Politik | SVP

Pusterer Stromschläge

Der mächtige SVP-Bezirk Pustertal bockt und versucht Landeshauptmann Arno Kompatscher das Leben schwer zu machen. Zwei aktuelle Beispiele.

Jahrzehntelang war das Pustertal politisch der Nabel der Südtiroler Welt. Luis Durnwalder als Landeshauptmann, Hans Berger als sein Stellvertreter und Landesrat für Landwirtschaft, dazu noch Martha Stocker als Vizeobfrau der SVP und ein Dutzend Pusterer SVP-Funktionäre in Spitzenpositionen in der Landesverwaltung. Um die mächtige Pusterer Seilschaft kam niemand herum, der im Land etwas bewegen wollte. Auch innerhalb der SVP ist das Pustertal ein Machtblock. Als größter Bezirk mit den meisten Mitgliedern spielen die Pusterer unterm Edelweiß geschickt ihre Karten aus.
Mit dem Ausstieg von Luis Durnwalder und dem Aufstieg von Arno Kompatscher zum Landeshauptmann hat sich das politische Gewicht in- und noch mehr außerhalb der SVP eindeutig verschoben. Der Machtverfall und die Änderungen des politischen Koordinatensystems werden im Osten des Landes aber gar nicht goutiert. Zudem herrscht die Überzeugung, dass die neue politische Führung das Tal stiefmütterlich behandelt.
Deshalb organisiert man seit längerem ganz bewusst Gegenwind, der dem neuen Landeshauptmann kalt ins Gesicht bläst. „Man macht uns ganz bewusst das Leben schwer“, sagt ein Mitglied der Landesregierung.
Dass seit Oktober 2014 mit Meinhard Durnwalder ausgerechnet eine Neffe von Luis Durnwalder dem SVP-Bezirk als Obmann vorsteht, sieht man im Palais Widmann kaum als Zufall.
Mit welchen Bandagen innerhalb der SVP gekämpft wird, zeigen zwei aktuelle Vorfälle.

Affront in Bruneck

Seit vielen Jahren findet im Gasthof Edy in Pfalzen im Jänner oder Februar der Parteitag der Pusterer SVP statt. Es ist ein traditionelles Schaulaufen all jener, die unterm Edelweiß Rang und Namen haben. Am vergangenen Samstag wich die Pusterer SVP aber in die Mensa der Landeshotelfachschule in Bruneck aus. Auffallend dabei war die Abwesenheit von Arno Kompatscher. Der offizielle Grund: Zur selben Zeit findet in Bozen eine außerordentliche Landesregierungssitzung statt und die Unterzeichnung der Fusionsverträge zwischen SEL und Etschwerke.

 

 

In Wirklichkeit ist das aber nur eine Halbwahrheit. Denn nichts hätte im Weg gestanden, diesen historischen Schritt in der Südtiroler Energiepolitik zwei Tage später – also am Montag – zu zelebrieren.
Der wahre Grund für die Abwesenheit des Landeshauptmanns in Bruneck ist ein ganz anderer. Denn ursprünglich war Kompatschers Anwesenheit  eingeplant. Doch die Pusterer Macher hatten einen Regieplan nach Bozen geschickt, der eine klare Sprache spricht.
Als Hauptreferent auf dem Pusterer SVP-Parteitag wurde der Nordtiroler Landeshauptmann Günther Platter eingeladen, um über die Europaregion und den Minderheitenschutz zu sprechen. Danach sollte SVP-Obmann Philipp Achammer reden. Unter anderem zum Thema „Die Pläne der Landesregierung für das Pustertal“. Erst nach einem Referat von Bezirksobmann Meinhard Durnwalder, war dann ganz am Ende Arno Kompatscher eingeplant. Seine Aufgabe: Er soll die Mitglieder und die SVP-Funktionäre für die anstehenden Gemeinderatswahlen motivieren.
Dass dem Landeshauptmann diese Rolle als Motivationscoach in dritter oder vierter Reihe alles andere als zupass kam und diese Schlachtordnung ein klarer Affront war, dürfte man auch im Pustertal gewusst haben. Deshalb ist ein kein Zufall, dass Arno Kompatscher die Einladung ausschlug und den Bozner Stromgipfel der Pusterer Politikkermes  vorgezogen hat.

