Gesellschaft | Euregio-Camp

"Inser Londeshauptmonn isch dor coolste!"

Nachdem "Die Welt" kürzlich Bozen zur coolsten Stadt in den Alpen erklärt hat, hat Südtirol nun auch gute Chancen auf den coolsten Landeshauptmann der Euregio.

Mucksmäuschenstill ist es geworden im Augustinersaal als der Landeshauptmann den Raum betritt. In Anzug und Krawatte ist er erschienen, um sich mit den Teilnehmern des Euregio-Summer-Camps zu treffen

Mit den Klängen von Franz Joseph Haydns Trio No. 19 wird Arno Kompatscher empfangen, er scheint gerührt über die musikalische Einleitung. Die Begrüßungsworte an die etwa 60 Jugendlichen zwischen 11 und 14 Jahren, die sich zur Zeit im Kloster Neustift aufhalten, fallen knapp und deutlich aus. Er wolle den Nachmittag "locker, den Sommertemperaturen angepasst" verbringen und zusammen mit den jungen Leuten über die Euregio plaudern.

Erleichterung ist zu spüren, viele hatten sich auf einen langen Nachmittag mit noch längeren Vorträgen eingestellt.

Etwas zögerlich, aber dann doch schonungslos, die erste Frage: "Redet ihr in der Politik eigentlich immer nur über Geld?"

Schlagfertig und mit verständlichen Worten erklärt Kompatscher, es stimme, dass viel über Geld geredet wird, weil es "einfach wichtig" sei. Das Geld, das die Eltern an Steuern zahlen solle ja schließlich gut verwaltet werden. Ob er die Jugendlichen aus Nord-, Südtirol und dem Trentino damit überzeugen kann, das lassen sie sich nicht anmerken.

Langsam verschwindet die anfängliche Zurückhaltung und jemand möchte wissen: "Wenn Sie sich entscheiden könnten, würden Sie noch Landehauptmann sein oder würden Sie etwas anderes machen?"

Der Saal lacht auf und nach kurzem Überlegen die Antwort von Kompatscher: "Eigentlich habe ich ja die Wahl gehabt, niemand hat mich dazu gezwungen, den Landehauptmann zu machen. Die eigentliche Frage ist vielleicht, ob ich es nochmals machen würde. Ab und zu frage ich mich schon, warum tu' ich mir das an? Ich habe viele Berufe in meinem Leben ausgeübt, alle waren schön. Jetzt ist es schön und spannend, Landeshauptmann zu sein, auch weil ich sehe, dass wir vieles zum Guten verändern können." Aber wie das in jedem Beruf so sei, habe auch der Landeshauptmann ab und zu Zweifel. Doch sei es "überwiegend eine wunderschöne Aufgabe".

Diese Antwort scheint die jungen Leute zu beflügeln und gleich mehrere Hände schießen in die Höhe. Die Berufswünschen des Landeshauptmannes ("Zuerst Astronaut oder Fußballweltmeister, aber nie Politiker."), interessieren genauso wie die Zeit, die er mit seiner Familie verbringt ("Leider zu wenig, aber der Sonntag mit der Familie ist mir heilig.")

Fragen nach der Euregio werden gestellt, dem bereits Erreichten und der Zukunft.

"Wird die Euregio in Zukunft ein eigener Staat?" Die Antwort des Landeshauptmanns ist vage formuliert, und doch vielsagend: "Man soll nichts ausschließen". Auch nicht, dass "der Landeshauptmann in Zukunft vielleicht eine Landeshauptfrau sein könnte".

Am Ende seines Besuches wendet sich Kompatscher mit einem Wunsch an die Jugendlichen. Sie sollen interessiert und neugierig durch's Leben gehen und sich trauen, für Politik zu interessieren. "Macht das, wofür ihr Leidenschaft empfindet, in der Europaregion und auch darüber hinaus."

