Wirtschaft | Sparkasse

Sechs Rücktritte

Die Gesellschafterversammlung der Sparkasse wird die schlechteste Bilanz in der Bankgeschichte und ein halbes Dutzend Rücktritte absegnen müssen.

Manchmal sind es die Kleinigkeiten, die viel aussagen.
Am vergangenen Freitag früh veröffentlichte die Südtiroler Sparkasse in den zwei großen Tageszeitungen Südtirols – wie vom Gesetz vorgesehen – die Einberufungsanzeige für die Gesellschafterversammlung. Am Dienstag, den 28. April 2015, um 16.30 Uhr wird im „Konzerthaus Haydn” in Bozen die Aktionärsversammlung der Südtiroler Sparkasse über die Bühne gehen.
Wie es bei der Bank Tradition ist, müssen sich die Aktionäre vorab anmelden. „Die Gesellschafter sind gebeten, innerhalb Freitag den 17.04.2015, bei der Geschäftsstelle, bei der das Wertpapierdepot besteht, vorstellig zu werden, damit ihnen die Bescheinigung über die Teilnahme an der Versammlung ausgestellt werden kann“, heißt es in der Anzeige.
Das Problem: Die Anzeige, die die Gesellschafter informieren soll, erschien erst am 17. April 2015. Demnach haben – wenigstens in der Theorie - 24.000 Kleinaktionäre genau einen Tag Zeit, um sich für die Aktionärsversammlung anzumelden. Und ausgerechnet zu einer Versammlung, auf der die desaströseste Bilanz der Sparkassen-Geschichte mit einem unglaublichen Minus von 231 Millionen Euro genehmigt werden soll.
Diese Vorgangsweise ist ein klarer Rechtsbruch. Deshalb wird den Aktionären, die sich bei der Bank erkundigen, auch bescheinigt, man könne sich bis zum 24. April anmelden. Doch niemand in der Sparkasse bemüßigt sich, den angeblichen Fehler richtig zu stellen. Weder in den Tageszeitungen, noch auf der offiziellen Sparkassen-Homepage. Dort ist auch heute noch der 17. April als Termin zu lesen.
Ein Schelm der Böses denkt, etwa, dass man bei dieser schwierigen Gesellschafterversammlung lieber wenige Aktionäre als zu viele sehen möchte.


Die Maulwurfsuche

Am 24. März genehmigte der Verwaltungsrat der Sparkasse die Bilanz 2014. Man möchte meinen, dass man angesichts eines 231-Millionen-Lochs im Führungsgremium des Bankinstitutes genügend Themen zu besprechen hat. Doch auch auf der Verwaltungsratssitzung verwendete man rund 20 Minuten, um über die angeblichen Informationslecks in der Bank zu debattieren. Der Tenor: Unverantwortliche und destruktive Kräfte seien in den Medien am Werk.
Schon vorher hatte die Jagd auf die vermutlichen Informanten in der Sparkasse begonnen. Generaldirektor Nicolò Calabrò verteilte unter den Mitarbeitern einen strengen Maulkorberlass. Zudem lancierte man Sparkassen-intern absichtlich eine Falschmeldung. So wollte man den Informationskanal zu den Medien aufdecken.
Für besondere Aufregung sorgte der Salto-Artikel „Die Laarkasse“, der einen Tag vor der Bilanzgenehmigung durch den Verwaltungsrat erschienen ist. Der Hauptgrund: Darin wurde ein Szenario nachgezeichnet, das eigentlich erst auf der Gesellschafterversammlung beschlossen werden soll.


Die Rücktritte

Im Salto-Artikel waren mehrere Unvereinbarkeiten in den Führungsgremien der Sparkasse aufgezeigt worden. Unvereinbarkeiten, die von der Bankenaufsicht angeprangert wurden und die zwangsläufig zu Rücktritten führen müssen.
In Wirklichkeit hat es diese Rücktritte still und leise längst gegeben. Am 25. Februar trat der Psairer Hotelier Heinrich Dorfer als Verwaltungsrat zurück. Einen Tag später folgte der Rücktritt des Grödner Verwaltungsrates Andreas Sanoner. Am 25. Februar trat zudem der Sparkassen-Aufsichtsrat Claudio Andreatta zurück. Zwei Tage später kam das Aus für einen zweiten Aufsichtsrat: Der Brunecker Rechtsanwalt Dieter Schramm nahm seinen Hut. Bereits am 19. Februar hatte Ersatzaufsichtsrätin und Wirtschaftsberaterin Margit Crazzolara das Handtuch geworfen.


Heinrich Dorfer: Rücktritt als Verwaltungsrat

Aber auch das dreiköpfige Überwachungskomitee nach dem 231-Gesetz, das eine interne Kontrolle darstellt, wurde stark dezimiert. Am 27. Februar trat Dieter Schramm aus dem Amt zurück. Am 4. März folgte der Rücktritt des Präsidenten Domenico Aiello, Partner in der Mailänder Rechtskanzlei von Sparkassen-Präsident Gerhard Brandstätter.
Aber auch in den Tochtergesellschaften Sparim AG traten die Aufsichtsräte Claudio Andreatta und Dieter Schramm sowie Ersatzaufsichtsrätin Margit Crazzolara zurück.


