Gesellschaft | Zusperren?

Auf der Kippe

Der Trentiner Landtag spricht sich gegen die Schließung der Geburtenstationen aus. Misstrauensantrag gegen Gesundheitslandesrätin. Schael: "Kaum Chancen für Südtirol."

Der Trentiner Landtag rebelliert. Vergangenen Mittwoch sprachen sich die 35 Abgeordneten einstimmig dafür aus, dass die Landesregierung alles ihr Mögliche unternehmen solle, um die Schließung der Geburtenstationen im Trentino zu verhindern. Aus den Medien hatten die Landtagsabgeordneten erfahren, dass sowohl die Geburtenabteilung in Tione als auch jene in Cavalese definitiv vor dem Aus stehen. In Tione sollen bereits imit 1. Oktober die Lichter ausgehen. Cavalese wird im Jänner 2016 die Geburtenstation dicht machen. So der Marschplan, geht es nach Gesundheitslandesrätin Donata Borgonovo Re. Trotz laufender Gespräche mit Rom über eine Ausnahme hatte sie am 14. Juli ein Treffen mit den zuständigen Primaren organisiert. Dabei wurde über die endgültige Schließung beraten.

“Wir wollen offiziell über die alarmierenden Notizen, die in der Presse aufgetaucht sind, informiert werden”, forderte der Civica-Abgeordnete Claudio Civettini während der Landtagssitzung tags darauf. Außerplanmäßig wurde dann am Mittwoch, 15. Juli, eine Debatte eingeleitet, bei der die Trentiner Gesundheitslandesrätin die Gelegenheit hatte, ihre Pläne zu erläutern. Nach einer hitzigen Debatte schließlich der Beschluss:

Il consiglio della provincia autonoma di Trento impegna la Giunta provinciale a fare tutto il necessario per mantenere i punti nascita di Tione e di Cavalese garantendo, nel rispetto dei ruoli, il pieno coinvolgimento del Consiglio Provinciale e dei territori interessati tramite le amministrazioni comunali e le relative comunità di valle.

Ohne Gegenstimme verabschiedete das Plenum das Dokument. In der Begründung für die Aufforderung weist man unter anderem auf die “massive Mobilisierung zur Rettung der peripheren Krankenhäuser allgemein und der Erhaltung der Geburtenabteilungen von Cavalese und Tione im Speziellen” hin. Gleichzeitig unterstreicht der Landtag, wie wichtig es sei, dass die Provinz bei einer so einschneidenden Entscheidung die betroffenen Gemeinden und Bezirke mit einbeziehe.

Die Trentiner Gesundheitslandesrätin: Donata Borgonovo Re. Foto: donataborgonovore.wordpress.com

Doch nicht nur die Trentiner Landesregierung insgesamt wurde vom Landtag in die Schranken gewiesen. Auf Antrag vom Lega-Abgeordneten Maurizio Fugatti wurde die Sitzung unterbrochen. Er wollte einen weiteren Punkt auf die Tagesordnung setzen: “Revisione delle deleghe affidate all’assessore Borgonovo Re”. Ein ad hoc verfasster Misstrauensantrag gegen die Gesundheitslandesrätin. Zwar wurde der Forderung Fugattis nicht stattgegeben. Doch wird der Trentiner Landtag in absehbarer Zeit zu einer Dringlichkeitssitzung zusammentreten, um über die politische Zukunft von Borgonovo Re zu befinden. Laut Informationen auf der Internetseite der Provinz Trient wird es am 24. Juli oder 3. August so weit sein. Bereits jetzt stellt Borgonovo Re klar: “Ich habe keinerlei Absichten, meinen Vorschlag zurückzuziehen. Wenn meine Arbeit nicht gewürdigt wird, werde ich meine Konsequenzen ziehen.” Sie würde eher zurücktreten als bei der Schließung der beiden Geburtenabteilungen einen Kompromiss einzugehen, so die Gesundheitslandesrätin im Gespräch mit der Tageszeitung L’Adige.

Auch in Südtirol schaut es für die zwei Geburtenstationen in Sterzing und Schlanders düster aus. Der neue Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs Thomas Schael gestand kürzlich, dass er kaum Chancen für den Erhalt der beiden Abteilungen sehe. “Die kleinen Geburtenstationen werden europaweit geschlossen. Da ist Südtirol ebenso wenig eine Ausnahme wie bei den klinischen Standards”, so Schael laut Medienberichten. “Je weniger Fälle in einem Spital behandelt werden, desto höher das Risiko. Niemand würde in ein Flugzeug steigen, an dessen Steuer ein Pilot sitzt, der zwei Jahre nicht geflogen ist. Und in der Medizin ist es dasselbe”, so sein Vergleich. Ebenso wie Michael Mair – der neue Ressortchef von Gesundheitsassessorin Martha Stocker – bezweifelt Thomas Schael, dass Südtirol eine Ausnahme von Rom erhalten werde.