Das Fazit der Jugendlichen nach dem Treffen mit dem Südtiroler Landeshauptmann fällt ziemlich eindeutig aus. Im Vorfeld hatten sie bereits über Internet mit den Landeshauptleuten aus dem Trentino, Ugo Rossi, und Nordtirol, Günther Platter, gesprochen, und auf die Frage, wer denn von den dreien nun am Besten angekommen sei, ertönt es zumindest aus den Südtiroler Kehlen: "Inser Londeshauptmonn isch dor coolste."

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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 08:07

Ich verstehe das nicht ganz: In einer Zeit, in der überall (auch in Südtirol, nebenbei bemerkt) vom Abbau der nationalen Grenzen gesprochen wird, im Jahre 2014, fragen unsere Kinder (!) den Landeshauptmann, ob "die Euregio in Zukunft ein eigener Staat wird". Und der LH nickt dazu.

Unter diesen Voraussetzungen wird ein Europa ohne Grenzen wohl kaum je wachsen können, und seine Bevölkerung wohl kaum je Frieden finden.

Do., 24.07.2014 - 08:07 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 10:35

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

... die Sache mit dem Gartenzaun kommt mir irgendwie bekannt vor... Ob Sie "gerade" wegen des Zauns mit Ihren Nachbarn gut klar kommen (und ob es vielleicht an der Zeit wäre, (auch) über diese Grenzen nachzudenken), darüber ließe sich vermutlich lange streiten. Aber Sie werden nicht umhin kommen, zuzugeben, dass Nachbarn nicht unbedingt als Paradebeispiele für friedliches Zusammenleben gelten... Aber zurück zum Thema: Wenn Sie Recht hätten, warum sollte dann eigentlich überhaupt über den Abbau von Grenzen (in Europa) gesprochen werden?

Do., 24.07.2014 - 10:35 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Do., 24.07.2014 - 11:14

Antwort auf von Sylvia Rier

That's the 1 million $ question! Wieso sollten Grenzen noch weiter abgebaut werden? Ich sehe ehrlich gesagt keinen guten Grund dafür. Eine gemeinsame Währung haben wir, einen gemeinsamen Binnenmarkt der eigentlich zum Großteil nur den Multis was bringt haben wir auch. Freie Bewegungsmöglichkeit für EU-Bürger haben wir auch noch. Wir bauen seit Jahren keine Grenzen mehr sondern immer mehr unsere Staatshoheit ab!
Das mit den Nachbarn und den Zäunen abbauen klingt mir ein wenig marxistisch (oder bilde ich mir das nur ein?) , wie gut das funktioniert haben wir ja im letzten Jahrhundert oft genug bewiesen bekommen.

Do., 24.07.2014 - 11:14 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 11:50

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Siehst du? Ich bin die letzte, die ein Problem hat mit den aktuellen Grenzen :-) Welcher grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und welchem Zusammenwirken stehen die denn (noch) im Wege? Darum geht's aber gar nicht, sondern vielmehr darum: Welchen Sinn soll es haben, zu den bestehenden noch weitere (künstliche) neue zu schaffen? Diese war die Frage. Marxistisch? Darüber nachzudenken, ob es vielleicht bessere Möglichkeiten geben könnte, das Privateigentum des Nächsten zu respektieren, ohne Zäune, über denen sich die Menschen dann die Köpfe einschlagen? Wenn das marxistisch ist, dann will ich gern marxistisch sein :-)

Do., 24.07.2014 - 11:50 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Do., 24.07.2014 - 14:30

Antwort auf von Sylvia Rier

Der Sinn liegt darin wahre Zusammenarbeit zu schaffen. "Zusammen" bedeutet viele verschiedene Wesen miteinander und nicht ein einfärbiges monotones "ich" welches sich als pseudo "wir" gibt. Unterschiede zwischen uns braucht es um uns selbst zu definieren bzw. abzugrenzen, selbst ein Konzept wie Freiheit kann ohne Grenzen nicht definiert werden. Das Problem liegt einfach daran das Unterschiede oder eben Grenzen (überhaupt von einer politischen Seite aus) nur mehr als Diskriminierung wahrgenommen werden, aber unterscheiden und diskriminieren ist nun eben nicht das gleiche.
Das mit den Zaun hat zwar nicht einwandfrei aber zumindest akzeptabel in den letzten paar Tausend Jahren funktioniert, aber ich bin immer offen für neue Vorschläge, Hauptsache das Hab und Gut jedes einzelnen wird respektiert.

