Politik | IS-Vormarsch

Schockstarre II

Palmyra ist nicht nur eine Symbolstätte für unsere Zivilisation, sondern auch Standort eines berüchtigten Foltergefängnisses des syrischen Diktators Assad.

Die erbitterte Verteidigung Palmyras durch syrische Regierungstruppen hatte auch einen anderen Grund: im UNESCO-Weltkulturerbe hatte der Vater des derzeitigen Diktators, Hafiz Assad, ein Gefängnis errichtet, um Regimegegner einzusperren und zu eliminieren. Sein Sohn, Baschar Assad, liess das Gefängnis bei seiner Machtübernahme schliessen. Dann, bei Ausbruch des Bürgerkriegs vor vier Jahren, wurde die Folter-Anstalt wieder geöffnet. Interniert sind darin vor allem Moslembrüder, also jene  Sunniten, die den christlich-alevitischen Assad stürzen wollen.

Doch nicht um die Befreiung  der eingesperrten Moslembrüder geht es den ISIS-Terroristen, sondern um die nahegelegenen Gasfelder, sowie die beiden strategisch wichtigen Flugplätze und die Munitionslager der regulären syrischen Truppen. Dass sich auch eine antike Kulturstätte  dort befindet, die für die westlichen, ungläubigen "Kreuzritter" Symbolwert hat, ist für ISIS ein weiterer Grund, Palmyra zu erobern und die Ruinen und Tempel zu zerstören.

Während die Welt auf das syrische Palmyra schaut, haben IS-Banden die irakische Stadt Ramadi im Sturm erobert. Dabei gab es wieder hunderte von Toten. Die meisten Opfer sind auf Seiten der irakischen Streitkräfte zu beklagen. Doch auch die Zivilbevölkerung wurde massakriert, gefoltert und verjagt, wie es bei den Eroberungsfeldzügen der Terrormilizen üblich ist. Wieder sind tausende Menschen auf der Flucht und die Atlantische Allianz rührt keinen Finger.

Wie immer hatten die ISIS- Strategen die Weltöffentlichkeit durch den Sturm auf Palmyra abgelenkt, um Ramadi einzunehmen. Kilometer um Kilometer rücken die Mörderbanden des Daesch vor, ohne dass sie auf ernsthaften Widerstand stossen. Ihr Image einer unbesiegbaren Streitkraft  lähmt den lokalen Widerstand, während die ausländischen Verteidiger erst vor Ort sind, wenn es zu spät ist.    

In Ramadi sollen jetzt iranische, beziehungweise schiitische Elitekämpfer eingesetzt werden, um die sunnitischen ISIS-Milizen zu vertreiben. Denn die regulären, irakischen Soldaten sind zu schwach und zu wenig motiviert, um die Dschihadisten zurückzudrängen. Weil die Regierung in Bagdad aber vorwiegend von schiitischen Irakern geleitet wird, rufen sie jetzt den Iran zu Hilfe. Und das bewirkt neue Spannungen.

Der Erfolg der IS-Terroristen ist auf die vielen Selbstmordkommandos zurückzuführen, die an vorderster Front in die Schlacht ziehen. Sie werfen den Widerstand von gegnerischen Bodentruppen sofort zurück, die wohl mit Waffen, aber nicht mit menschlichen Bomben ausgestattet sind. Die IS-Kamikaze sind meistens foreign fighters, die - von der Internet Propaganda des Daesch verblendet - nach Syrien und in den Irak ziehen, um dort zu sterben. 

Ein Beispiel für diese Verblendung liefert der Bericht, den das ZEIT-Magazin in seiner Nummer 19 veröffentlicht hat. Ein deutscher Junge namens Samuel aus einem nicht zerrütteten Elternhaus verschwand plötzlich , um sich mit einem Freund den Dschihadisten anzuschliessen. Die Reise führte sie über die Türkei  nach Syrien. Die Träume, die diese zum Islam übergetretenen Jungen hegen, machen sprachlos. Sie freuen sich geradezu darauf, zu sterben. Denn dann winkt das Paradies mit "weichen Betten, weichen Früchten und den Jungfrauen".

Trotz der langsam in Gang gekommenen Gegenpropaganda und der Internet-Resistenz durch Anonymus, strömen weiterhin tausende von Europäern in die vom IS beherrschten Territorien, um dort zu kämpfen. Einige kehren zurück, schockiert - oder aber ganz gelassen und ruhig, wie der oben erwähnte Samuel. Die deutschen Behörden überwachen ihn, weil sie fürchten, dass er in seiner Heimat Attentate für den IS verüben könnte.  

Normalerweise lassen die IS-Terror-Anführer niemanden gehen, der einmal bei Ihnen eingegliedert wurde. Ganz wenigen enttäuschten foreign fighters gelingt die Flucht. Jene, die  auf normalem Weg in die Heimat zurückkehen, tun das zumeist auf Geheiss des IS, um die Ungläubigen zu missionieren und zu terrorisieren. 

Dieselbe "Mission" könnten auch die IS-Terroristen haben, die laut hohen libyschen und ägyptischen Regierungsvertretern auf den Flüchtlingsschiffen nach Europa geschickt werden. Aussenminister Gentiloni und Innenminister Alfano weisen solche Informationen zurück. Ihnen lägen keine diesbezüglichen Informationen vor. Die Hintermänner der Terroristen, die unter die Bootsflüchtlinge gemischt werden, lachen sich ins Fäustchen. Sie behaupten, dass die  europäischen Behörden  zu dumm seien, um die Terroristen herauszufiltern.

Diese Warnungen aus Nordafrika stossen auch bei den zuständigen EU-Behörden auf taube Ohren. So konnten sich die zuständigen EU-Minister nicht einmal darauf einigen, die Schlepperboote bereits am Starthafen zu versenken, um den Menschenhandel und das Ertrinken der Flüchtlinge zu unterbinden.