Wirtschaft | Felix Austria

Österreichs Geschick im Umgang mit der Türkei

Von der Bevölkerung her ist Österreich halb so gross wie die Metropole Istanbul. Doch von der Bedeutung her überholt Österreich viele grosse Wirtschaftsmächte.

Ich war in der türkischen Hauptstadt Ankara - zum ersten Mal in meinem Leben. Allen Warnungen zum Trotz, wonach Ankara grauenhaft hässlich und langweilig sei, gefiel mir die Stadt. Weniger Menschen, weniger Gedränge und vor allem: die bedeutenden architektonischen Spuren, die dort ein grosser Tiroler hinterlassen hat:  der in Fulpmes geborene Architekt Clemens Holzmeister .

Er war 1938 aus der Wiener Akademie entfernt worden und bekam Asyl bei seinem Freund und Gönner, dem Gründer der modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk.  In der Folge baute der Tiroler Architekt alle bis heute wichtigen poltischen Gebäude von Ankara: den Präsidentenpalast, das Parlamentsgebäude, das Innen- und Verteidigungsministerium , die Zentralbank, die  Militärschule, den Obersten Gerichtshof, das ehemalige Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium und natürlich auch die Österreichische Botschaft in Ankara .

Sie wird derzeit von Botschafter Klaus Wölfer geleitet, dessen Gast ich war. Ich kenne Klaus seit 1983, als er seinen ersten " diplomatischen " Posten als dritter Botschaftssekretär in Rom antrat. Ich war gerade drei Jahre bei der Rai-Tagesschau in Rom angestellt und es waren herrliche Zeiten:  in Rom explodierte damals eine Neuauflage der Dolce Vita. Zusammen mit einer Gruppe von Freunden hetzten wir von Fest zu Fest  und unterhielten uns bestens.

Klaus Wölfer kehrte als Leiter des österreichischen Kulturinstitus nach Rom zurück, dann gings nach Djakarta und anschliessend nach Ankara .  Wir hatten den Kontakt verloren, bis uns der italienische Botschafter in Ankara , Giampaolo Scarante vor zwei Wochen zusammenbrachte. Am Samstag feierten wir das Wiedersehen.

Für einen österreichischen Botschafter ist die Türkei ein sehr wichtiger Posten.  Die beiden Länder haben eine lange gemeinsame Geschichte, die von Krieg , aber auch gegenseitiger Attraktion gekennzeichnet war.   Bereits vor 500 Jahren entsandte Ferdinand I einen Gesandten an den Sultanshof, seit 1798 war das osmanische Reich durch ständige Diplomaten in Wien vertreten. 1754 gründete Kaiserin Maria Theresia die Orientalische Akademie als staatliche Ausbildungsstätte für Diplomaten. Türkisch-ottomanich war als erste Fremdsprache Pflichtfach.

Als Mustafa Kemal Atatürk die heutige Türkei gründete, schloss er sofort einen Freundschaftsvertrag mit Österreich .  Dann folgten die grossen Aufträge für Clemens Holzmeister : beste Voraussetzungen für exzellente kulturelle und vor allem wirtschaftliche Beziehungen.  Von 2009 bis 2011 war Österreich der grösste Auslandsinvestor in der Türkei. Die Exporte Österreichs in die Türkei überschritten 2011 erstmals die Zwei Milliarden Dollar Grenze.  Teamgeist, Pragmatismus und viel Charme im Umgang mit den jeweiligen Partnern sind das Erfolgsrezept Österreichs - nicht nur in der Türkei.