Do., 24.07.2014 - 14:30 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 17:59

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Gefällt mir gut. Ich fände es ja auch viel spannender, wenn wir öfter mal nach Frankreich oder Sizilien oder Skandinavien oder Ungarn blickten, je nachdem, wer was gerade besonders gut macht und wo wir besonders viel lernen/profitieren könnten aus einem Austausch und aus Zusammenarbeit, statt immer nur im gleichen Teich und bei unseresgleichen zu fischen. Das wird eine fade Suppe, über kurz oder lang. Nun gut.

Do., 24.07.2014 - 17:59 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 08:48

Er ist ein bisschen "off topic", der Artikel, den ich hier verlinke, aber nur ein bisschen: http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-06/eu-reform-cameron/komplettan…. "Ich lebe in Schottland. Dort rumort es seit Jahren im völkischen Untergrund." Und weiter: "Die Nationalisten gewinnen Oberwasser. (...) Die Separatisten gewinnen dennoch Aufwind. Sie sammeln ihre Heerscharen mit Feldzügen gegen "englische Eliten" und einem fiktiven Narrativ von Unterdrückung und Ausbeutung. Ihre Anhänger tragen auf T-Shirts stolz den Slogan "Schottisch, nicht britisch" zur Schau." Und in Folge: "Cameron entgegnete der Herausforderung als Demokrat, er bringt ein Unabhängigkeitsreferendum auf den Weg. Es wird im September über die Bühne gehen. Die Kampagne ist bitter, sie spaltet Familien, sie entzweit Freunde." Ich glaube einfach, wir sollten unsere Worte mit Bedacht wählen, und sehr darauf achten, welche Bilder wir unserer Jugend mit auf den Weg geben, ganz besonders, wenn wir Landeshauptmann sind.

Do., 24.07.2014 - 08:48 Permalink
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Harald Knoflach Do., 24.07.2014 - 10:56

Antwort auf von Sylvia Rier

cameron hat in der tat sehr demokratisch und vorbildlich reagiert. das ist ihm anzurechnen. aber ein frage an dich: würdest du lieber in einem von cameron regierten großbritannien leben, mit seinen engen verstrickungen zur londoner finanz und zur öllobby, seinem militärischen machtgehabe (stichwort kriegsbündnis mit usa), mit seinem turbokapitalismus und seinem konservatismus, mit seiner anti-europäischen haltung (stichwort: eu-austritt) oder in einem schottland, das auf dem weg zu einem sozialstaat skandinavischer prägung ist, mit bereits abgeschafften studiengebühren, moderner energiepolitik (ausstieg aus kernenergie), neutralität (snp war gegen irak-krieg und andere britische interventionen), öffentliches gesundheitssystem usw.?

Do., 24.07.2014 - 10:56 Permalink
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Stephan Kerschbaumer Do., 24.07.2014 - 11:50

Antwort auf von Harald Knoflach

Deine Fragen sind durchaus interessant und regen zu einer tieferen Diskussion an, aber ich finde, dass v.a. die erste Frage schlecht gestellt ist: Ein Regierungschef ist nur temporär im Amt (bei Cameron könnte das schneller passieren, als ihm lieb ist). Daraus kann man kein Sezessionsszenario konstruieren. Zudem finde ich, dass Cameron schwerlich als Pate für ein Gesellschaftsmodell herhalten kann, wie dies z.B. Thatcher oder Reagan taten und immer noch tun.
Eine kleine Anmerkung am Rande: Das Beispiel der Studiengebühren widerspricht deiner Argumentationslinie. Ja, Schottland hat die Studiengebühren abgeschafft, jedoch nur für Bürger Schottlands und (da EU-rechtlich zwingend) für EU-Bürger. Die Bürger Englands, Wales' und Nordirlands müssen weiterhin Studiengebühren verrichten (wie auch alle Nicht-EU-Bürger). Entspräche dies dem inklusivistischen Modell skandinavischer Prägung würde man nicht Bürger desselben Staates diskriminieren, wie dies hier der Fall ist. Dasselbe gilt auch für Nicht-EU-Bürger.

