Umwelt | Viehwirtschaft

Mals vor der Bio-Wende

Machen die Milchbauern den Apfelbauern vor, wie eine nachhaltige Bewirtschaftung aussieht? Ein verlockendes Angebot bringt neue Chancen für eine Bio-Region Obervinschgau.

Auf politischer Ebene wird heftig über die Machbarkeit oder Nicht-Machbarkeit einer pestizidfreien Gemeinde Mals diskutiert. Bei den Obervinschger Viehbauern heißt die Frage dagegen bereits in diesen Wochen Bio oder Nicht-Bio. Anlass für konkrete Umstellungsfantasien vieler konventioneller Bauern aus Mals und Umgebung gaben die Besucher, die vergangene Woche aus Bozen sowie aus Monterenzio bei Bologna anreisten: Bergmilch-Obmann und Geschäftsführer Joachim Reinalter und Robert Zampieri sowie die Verantwortlichen von Alce Nero, einem der größten Verteiler biologischer Produkte Italiens.

„Prodotti buoni, sicuri e sostenibili“, lautet das Motto, mit dem sich Alce Nero seit Ende der Siebziger Jahre auf dem Bio-Markt positioniert. Heute produzieren über 1000 Bio-Bauern und Bienzenzüchter unter der Marke, die stark auf die Herkunft und Geschichte der eigenen Produkte setzt. Mit Erfolg, wie die Steigerung des Umsatzes von 20,5 auf 50,7 Millionen Euro in den vergangenen sieben Jahren beweist. Auf der Suche nach neuen Produkten verschlug es die Bologneser nun ausgerechnet in das aktuelle Kampfgebiet zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft. Die Idee, die Alce Nero vergangene Woche  gemeinsam mit der Bozner Bergmilch in Informationsveranstaltungen in Mals und Graun an die Viehbauern herantrug? Die Produktion eines Bio-Joghurts – mit Milch aus dem Obervinschgau, die von der Bergmilch verarbeitet und dann von Alce Nero italienweit vertrieben werden soll.

Gesucht: Mehr als 2500 Liter Biomilch am Tag

Zur Umsetzung dieser Geschäftsidee bräuchte es allerdings täglich 5000 Liter Biomilch. Eine Menge, die derzeit von dem etwas mehr als ein Dutzend Viehbauern der Region nicht einmal zur Hälfte abgedeckt wird, erklät der Malser Biobauer und Vize-Präsident von Bioland Südtirol Günther Wallnöfer . „Im Winter kommen wir alle zusammen auf etwa 2000 bis 2500 Liter“, sagt er, „im Sommer ist es noch weit weniger.“ Sprich: es braucht noch weitere Bauern, die auf das Zugpferd Bio aufspringen. Die Voraussetzungen dafür sind laut Wallnöfer nicht nur aufgrund der großzügigen Landesförderung und der Unsicherheit gegeben, wie sich der Fall der Milchquote im kommenden Jahr auf die Preise auswirken wird. Weitere Gründe lieferte ihm der Marketingleiter von Alce Nero Gianluca Puttini, mit dem er in Tälern wie Langtaufers unterwegs war. „Als er dort gesehen hat, wie die Leute in den steilen Hängen per Hand mähen, hat er nur den Kopf geschüttelt, wie er erfahren hat, dass hier nicht Bio-Milch produziert wird.“

Das Potential ist da: Das wurde den Bauern nicht nur von den Italienern, sondern auch von Bergmilch-Obmann Joachim Reinalter versichert. In den kommenden Wochen wird sich nun entscheiden, ob es auch genutzt wird. „Klarerweise muss nun an jedem Hof einmal gerechnet werden“, erklärt Wallnöfer. Eines der größten Probleme seien die vielfach zu kleinen Ställe, die zur Erfüllung der Richtlinien biologischer Produktion vergrößert werden müssten. Wallnöfer, der 2006 einer der beiden Pioniere war, die im Obervinschgau auf eine biologische Produktionsweise umgestellt hatten, ist jedoch zuversichtlich, dass ihm unter den aktuellen Bedingungen noch weitere folgen werden. Zweifelsohne eine Bestätigung des Weges, den die Volksabstimmung in Mals vor knapp zwei Wochen vorgezeichnet hat. Auch wenn sich das Zusammentreffen des Angebots von Alce Nero und der vieldiskutierten Abstimmung nun eher zufällig ergab, wie Wallnöfer meint. „Klar ist, dass wir von einer Umsetzung profitieren würden, weil wir kein Problem mehr mit der Abdrift hätten.“ 

Bild
Profil für Benutzer Klemens Kössler
Klemens Kössler Do., 18.09.2014 - 13:26

Eine sogenannte Bioregion kann nur funktionieren wenn sie marktfähig ist, Initiativen dieser Art helfen dazu diese entstehen zu lassen. Persönlich hoffe ich dass die Milchbauern genügend gefördert werden die anstehenden Aufgaben zu bewältigen, dabei denke ich nicht ausschließlich an Subventionen sondern weitaus mehr in Form von Beratung und bürokratischen Erleichterungen bezüglich der anstehenden Baumaßnahmen.
Die anstehende Abschaffung der Milchquoten auf EU-Ebene spielt den Großbetrieben in den neuen EU-Oststaaten in die Hände welche noch dazu durch eine großzügige Förderpolitik für die Neuhinzukömmlige gestärkt werden. Deshalb animieren SBB und Milchhöfe seit geraumer Zeit für die Spezialisierung auf Biomilch damit die Höfe überleben können, Umstellung auf Beerenobstbau und Kernobst wäre auch eine alternative oder ein Zuerwerb und ich hoffe dass die Obervinschger auch diese Möglichkeit nutzen können nachdem vielleicht irgendwann die ganze Hysterie und die ganzen Vorurteile eine echten Aufklärung und einem friedlichen mit und nebeneinander gewichen sind.
Ich wünsche allen Obervinschger Bauern viel Glück, Durchhaltevermögen und Erfolg.

Do., 18.09.2014 - 13:26 Permalink