Andreas SenonerRücktritt als Verwaltungsrat

Mit der Bilanzgenehmigung durch die Gesellschafterversammlung sollen diese Rücktritte jetzt rechtsgültig werden. Gleichzeitig soll der Aufsichtsrat vervollständigt werden.


Die Bankenaufsicht

Es sind Rücktritte, die weder freiwillig noch aus Einsicht der Sparkassenspitze erfolgt sind. Diese personelle Flurbereinigung in Sachen Interessenskonflikt war eine Sine-Qua-Non-Bedingung der Banca d'Italia. Die Bankenaufsicht hat diese Rücktritte nach ihrer dritten Inspektion Anfang Februar eingefordert.
Dass man sich dieses Rücktritts-Karussell an der Sparkassenspitze nicht erwartete, zeigt ein Detail. Eines der größten Sorgenkinder der Sparkasse ist die „Raetia SGR Spa“. Die Verwaltungsgesellschaft von drei längst bankrotten Immobilienfonds ist seit März 2012 in Liquidation.


Rechtsanwalt Dieter Schramm: Rücktritt von gleich drei Aufsichtsräten 

Inzwischen gibt es Forderungen in Millionenhöhe. So hat das Gericht Mailand erst vor kurzem eine Klage über 33,2 Millionen Schadenersatz gegen die Sparkassen-Tochter abgewiesen. Doch die Kläger wollen in Berufung gehen. Zudem gibt es gerichtliche Forderungen von über 88 Millionen Euro. Die Sparkasse geht anhand von Rechtsgutachten davon aus, dass diese Summen nie schlagend werden.


Wirtschaftsberater Claudio Andreatta: Ebenfalls drei Aufsichtratsposten verlassen

Nach dem Rücktritt des Liquidators hat die Sparkasse am 14. Jänner 2015 ausgerechnet Claudio Andreatta und Dieter Schramm in den Aufsichtsrat der „Raetia SGR Spa“ sowie Margit Crazzolara als Ersatzaufsichtsrätin berufen. Nach fünf Wochen musste das Trio aber schon wieder zurücktreten. Auf Weisung der Banca d'Italia.


Die Kapitalerhöhung

Auf der Gesellschafterversammlung soll aber auch der Aktienbestand deutlich verändert werden. Derzeit hat die Sparkasse ein Gesellschaftskapital von 311.850.000 Euro, unterteilt in 4.050.000 Aktien zum Nominalwert von 77 Euro pro Aktie. Am 28. April sollen die Gesellschafter der Sparkasse beschließen, den Nominalwert der Aktie zu streichen und die Aktienzahl im Verhältnis 1 : 10 umzuwandeln. In Zukunft soll es 40,5 Millionen Aktien geben.
Die Gesellschafter sollen einer Kapitalerhöhung von 250 Millionen Euro und einer Neuausschüttung von weiteren 37.500.000 Aktien zustimmen. Der Verwaltungsrat will dafür eine Vollmacht, die fünf Jahre lang gilt.
Wie schnell man aber die dringend notwendige Kapitalerhöhung umsetzen kann, steht noch in den Sternen. Erst am 2. April 2015 traf in der Stiftung Sparkasse ein Brief des Finanzministeriums ein, in dem von der Stiftung und der Bank weitere Präzisierungen zur geplanten Kapitalerhöhung eingefordert wurden. Demnach ist man von einer Autorisierung der geplanten Kapitalerhöhung durch die Banca d'Italia noch weit entfernt.
Zudem ist absolut noch nicht klar, woher die 80 bis 90 Millionen Euro kommen sollen, die die Stiftung nicht zahlen kann. Nach Informationen von salto.bz gibt es zwar Gespräche, aber noch keinerlei Zusagen.

Die große Frage: Was ist die Sparkassen-Aktie jetzt noch wert?


Die Aktie

Besonders heiß wird aber eine andere Frage. Der Wert der Sparkassenaktie. Im September 2011 hatte der Verwaltungsrat beschlossen, den Referenzpreis der Sparkassen-Aktie von 320 Euro auf 280 Euro zu senken.
Am 23. Dezember 2014 macht die Sparkassen-Führung den eigenen Gesellschaftern ein besonderes Weihnachtsgeschenk. Mit einer lapidaren Mitteilung verkündet der Verwaltungsrat der Bank, den Richtpreis für die Aktie auf 195 Euro gesenkt zu haben.
Dieser Wert stützte sich auf ein Expertengutachten und eine Prognose, die von einem Jahresverlust von rund 100 Millionen Euro ausgegangen war.
Jetzt sind es aber 231 Millionen geworden. Die große Frage: Was ist die Sparkassen-Aktie jetzt noch wert?

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Sebastian Felderer Mo., 20.04.2015 - 07:53

Gar oft pflegt man bei uns die Behauptung in den Mund zu nehmen: Südtirol ist nicht Italien. Aber bei typischen Südtiroler Verfilzungen müssen wir froh sein, dass Italien auf unser System Einfluss nimmt, in diesem konkreten Fall die "Bank von Italien", also die Notenbank. Und es stimmt: Südtirol ist nicht Italien ... leider viel, viel schlimmer !!

Mo., 20.04.2015 - 07:53 Permalink