Kultur | Ausstellung

Flower Power in Tramin

Eine Ausstellung über die vor 40 Jahren gegründete Gruppe Action Admiral in Tramin zeigt, wie das Lebensgefühl der 1968er auch in Südtirols Dörfern Einzug hielt.

Am Mittwoch Abend vergangener Woche klang es im Traminer Bürgersaal nostalgisch nach den 1970er Jahren: Scott McKenzies "San Fransisco" und die "Wild horses" der Rolling Stones in breitem Gitarrensound dargeboten von der Band Anonym, einer Unterlandler Rockgruppe aus dem Jahr 1972 - die Originalbesetzung von damals hat mittlerweile graues Haar, trägt aber Zehensandalen zum Sakko und war für die Dauer des Abends balladenhaft versunken in die Erinnerungen an damals.

Damals, als es auch in Tramin anfing, nach Freiheit zu duften, nach jenem revolutionären Lebensgefühl, den die weltweite Studentenbewegung von Berkeley, Kalifornien über Paris und Frankfurt schließlich auch in die entlegenen Alpentäler brachte. Im Dorfmuseum von Tramin wurde mit einer Ausstellung über die vor 40 Jahren gegründete Gruppe Action Admiral diesen Zeiten gehuldigt, eine Reminiszenz des Traminer Trachten- und Heimtvereins an das Thema Jugend im Museumsjahr 2015. "Es gibt," so Kustos Hermann Toll, "zwar recht viele Vereine in Tramin, die sich der Jugend annehmen, doch wir wollten an diese ganz spezielle Gruppe erinnern, die vor 40 Jahren anfing, ein selbstbestimmtes Leben einzufordern und vor allem selbst zu leben." Das war damals in der Tat revolutionär. Gegen die Vätergeneration und die rigiden Familen- und Dorfstrukturen zu sein, Mitsprache und freie Meinungsäußerung einzufordern, das musste am Land erst noch ausprobiert werden.

In den Städten und vor allem in den Metropolen Europas, wo die Studentenbewegung seit 1968 ein ganzes Weltbild auf den Kopf gestellt hatte, stürmten die Ideen von antiautoritärem Lebensstil, freier Liebe und politischem Engagement ins gesellschaftliche Bewusstsein ein, und auch in Südtirol begannen die von Kirche, Einheitspartei und -presse errichteten Mauern langsam zu bröckeln. Mit Initiativen wie der "Studientagung zu Kunst und Kultur" 1969 organisiert von der Vereinigung der Südtiroler Universtitätsstudenten, der SH, bei der der Dichter Norbert Conrad Kaser seine berühmte Brandrede hielt und dazu aufrief, das Wappenzeichen der Südtiroler, den Tiroler Adler, "wie einen Gigger zu rupfen".

So politisch war die Gruppe Action Admiral in Tramin nicht: zwar waren es vorwiegend Studenten und Oberschüler, die sich 1974 formierten, doch war die Musik der zusammenhaltende Kleber. "Wir fuhren damals quer durch ganz Europa zu den Rockkonzerten, per Anhalter oder wenn jemand ein eigenes Auto hatte, dann war das natürlich Transport- und Übernachtungsmittel in einem," erinnert sich Arthur Pernstich, kürzlich pensionierter Direktor des Deutschen Schulamtes. Im Dorf hatte man sehr wohl die Außenseiterrolle über, erzählt er, man wollte mit den üblichen Vereinsgeschichten nichts zu tun haben und suchte sein Glück vielmehr im Unterwegssein. "Meinem kleinen Bruder passierte es sogar, dass er von unserem Vater nicht einmal mitgenommen wurde, als er autostoppend am Straßenrand stand!" 

Aufbruch und neue Werte leben, das galt es vor allem, erinnern sich auch andere Gruppenmitglieder.  "Wir fühlten uns in der Gruppe sehr wohl und absolut gleichwertig bei Diskussionen und den Veranstaltungen, die wir unternahmen," so Josefine Maier und: "In den Familien galten noch strenge Regeln, wir Jungen sind daraus ausgebrochen und haben in der Gruppe nach anderen Kriterien gelebt," berichtet Monika Sinner Ferrari. Werner Menapace, Musiker der mythischen Bethlehem Revival Band, ist mit einem VW-Käfer von Konzert zu Konzert gefahren. "Natürlich war mein Käfer bemalt, das waren Autos damals eben, ich hatte das Symbol unserer Gruppe, einen Schmetterling auf die Motorhaube appliziert."

Die Ausstellung im Hoamat-Museum von Tramin zeigt auf Plakaten und Fotos Menschen und Parolen von damals, stellt Kassettenrecorder und Plattenspieler, Musikkassetten und LP-Cover, die literarischen Größen in Taschenbuchformat (Jack Kerouac, Wolf Biermann, lokal Klaus Menapace und Norbert C. Kaser) aus sowie auf T-Shirts gedruckt, die heute reflektierten Vorstellungen vom freien Leben damals. Eine kleine, sehenswerte Schau, präsentiert in einer heimeligen Stube im Dorfmuseum, vor allem aber eine der wenigen Reflektionen (siehe dazu auch "Fieber 68" von Siegfried Nitz, erschienen im Raetia Verlag) zu den 1968ern in Südtirol.

Die Ausstellung Action Admiral 40 Jahre ist im Dorfmuseum Tramin noch bis 12. Juni zu sehen. Mehr dazu auch in der nächsten Kulturzeit von RAI Südtirol, die Sendung ist hier (in Kürze) abrufbar.