Do., 24.07.2014 - 11:50 Permalink
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Harald Knoflach Do., 24.07.2014 - 14:19

Antwort auf von Stephan Kerschbaumer

schon klar. auch die schotten konstruieren ja aus camerons regierung kein sezessionsszenario. wohl aber unterstreichen sie die andersartigkeit von schottischem und britischem gesellschaftsverständnis. und dieses verständnis war auch unter einer regierung blair ein anderes (siehe kriege, umweltschutz usw. usw.)
das mit den studiengebühren muss ja auch wieder so ein fall von "anti-europäismus" der briten sein. denn die briten sind eu-bürger. wie kann es eu-rechtskonform sein, dass sie zahlen müssen und andere eu-bürger nicht, wenn eben nicht im vorfeld eine extrawurst ausverhandelt wurde. somit halte ich es für durchaus legitim, dass sie die konsequenzen der extrawurst tragen müssen und schottland den anderen eu-bürger die studiengebühren zahlt. oder irre ich da?
ich bin ein fan des freien uni-zugangs, sehe aber in einer generellen freigabe für die ganze welt sozusagen schon ein gewisses finanzielles bzw. auch logistisches problem. ich denke, dass man den freien zugang fast an die eu-bürgerschaft koppeln muss.

Do., 24.07.2014 - 14:19 Permalink
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Stephan Kerschbaumer Do., 24.07.2014 - 15:20

Antwort auf von Harald Knoflach

Leider verstehe ich nicht ganz, wie du das mit der Extrawurst gemeint hast. Ich möchte aber trotzdem versuchen das Argument Diskriminierungsverbot innerhalb des EU-Rechts zu vertiefen. Engländer sind EU-Bürger, aber nur sobald sie sich im EU-Ausland befinden. Der eigene Staat darf Teile seiner Staatsbürger gegenüber den anderen EU-Bürgern schlechter stellen, sofern dies mit nationalem Recht (Gleichbehandlungsgebot in der nationalen Verfassung) vereinbar ist. Umgekehrt gilt dies nicht: ein ausländischer EU-Bürger darf nicht schlechter gestellt sein, als der eigene Staatsbürger. Soviel zu EU-Recht. Demnach ist es EU-rechtlich legitim von Engländern, Wallisern und Nordiren Unigebühren zu verlangen, von Schotten aber nicht.
BTW der italienische Verfassungsgerichtsgerichtshof würde eine solche Regelung umgehend kassieren (es gab bereits einen Präzedenzfall, jedoch im Bereich des Lebensmittelrechts; in diesem wurde das Gleichstellungsgebot folgendermaßen definiert: wenn innerhalb des in Italien anwendbaren Rechts (also italienischen und EU-Recht) eine Regelung gegenüber EU-Bürgern vorteilhafter ist, als jene, die auf italienische Staatsbürger als solches anzuwenden ist, dürfen letztere sich auf die vorteilhaftere Regelung berufen). Diese Praxis des italienischen VGH ist auch berechtigt, denn, aus dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebotes (das in allen kontinental-europäischen schriftlichen Verfassungen ganz vorne gereiht ist und das im nicht verschriftlichten Verfassungsrecht des Vereinigten Königreiches eines der höchsten Rechtsprinzipien ist), welche "Extrawurst" oder sonstiger Umstand entschuldigt eine Diskriminierung aufgrund der Herkunft (nichts anderes ist die genannte Regelung des schottischen Hochschulrechts)?
******
Das Thema "Unigebühren für Nicht-EU-Bürger" ist hier vielleicht off-topic. Ich möchte trotzdem auf deine Schlussbemerkung eingehen.
Hinsichtlich des freien Hochschulzugang für EU-Bürger würde ich dir recht geben, wenn ich mich der italienischen akademischen Tradition (der ich angehöre) bediente. In Österreich ist man da schon weiter: die Unigebühren für Nicht-EU-Bürger werden - zurecht - stark kritisiert. Die Unterscheidung zwischen EU und Nicht-EU-Bürgen hält der Realität einfach nicht stand. Von Nicht-EU-Bürgern Unigebühren zu verlangen, von EU-Bürgern aber nicht, ist schon allein dadurch diskriminierend, dass in Europa zahlreiche Menschen geboren und aufgewachsen sind, die Schule besucht und hier ein zu Hause gefunden haben (das Herkunftsland ihrer Eltern oft auch nie gesehen haben, außer vielleicht auf google-maps/streetview), aber keine EU-Staatsbürgerschaft besitzen (sondern die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern, unseren rigiden Staatsbürgerschaftsgesetzen sei "Dank"). An Skurilität grenzt auch die Situation türkischer Staatsbürger: Die Türkei ist Teil des EU-Binnenmarktes. Dennoch haben ihre Bürger innerhalb der EU den Status von Nicht-EU-Bürgern. Das bedeutet, dass, obwohl der freien Warenverkehr bereits Normalität ist, türkische Staatsbürger keinen freien Hochschulzugang in der EU haben (ganz zu schweigen von der kostenintensiven Visa-Pflicht).

