Politik | Flüchtlinge

Neue Grenzbalken am Brenner?

Ist das Hochziehen der Brenner-Grenze die Antwort auf den Flüchtlingsstrom, der Italien wie Österreich überfordert? Ein klares Nein in der Tiroler Tageszeitung.

Während die Südtiroler Volkspartei im schottischen Fährwasser deutlich machen will, dass „eine ernsthafte Zusammenarbeit auch über Staatsgrenzen hinweg möglich ist“, überlegen ihre österreichischen KollegInnen derzeit die Grenzbalken wieder hochzuziehen. Angeführt vom niederösterreichischen ÖVP-Granden Erwin Pröll haben sich am Donnerstag vier weitere österreichische Landeshauptleute dafür ausgesprochen, am Brenner wieder Kontrollen einzuführen, um dem unaufhaltsamen Zustrom von Flüchtlingen besser Herr zu werden. Eine Überlegung, auf die mittlerweile auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner einschwenken zu scheint. 

Eine klares Nein zu Grenzbalken kommt am Freitag von TT-Redakteur Peter Nindler.  Abschottungspolitik darf keine Antwort auf die humanitäre Katastrophe im Nahen Osten und Afrika sein, fordert er im Leitartikel der Tiroler Tageszeitung, in der er das angekündigte Dichtmachen der Grenzen als „altbekannten Reflex Österreich“ und Populismuszug bezeichnet.

"4700 illegale Flüchtlinge wurden heuer aufgegriffen, vielfach wollten sie Tirol als Transitland in eine bessere Zukunft benützen. Traumatisierte Kriegsflüchtlinge aus Syrien und desillusionierte Bürger afrikanischer Staaten, die keine Zukunft in ihren Heimatländern sehen, hoffen auf ein besseres Leben in Europa. Wer kann es ihnen verübeln, wenn sie nach einem Strohhalm greifen? Der Tod ist ohnehin ihr ständiger Begleiter, Lampedusa ihr Leuchtturm. Doch Europa hat noch keine Antwort auf die humane Katastrophe und Herausforderung gefunden, vielmehr wird Italien für seine lasche Abschiebepolitik gerügt und gesamteuropäisch alleine gelassen."

Statt dessen braucht es endlich eine gesamteuropäische Antwort auf das aktuelle Flüchtlingsdrama, wird diesseits und jenseits des Brenners gefordert. Österreich sollte darin jedoch die Rolle einer Lokomotive übernehmen statt die Grenzen dicht zu machen, wird in der Tiroler Tageszeitung gefordert. 

"Die Europäische Union ist in diesen Tagen fern von Italien wie auch einige österreichische Landeshauptleute die europäische Idee für eine neue Abschottungspolitik gegenüber den Ärmsten der Armen bereitwillig opfern. Rom und den illegal nach Österreich Eingereisten müsste nämlich koordiniert geholfen werden. Gerade Österreich blickt auf eine jahrzehntelange Tradition in der Flüchtlingspolitik zurück und hat sich einen Namen für unbürokratische und schnelle Hilfe für Menschen in Not gemacht.
Natürlich benötigt es (rasch) eine europäische Lösung mit einer menschengerechten Aufteilung der Unterbringungs- und Asylquoten. Österreich könnte dabei eine humane Lokomotive für die schwerfällige Euro-Dampflok sein."