den vergangenen Tagen Kontrollen in der Volta-Straße 1/G durchführen lassen. Vordergründig ging es dabei darum, festzustellen, wie viele Personen sich im Gebäude aufhalten. Es kursierten Gerüchte von 100, 300 und sogar 400 Personen, die sich in jüngster Vergangenheit gleichzeitig in dem Gebäude befunden haben sollen, um während des Fastenmonats Ramadan nach Sonnenuntergang gemeinsam zu beten. Genau hat die Gemeindepolizei, die von Bürgermeister Renzo Caramaschi mit den Kontrollen beauftragt wurde, die Anzahl der Besucher nicht feststellen können. Eines ist inzwischen jedoch klar: Erlaubt sind auf den 350 Quadratmetern weit weniger als die angeblichen mehreren hundert Personen, die derzeit das Gebetszentrum aufsuchen. Und zwar aus Gründen der Sicherheit. Nicht jener, der sich im Fernsehen besorgt zeigenden Bürger. Sondern jener, die im Risikoplan des Flughafens vorgeschrieben ist.

Denn das Gebäude in der Volta-Straße liegt in der Zone B des Flughafen-Risikoplans, der seit 2010 in Kraft ist. Was mit sich bringt, dass Beschränkungen verschiedenster Art gelten, zum Beispiel urbanistischer, aber eben auch was Menschenansammlungen anbelangt. Jüngstes und prominentestes Beispiel dafür ist das Einkaufszentrum Twenty, in dem sich laut Risikoplan während der Zeit, in der Flugverkehr stattfindet, nicht mehr als 500 Personen gleichzeitig aufhalten dürften. Im Falle des Gebetszentrums in der Volta-Straße wären es nach ersten Berechnungen nicht mehr als 30 Personen, die sich zur gleichen Zeit im Gebäude befinden dürfen. Wie viele Personen tatsächlich erlaubt sind – manche sprechen auch von 100 Menschen, andere hingegen nur von 17 – werden nun die zuständigen Sachverständigen klären und festlegen müssen.


Kein Einzelfall

Ein Beweis dafür, dass die neue Gemeindeverwaltung, allen voran Bürgermeister Caramaschi, dazu tendiert, den Risikoplan in einer restriktiven Art und Weise auszulegen, wurde bereits diese Woche geliefert. Am Mittwoch (15. Juni) fand in der Marie-Curie-Straße in der Bozner Industriezone, die ebenfalls im Flughafen-Risikoplan eingetragen ist, das Elysium School’s Out Festival statt. Vermutlich aufgescheucht durch die Ermittlungen, die derzeit in Sachen Twenty laufen, wurde den Organisatoren erlaubt, erst nach 23 Uhr, also nach Ende des Flugverkehrs, Musik im Freien zu spielen und mehr als 500 Personen auf das Festivalgelände auf einem Parkplatz zu lassen. Erst eine Intervention von Landesrat Philipp Achammer, an den sich die Jugendlichen am Mittwoch wandten, bewirkte, dass die Lizenz aufgeweicht wurde. “Um 20.54 Uhr, als uns die Enac bestätigt hatte, dass es an diesem Abend keine Flüge mehr geben wird, hat das Festival begonnen”, gestand Caramaschi auf Nachfrage von salto.bz am Donnerstag. Auf den Hinweis, dass es in den vergangenen Jahren nie Probleme mit Genehmigungen für Veranstaltungen im Freien in jener Zone, die der Risikoplan umfasst, gegeben zu haben scheint, reagierte der Bürgermeister ungehalten: “Die Organisatoren (des School’s Out Festival, Anm.d.Red.) sollen einmal lernen, zu organisieren! Wissen Sie, wenn einem ein Flugzeug auf den Kopf fällt, dann schmerzt das!”

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Sepp.Bacher Fr., 17.06.2016 - 11:51

Es ist offensichtlich: Der Verein “Famiglie Maghrebine” hat nicht das Geld, so wie die Podini-Gruppe, teure Anwälte zu bezahlen und haben wahrscheinlich auch noch keine "Freunde" bei Gemeinde und Land!

Fr., 17.06.2016 - 11:51 Permalink