Do., 24.07.2014 - 15:20 Permalink
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Harald Knoflach Do., 24.07.2014 - 15:29

Antwort auf von Stephan Kerschbaumer

ok. hab das völlig missverstanden. das ist in der tat schräg. wundert mich, dass das innerhalb großbritanniens rechtlich möglich ist. gefällt mir nicht, diese lösung.
bezüglich nicht-eu-bürger geb ich dir ebenfalls recht. und zwar dahingehend, dass ius sanguinis ein problem darstellt.

Do., 24.07.2014 - 15:29 Permalink
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pérvasion Do., 24.07.2014 - 17:11

Antwort auf von Stephan Kerschbaumer

Ganz so merkwürdig ist das mit den Studiengebühren nun auch wieder nicht. Die meisten Unis in Großbritannien (einschließlich Schottland) erheben Studiengebühren, bezahlt (oder auch nicht) werden sie dann vom jeweiligen »Land«. Schottland begleicht die Studiengebühren vollständig, während England meines Wissens i.d.R. Studienkredite verleiht. EU-BürgerInnen werden dort gleichgestellt, wo sie ihren Wohnsitz anmelden.

Do., 24.07.2014 - 17:11 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 12:07

Antwort auf von Harald Knoflach

Weißt du Harald, über deinen ersten Satz denke ich nach, seit ich jenen Artikel gelesen hatte, und bin noch nicht wirklich zu einem Schluss gekommen: Wie demokratisch ist es (ist es Cameron wirklich anzurechnen?) eine Entscheidung zu treffen, die die Folgen nach sich zieht (ziehen muss), die der schottische (!) Autor beschreibt? "Die Kampagne ist bitter, sie spaltet Familien, sie entzweit Freunde." Ist ein guter Regierungschef, wer so etwas heraus fordert, oder auch nur akzeptiert? Oder wäre es manchmal besser, ein Regierungschef träfe eine "undemokratische" Entscheidung, um des Friedens willen? Zu deinen anderen Fragen möchte ich mich nicht festlegen, ich weiß zu wenig darüber und im Detail schon gar nicht, als dass ich mir anmaßen wollte, mit dir darüber zu diskutieren. Aber grundsätzlich: Ist es klug - oder ist es demokratisch? - sich "aus dem Staub zu machen", statt diesen Negativszenarien den Kampf anzusagen? Wäre es denn nicht besser (weniger egoistisch), wenn die Schotten ihre Energien darauf verwendeten, diese Verhältnisse zu bessern? Die Möglichkeiten dazu sind ja heute mehr denn je gegeben.