Pusterer Enthaltung

Wie tief der SVP interne Zwist inzwischen geht, wurde am selben Tag auf einem anderen Parkett deutlich.
Samstag Früh beschloss die Landesregierung die Fusion der Etschwerke und der SEL. Die Entscheidung fiel einstimmig aus. Schon am Tag zuvor hatte der Verwaltungsrat der Etschwerke den Zusammenschluss abgesegnet. Auch hier gab es keine Gegenstimme. Nur die Anwältin Elisabeth Losavio, die von der Opposition in den Verwaltungsrat der Etschwerke berufen wurde, enthielt sich der Stimme. Es ist eine durchaus konsequente Haltung, weil die politische Minderheit in den Gemeinderäten Bozen und Meran Bedenken gegen die Operation hat.
Unmittelbar nach der Entscheidung der Landesregierung am Samstag trat dann der Verwaltungsrat der SEL zusammen. Man ging davon aus, dass das Ganze nur mehr eine Formalität sei, weil das Leitungsorgan der Landesenergiegesellschaft in mehreren Abstimmungen in den Monaten zuvor alle Weichen für die Stromhochzeit gestellt hatte.
Dann aber folgte die Überraschung. Bei der Abstimmung im SEL-Verwaltungsrat gab es nur vier Ja-Stimmen. 


 

Die Verwaltungsrätin Verena Brunner enthielt sich bei der entscheidenden Abstimmung überraschend der Stimme. Die Pusterer Verwaltungsrätin argumentierte, dass in der Operation die SEL zu niedrig bewertet worden sei und damit die Landesenergiegesellschaft einen zu geringen Anteil in der neuen Südtiroler Stromgesellschaft bekomme.
Salto.bz hatte ursprünglich geschrieben Brunner hätte gegen die Fusion gestimmt. Die SEL AG legt aber Wert auf die Feststellung, dass es keine Gegenstimme im Verwaltungsrat gab.

Verena Brunner enthielt sich im SEL-Verwaltungsrat am Samstag beim Fusionsbeschluss plötzlich überraschend der Stimme. Ein Zufall?

Die 34jährige Anwältin und Mediatorin aus Olang stellt sich auf ihrer Homepage als „DDr. Verena Brunner, Abogado vor. Der Grund: Sie hat ihre Anwaltsprüfung in Spanien gemacht und sich dann in die Anwaltskammer von Foggia eintragen lassen. Es ist unklar, ob der Titel in Italien anerkannt wird oder nicht.
Brunner ist politisch in der Pusterer SVP groß geworden. Als einer ihrer politischer Ziehväter gilt der langjährige Brunecker SVP-Stadtobmann Dieter Schramm. Brunner gehört zum Netzwerk der einflussreichen Pusterer Strippenzieher unterm Edelweiß.
Alles nur Zufall? Oder wollte hier jemand im allerletzten Moment Arno Kompatscher einen Erfolg auf dem Stromsektor madig machen?
Man darf gespannt sein auf die nächsten Querschüsse, die aus dem Pustertal kommen.

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Willy Pöder Mo., 23.02.2015 - 08:07

Der "Abagados" (siehe oben) gibt es in Italien weit mehr als 1.000. Im Zuge der Liberalisierung der Berufe erscheint die Anerkennung und somit die Eintragung in die Kammer der Rechtsanwälte von Frau DDr. Verena Brunner völlig in Ordnung zu sein. Und außerdem: Wer sagt denn, dass im europäischen Ausland gekürte Rechtsanwälte unfähiger als inlandsgeprüfte seien!? Bessere und schlechtere gibt es hier wie dort - wie in allen anderen Berufen übrigens auch.
Und noch etwas: Persönlich habe ich während meiner 25-jährigen PZ-Tätigkeit als Reporter x-mal an SVP-Bezirkstagen im Hotel des Mister "Giusto" in Pfalzen teilgenommen. Es kam dabei wiederholt vor, dass der Hauptredner (Landesministerpräsident Dr. agr. Luis Durnwalder) erst nach dem Knödelessen, also nachmittags, als Letzter ans Mikrophon getreten war. Ich kann daher keine gezielt herabsetzende Aktion gegen Durnwalders Nachfolger, Dr. mag. iur. Arno Kompatscher, ob der getroffenen Rednerreihung ausmachen. Auch würde ich die verwandtschaftliche Nähe von Meinhard und Luis Durnwalder politisch und netzwerktechnisch nicht überbewerten. RA Verena Brunner halte ich weniger ins wirre Parteigeflecht eingestrickt, als man es ihr nachsagt. Nichtsdestotrotz wird in den Hinterzimmern der Brunecker Partei intensiv an der Nachfolge von Ortsobmann, RA Adv. Dr. mag. iur. Dieter Schramm, gebastelt und gewerkelt. Er hat nämlich beschlossen, sich nach Ablauf des Mandats nicht mehr um diese Aufgabe zu bewerben.

Mo., 23.02.2015 - 08:07 Permalink