Gesellschaft | Rat und Hilfe

Ausweg aus der Armut?

Immer mehr Menschen wenden sich an die Caritas. Wer wo warum Hilfe sucht, dazu gibt es auch heuer einen Wirkungsbericht. Bezeichnend der Titel: "Armes Südtirol 2014".

Es war das letzte Mal. Und es war kein schönes. Der scheidende Caritas-Direktor Heiner Schweigkofler hat am Freitag gemeinsam mit seinem Amtskollegen Paolo Valente den Wirkungsbericht der Caritas präsentiert. Bezeichnend der Titel des Dokuments: “Armes Südtirol 2014”.

“In den meisten Caritas-Diensten ist 2014 die Zahl der Hilfesuchenden angestiegen”, berichteten die beiden Direktoren. Insbesondere die Situation jener, die sich bereits in schwierigen Lebenslagen befinden, verschlechterte sich im vergangenen Jahr deutlich. Darunter arbeitslose Frauen und Männern mittleren Alters, verschuldete Personen, Familien mit geringem Einkommen, Suchtkranke, Zuwanderer und Flüchtlinge, liest man im Caritas-Bericht. Dieser liegt heuer erstmals wieder in vollständiger Form in allen Caritas-Dienststellen auf und kann auf der Internetseite der Caritas eingesehen werden.


Mehr – Komplexer – Aussichtsloser – Dringender

Die anhaltend schwierige Wirtschaftssituation, prekäre Arbeitsverhältnisse sowie zu niedrige Einkommen und Renten seien mit Schuld, dass immer mehr Menschen Rechnungen nicht bezahlen können. Auch der Kauf von Lebensmitteln oder Medikamenten wird für viele zusehends schwerer zu stemmen. “Und das betrifft nicht nur diejenigen, die ohnehin schon am Rand der Gesellschaft stehen, sondern auch Teile der Mittelschicht, die mit den hohen Lebenshaltungskosten nicht mehr Schritt halten können”, schlugen Schweigkofler und Valente Alarm.

Zu den materiellen Sorgen kämen häufig auch seelische Nöte. Psychische Erkrankungen und andere Auffälligkeiten haben in Südtirol zugenommen. “Schuld- und Schamgefühle, Depressionen und Existenzängste haben auch negative Auswirkungen auf das Familienleben”, wusste Stefan Plaikner von der Schuldnerberatung der Caritas zu berichten. Isolation und gesellschaftliche Ausgrenzung seien die Folge.

Insgesamt wandten sich 2014 1.120 Frauen und Männer an einen Caritas-Beratungsdienst für Menschen in Not. Ein Anstieg von neun Prozent im Vergleich zum Jahr vorher. Gleichzeitig ist auch die Zahl der Ratsuchenden in der Schuldnerberatung um vier Prozent auf 1.352 Personen angestiegen. Die Hälfte der Ratsuchenden hatte ein Einkommen von weniger als 1.000 Euro im Monat. “In vielen Fällen handelte es sich um Familien, was zur Folge hat, dass insgesamt 900 Kinder von der finanziellen Note mit betroffen waren”, so die Auskunft der Caritas.

In der Flüchtlingsberatung der Caritas in Bozen wurden vergangenes Jahr 430 Hilfesuchende vorstellig. 138 Frauen Männern und Kindern auf der Flucht wurde etwa im Haus Arnika in Meran ein Dach über dem Kopf geboten. Doch auch für die Einwanderer wurde die Suche nach einer Unterkunft zunehmend schwieriger. Auch wenn diese einer Arbeit nachgehen. “In den Beratungen ist diese Problematik im Hinblick auf 2013 um 71 Prozent angestiegen”, meldete die Caritas.

Alkohol und Medikamente, aber auch Glücksspiel und Essstörungen waren die häufigsten Gründe, aus denen die Psychosoziale Beratung in Schlanders um Hilfe gebeten wurde. 473 Männer und Frauen wandten sich 2014 an diese. 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Alle Hände voll zu tun hatte auch die Telefonseelsorge der Caritas. Ein Viertel der knapp 7.000 Menschen, die telefonisch um Rat fragten, war zwischen 20 und 59 Jahre alt. “Eine bedenkliche Entwicklung”, so die Caritas.

17.200 Senioren sind laute einer aktuellen ASTAT-Studie armutsgefährdet. Auch um diese kümmerte sich die Caritas. Unter anderem, indem sie Pflegedienste zu Hause anbietet, oder mit dem so genannten “banco farmaceutico”, bei dem nicht rezeptpflichtige Medikamente gesammelt und ausgegeben werden.

Eine Summe von knapp 16,7 Millionen Euro gab die Caritas 2014 für ihre Tätigkeiten aus. Der Löwenanteil floss in die Hauspflege, Ferien und Erholung für bedürftige Familien, Kinder und Senioren sowie die Mensa am Meraner Vinschgertor. Gedeckt werden die Kosten zum Großteil durch öffentliche Beiträge, Einnahmen aus Aktionen und Projekten und nicht zweckgebundene Spenden.


Den gesamten Wirkungsbericht der Caritas finden Sie hier unter “Download”.