Wirtschaft | Energie

"Wir werden die Hosen nicht runterlassen"

Nach dem Landtag kommt die Fusion von SEL und Etschwerken nun in die Gemeinderäte von Bozen und Meran. Klare Befürworterin mit ebenso klaren Forderungen: die Volkspartei.

Gelingt es dank der manipulierten SEL-Konzessionen jene Vernunftehe zu bewirken, die bislang nicht zuletzt an einer leidenschaftlichen Antipathie zwischen der Landes-SEL und den gemeindeeigenen Etschwerken gescheitert ist? Zumindest der Landtag hat seinen Sanctus dazu bereits in der Oktobersitzung gegeben – mit dem rechtlichen Rahmen für eine gemeinsame Holding der beiden Gesellschaften im Rahmen des Omnibusgesetzes. Nun sind die beiden Eigentümergemeinden Bozen und Meran an der Reihe. „Vor allem in der zweiten Novemberhälfte wird es voraussichtlich heiß werden“, prophezeit der Fraktionssprecher der Südtiroler Volkspartei im Bozner Gemeinderat Georg Mayr.

Als Basis für die Diskussion über die Zukunft des größten Gemeindeschatzes sollen bereits ab kommender Woche detaillierte Informationen dienen, die den Gemeinderäten über die beiden Bürgermeister geliefert werden. Im Mittelpunkt dabei eine umfangreiche Bestandausaufnahme beider Energiebetriebe, die von der SEL bei PricewaterhouseCoopers und von den Etschwerken bei Imi Banca in Auftrag gegeben wurde. Im Laufe des Novembers soll dann in beiden Gemeinderäten über den konkreten Vorschlag eines Zusammenschlusses abgestimmt werden, der zwischen den Verwaltungsräten beider Gesellschaften und den Eigentümervertretern ausgehandelt wird. Als Damoklesschwert hängt der 17. Dezember über der gesamten Unterfangen – der Termin, bei dem am Wassermagistrat in Rom über die Rekurse der Etschwerke gegenüber ihrem möglichen Bräutigam entschieden wird.

Margheris Antrag

Dass es in beiden Gemeinderäten Kräfte gibt, die der Rettungskation Ehe kritisch gegenüberstehen, zeigte sich erst am Dienstag Abend im Bozner Gemeinderat. Wie schon die Grünen im Landtag forderte SEL-Gemeinderat Guido Margheri mit einem Abänderungsantrag Fusionsverhandlungen erst dann zu beginnen, wenn die Legalität der zwölf beanstandeten Konzessionen wieder hergestellt ist. Wer ihm dabei zustimmt, wird sich voraussichtlich in der Sitzung am Donnerstag zeigen. Sicher ist schon jetzt, dass die Vertreter der Südtiroler Volkspartei allen Vorbehalten zum Trotz einen anderen Kurs fahren werden.  Da mag allen klar sein, dass die ermogelten Konzessionen der Antrieb für die Fusion sind, wie Gemeinderat Konrad Palla im Morgentelefon von RAI Südtirol erklärte. Da mag auch nach wie vor die Überzeugung geteilt werden, dass die Etschwerke als über Jahre größter Steuerzahler des Landes dazu beigetragen haben, die Landesgesellschaft SEL mit öffentlichen Mitteln hochzuzüchten – um anschließend bei den Konzessionen durch die Finger zu schauen und von der SEL als Zwerg behandelt zu werden, wie es Fraktionschef Mayr formuliert. „Doch es bringt uns nichts Recht zu haben, wenn am Ende alles den Bach runter geht.“

"Es bringt uns nichts Recht zu haben, wenn am Ende alles den Bach runter geht."

Den Bach runter gehen – das heißt für Mayr Annullierung aller Konzessionen und europaweite Neuausschreibung. Denn die Alternative einer Neubewertung der ursprünglichen Angebote, wie sie im Caia-Gutachten und einen immer noch gültigem Beschluss der Landesregierung festgehalten ist, ist weder für die Bozner noch für die Meraner SVP-Vertreter eine Option, meint der SVP-Fraktionssprecher. Ebenso alternativlos wird ein Zusammenschluss deshalb mittlerweile auch von Merans Bürgermeister Günther Januth gesehen. „Meine Aufgabe wird es sein, den Gemeinderat davon zu überzeugen, dass ein Zusammenschluss eine Entwicklungsperspektive und einen Mehrwert bietet“, sagt er. Für den sieht neben den offensichtlichen Rettungsabsichten nicht nur der Meraner Bürgermeister „gute Perspektiven“, wie Januth sagt. Auch in Bozen scheint man zumindest innerhalb der Volkspartei zur Einsicht gekommen zu sein, dass es vielleicht nicht der schlechteste Zeitpunkt ist, die Zukunftsperspektiven ihrer bisherigen Melkkuh abzusichern.  Immerhin verfügt die Etschwerke derzeit nur über drei Konzessionen im Land, wobei ihr traditionelles Werk auf der Töll offiziell der SEL gehört. Auch die Gewinne, die bislang vor allem im Trading-Bereich gemacht wurden, waren zuletzt im Sinkflug. „Wir haben gegenüber dem Land schon klar gemacht, dass wir die Hosen sicher nicht runter lassen werden, nur um Frieden im Haus zu haben“, macht auch der SVP-Fraktionssprecher klar. „Wir wollen auch konkret etwas davon haben.“

Wie viel Holding gehört den Gemeinden?

Das kann nicht nur die Perspektive auf künftige Konzessionen betreffen, sondern auch die Anteile an einer möglichen gemeinsamen Holding. Dort bringt  der anhängige Rechtsstreit die Bozner und Meraner in eine bessere Verhandlungsposition als es die realen Besitzverhältnisse tun würden. „Es ist offensichtlich, dass für eine solche Bewertung nicht alle Konzessionen der SEL eingerechnet werden“, sagt Georg Mayr. Auch wenn er sich hinsichtlich des möglichen Anteils der Etschwerke noch bedeckt hält: Mehr als die ursprünglich kolportierte 17 bis 18 Prozent pro Gemeinde werden es in jedem Fall sein, ist er überzeugt. Ob damit die befürchtete Schwächung der Entscheidungsgewalt der beiden Gemeinden in einer Holding mit der großen Schwestern SEL zerstreut werden kann? Auch hier zeigt sich Merans Bürgermeister Januth zuversichtlich: „Ich kann die Neuerungen noch nicht vorwegnehmen“, sagt er, „doch unser Mitspracherecht wird durch bestimmte Formen der Führung gesichert werden.“