Do., 24.07.2014 - 12:07 Permalink
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Harald Knoflach Do., 24.07.2014 - 14:37

Antwort auf von Sylvia Rier

1. ich bin der meinung, dass der wahre demokrat auch dann zur demokratischen entscheidungsfindung steht, wenn die "gefahr" besteht, dass die demokratische entscheidung nicht in seinem sinne ausfällt.
2. auch die frage nach einführung des frauenwahlrechts hat "familien gespaltet und freunde entzweit". hätte man es bleiben lassen sollen?
3. warum sollte die frage der staatszugehörigkeit mehr "entzweiend" und "friedensgefährdend" sein als z. b. die frage nach einem atomkraftausstieg. letzterer könnte doch viel verheerendere konsequenzen haben als ein wechsel der staatszugehörigkeit.
4. die schotten haben ihre möglichkeiten ja gut genutzt, um schottland nach ihren vorstellungen zu gestalten. wie eben abschaffung der studiengebühren, verdoppelung der entwicklungshilfe usw. usw. jedoch sind sie in manchen dingen eben auf einem toten punkt angelangt.
5. bezüglich welt verändern halte ich es mehr mit ghandi, der die veränderung im kleinen suchte (zu beginn bei sich selbst) um die welt zu verändern. ich glaube, es gibt ziele, die sind höherstehend als die einheit von staaten. und wenn mir die staatszugehörigkeit nicht erlaubt, dieses höhere ziel zu erreichen, dann muss ich die staatszugehörigkeit hinterfragen. hypothetisches beispiel: italien schafft mit großer mehrheit das frauenwahlrecht ab. in südtirol ist eine große mehrheit jedoch für das frauenwahlrecht. die wahrscheinlichkeit, dass das kleine südtirol das große italien von seiner position überzeugt, ist recht gering. was also tun? die krot schlucken oder einen eigenen weg gehen?

Do., 24.07.2014 - 14:37 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 16:59

Antwort auf von Harald Knoflach

1. Anders rum: es geht nicht darum, ob die Entscheidung in "seinem" (eigenen) Sinne ausfällt, sondern darum, ob sie gut ist für die Allgemeinheit. (Aber dass du jetzt Cameron unterstellst, er sei "ein wahrer Demokrat", finde ich lustig. Ich hatte mir im Gegenteil schon überlegt, ob er den Zustand, den der Autor des Zeit-Artikel beschreibt, nicht etwa bewusst in Kauf genommen hat, du weißt eh, teile und herrsche). 2. Ich glaube nicht, dass die Zugehörigkeit zu einem oder einem anderen Staat (mit Folgen) auf dieselbe Ebene gehört wie Diskussionen über das Frauenwahlrecht und/oder Atomkraft. Zumindest habe ich noch nicht gehört, dass sich darüber Völker gespalten hätten. 5. Gandhi? Der würde sich wohl im Grab umdrehen, wenn er wüsste, wohin du ihn bemühst :-) Die Veränderung im Kleinen, ganz bei dir, und bei sich selbst, suchen, auch ganz bei dir, aber von hier nach Sezession (mit Folgen!) schaffe ich einfach den Sprung nicht... "Höher stehende Ziele"? Nichts für ungut, aber danach sieht's mir wirklich nicht aus: "Ihre keltischen Wurzeln zu betonen und sich damit von den Engländern abzugrenzen, fiel den Schotten nie schwer", oder hier: "Die schottische Regierung hofft vor der Unabhängigkeitswahl auf mehr Patriotismus." "Die Nationalisten erstarken" (Katalonien). Zu deinem hypothetischen Beispiel fällt mir nur ein, dass es im heutigen Europa ebenso unvernünftig wie aussichtslos wäre, sich wegen eines solchen oder anderen Themas an eine Abspaltung zu wagen Wenn ganz Europa das Frauenwahlrecht praktiziert, dann hätte Südtirol eine ordentliche Macht im Rücken, und reichlich Mittel und Wege, Italien wieder auf Spur zu bringen (wollen muss man halt, und mir gefällt in dieser Hinsicht der Stefan Pan recht gut, der immer wieder betont, wir HABEN die Mittel und die Fähigkeiten, (auch) auf staatlicher Ebene etwas zum Positiven zu bewirken. Wollen muss man halt, denke ich, und nicht immer denken, wir gehören da nicht dazu, wir wollen da weg, das geht uns alles nichts an...) Außerdem habe ich verstanden, dass weder Schottland noch Katalonien eine so weitreichende Autonomie haben wie Südtirol sie hat, dass sie eine solche aber wünschen. Für Mas zumal, habe ich verstanden, wäre die Gewährung einer weit reichenden Autonomie der bevorzugte Weg.

