Kultur | Film

Der Un-simpaticone

Regisseur Wolfgang Murnberger zeichnet Luis Trenker als einen durch und durch opportunistischen und selbstgefälligen Mann, in Südtirol läuft der Film ab 27. August.

„So ein Krieg ist nicht so schnell vorbei…“ orakelt Luis Trenker in der Eingangsszene des 2014 in Südtirol, München und Venedig gedrehten Films „Der schmale Grat der Wahrheit“ und man weiß, der Trenker will noch allerhand herausholen aus diesem soeben zu Ende gegangenen Zweiten Weltkrieg.

Wir sehen Tobias Moretti in der Rolle des Luis Trenker an der Schreibmaschine sitzen, er überlegt und tippt einige Worte aufs Papier, versonnen, dann wieder schwungvoller.  Es soll das Tagebuch der Eva Braun werden, das Trenker als Grundlage für einen neuen sensationellen Karrierestart dringend braucht. Denn nach dem Krieg ist es ruhig um den einst von Nazis und Faschisten umjubelten Filmregisseur geworden, die Verhältnisse haben sich gewandelt und so tat es auch Luis Trenker: „Jetzt vergisst man die ganzen furchtbaren Geschichten, diese furchtbare dunkle Zeit und schaut wieder nach vorn“, kommentiert Tobias Moretti in der Rolle des Geschichtenerzählers im Film diesen Zeitabschnitt.

Sich anpassen, koste es was es wolle, das war Trenkers Gabe, bzw. die scheinbare Mühelosigkeit, mit der ihm das meistens auch gelang. So bietet er die von ihm gefälschten Braun-Tagebücher bei den Filmfestspielen von Venedig 1948 dem amerikanischen Filmagenten Paul Kohner an, einem ehemaligen Bekannten.

Die Tagebuch-Geschichte ist die Rahmenhandlung im Film, wir sehen Trenker in Venedig, wie er zu überzeugen versucht, wie es ihm anfangs auch gelingt, wie ihn die amerikanischen Fernsehbosse schlussendlich doch noch abblitzen lassen. Eine Schmiererei sei das, was Eva Braun angeblich aufgezeichnet hätte, banal und überkandidelt, meinen sie. Und die Farce auf Hitler, die Luis Trenker den Filmleuten schmackhaft machen wollte, gäbe es schon längst, mit Charlie Chaplins Diktator.

Der steirische Regisseur Wolfgang Murnberger führt die Südtiroler Film- und Bergsteigerlegende ganz schön vor. Trenker, der Massenunterhalter, Trenker, der Entertainer, für den die Wahrheit immer nur Ausgangspunkt für seine ganz eigenen Geschichten war, Trenker, der oberflächliche Liebhaber und Ehemann, Trenker der politische Opportunist und Karrierist. Kaum ein gutes Haar bleibt an ihm hängen und Tobias Moretti tut das Seine, um den unverwechselbaren Bera Luis im Film wieder lebendig zu machen. Die steife und doch schwungvolle Art zu gehen und sich zu bewegen, das leicht vorgestreckte angriffslustige Kinn und die Augen auf den Horizont gerichtet, sogar im Bett mit Leni Riefenstahl.

Das ist die zweite Geschichte im Film. Die verbriefte Affäre der beiden Filmbegeisterten, die sich bei den Dreharbeiten zu „Der heilige Berg“ kennenlernten. Riefenstahl wird von Brigitte Hobmeier als selbstbewusste und ambitionierte Frau gespielt, die sich durchaus auf den faszinierenden Bergfex einlassen wollte. Mit ihm auf Berge und andere Gipfel steigen, gemeinsam den deutschen Film erobern, das wollte Leni Riefenstahl. Beide suchten sie die Nähe des Nazi-Regimes, um diese Pläne zu verwirklichen, jedoch die stürmische Affäre war bald aus. Wie sie beide um die Vorrangstellung als Filmliebling der Nazis buhlen, nimmt einen beträchtlichen Teil des Murnberger Streifens ein.

Eine ganze Riege Südtiroler Schauspieler kommt im Film vor, wie Barbara Romaner als Gattin Trenkers, Anna Unterberger als Journalistin und Geliebte, Günther Götsch und Dietmar Gamper als Beamte der deutschen Reichsfilmabteilung, Peter Schorn als Journalist, Roland Selva als Richter oder Jasmin Mairhofer als Dienstmädchen in der Bozner Villa. Auch Schnitt und Produktion sind südtirolstämmig: Annie Brunner mit der RoxyFilm und Cutterin Evi Romen.

Der Film zeigt durchaus Trenkers Können und seinen Einsatz für das Vorrecht der Kunst vor allen anderen – nationalpolitischen - Rechten. Doch als Person gibt Murnberger Trenker keine Chance, er stellt ihn dar als einen, der nur aufblüht, wenn er von seinen Heldentaten erzählen kann, einen für den das ganze Leben eine Inszenierung ist. Und die Eva-Braun-Tagebücher? Sei alles nur ein Jux gewesen, bekannte Luis Trenker in einem Interview in den 1960er Jahren.