Do., 24.07.2014 - 16:59 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Do., 24.07.2014 - 17:25

Antwort auf von Sylvia Rier

"(wollen muss man halt, und mir gefällt in dieser Hinsicht der Stefan Pan recht gut, der immer wieder betont, wir HABEN die Mittel und die Fähigkeiten, (auch) auf staatlicher Ebene etwas zum Positiven zu bewirken. Wollen muss man halt, denke ich, und nicht immer denken, wir gehören da nicht dazu, wir wollen da weg, das geht uns alles nichts an...) "

Na dann wünsche ich Herrn Pan und allen anderen Träumern mal viel Glück, und gutes Gelingen beim "Bewirken von Positivem". Ach übrigens, was wäre denn für Herrn Pan positiv? Dass seine Lobbykollegen weniger Steuern zahlen?
Oder doch eher, dass meine Mutter mit 87 Jahren in einer Apotheke in Bozen einen deutschen Beipackzettel für ihr neues Medikament bekommt?

Do., 24.07.2014 - 17:25 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 17:53

Antwort auf von Manfred Gasser

Hallo Herr Gasser, mal ist's die Waschmaschine, heute das Medikament. Ich hatte bei der Waschmaschine schon vorgeschlagen, die Gebrauchsanweisungen in allen Sprachen im Netz zur Verfügung zu stellen (den Firmen sparen helfen, vielleicht schlägt sich das ja gar in den Produktpreisen nieder...) und ausdrucken, und kurz darauf gelesen, unsere Apotheken handhaben das exakt genau so, und das funktioniert sehr gut (sprach der Apotheker in der Dolomiten, habe damals an dich gedacht, hätt's dir gern gezeigt). Wollen muss man halt, gell? Steuern? Wüsste nicht, ob das in Deutschland Österreich und überhaupt der Welt irgendwo anders wäre? Da wirst du mit einem Zwergstaat Südtirol aber auch wenig ausrichten. Über den Herrn Pan weiß ist sonst nichts, und über seine Lobbies noch weniger, aber diesen seinen Ansatz finde ich sehr interessant und ziemlich intelligent, und jedenfalls interessanter und intelligenter als die Ansätze derjeniger, die sich an die Ecke stellen und rumplärren, das hier geht nicht und jenes geht auch nicht und das dort noch weniger und für alles was nicht geht dieses ungeliebte Italien an den Haaren herbeiziehen. So, nichts für ungut.

Do., 24.07.2014 - 17:53 Permalink
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Harald Knoflach Fr., 25.07.2014 - 21:40

Antwort auf von Sylvia Rier

@ silvia:
"bezüglich der sichtbarkeit der frauen in den papieren der landesverwaltung sind wir auf einem guten weg", bestätigt landeshauptmann arno kompatscher. zwar sind alle formulare nach wie vor nur mit männlichen bezeichnungen verfügbar, aber auf wunsch bekommen frauen eine bestätigung ausgedruckt, dass sie mitgemeint sind. "andere ämter handhaben das so, dass frauen ein binnen-i ausgedruckt bekommen, das sie dann über die entsprechende form kleben können," erklärt der leiter des amtes für chancengleicheit. die frauen müssten halt nur ein bisschen wollen. dann ginge das schon. der gleichberechtigung sei damit wohl genüge getan, heißt es aus der landesregierung.

p.s.: gebrauchsanweisungen gibt es schon längst die meisten bei den jeweiligen firmen im netz zum download. bei elektrogeräten ist das auch sinnvoll. sind ja anständige wälzer. das einsparungspotential bei beipackszetteln ist nicht so groß. außerdem möchte ich, wenn ich krank bin, mich nicht auch noch mit 39 grad fieber zum computer setzen müssen, um mir den beipackzettel zu suchen.

Fr., 25.07.2014 - 21:40 Permalink
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Sylvia Rier Fr., 25.07.2014 - 22:14

Antwort auf von Harald Knoflach

Wie meinst du das jetzt? Geht's auch dir ums Prinzip? Weil diesen Kommentar hättest du dir ersparen können, Harald, wenn du a) aufmerksam lesen würdest und b) hin und wieder in die Dolomiten schautest (ich tu's ganz selten, und doch, da schau an, stieß ich bei einem dieser seltenen Besuche auf einen Artikel, in dem auf deutsch und sehr klar, sogar ich hab's verstanden (Manfred...) beschrieben wird, dass die Südtiroler Apotheken diese Praxis, also die Apotheke druckt die Beipackzettel in der gewünschten/benötigten Sprache aus, schon seit mehreren Jahren anwenden, und dass das einwandfrei funktioniert.+++++++++++++++++++ Schau, was ich für dich gefunden habe: "(...) Der deutsche Beipackzettel muss demnach nicht in der Packung zu finden sein, sondern kann in der Apotheke ausgedruckt und mitgegeben werden. (...) sind damit zwischen 93 und 97 Prozent aller Medikamente abgedeckt, die im Handel sind. Das Ausdrucken (...) ist für den Kunden kostenlos. Hilfe (...) kam (...) von der EU: Immer mehr Arzneimittel werden inzwischen nicht mehr in Italien, sondern auf Ebene der EU zugelassen. Diese schreibt vor, dass die Produktinformationen in allen offiziellen Sprachen der EU verfügbar sein müssen, schreibt das Tagblatt Dolomiten."+++++++++ Gell, derweil wir hier über Abspaltung sinnieren, weil die Beipackzettel nicht, wie es unser Recht ist, schön gefaltet in der Schachtel daherkommen, hat die EU, die schwerfällige, mirnichtsdirnichts Fakten geschaffen bzw. das Problem: aus der Welt geschafft. Interessant allenfalls, dass wir das nicht mitbekommen (wollen). Aber darüber denke ich dann ein anderes Mal nach.
Medikamente abgedeckt, die im Handel sind. Das Ausdrucken des Beipackzettels ist für den Kunden kostenlos.

Hilfe bei der Lösung des Beipack-Problems kam übrigens auch von der EU. Immer mehr Arzneimittel werden inzwischen nicht mehr in Italien, sondern auf Ebene der Europäischen Union zugelassen; diese schreibt vor, dass die Produktinformationen in allen offiziellen Sprachen der EU verfügbar sein müssen, schreibt das Tagblatt Dolomiten.

ist für den Kunden kostenlos.

Hilfe bei der Lösung des Beipack-Problems kam übrigens auch von der EU. Immer mehr Arzneimittel werden inzwischen nicht mehr in Italien, sondern auf Ebene der Europäischen Union zugelassen; diese schreibt vor, dass die Produktinformationen in allen offiziellen Sprachen der EU verfügbar sein müssen, schreibt das Tagblatt Dolomiten.
Das Ausdrucken des Beipackzettels ist für den Kunden kostenlos.

Hilfe bei der Lösung des Beipack-Problems kam übrigens auch von der EU. Immer mehr Arzneimittel werden inzwischen nicht mehr in Italien, sondern auf Ebene der Europäischen Union zugelassen; diese schreibt vor, dass die Produktinformationen in allen offiziellen Sprachen der EU verfügbar sein müssen, schreibt das Tagblatt Dolomiten.

"Das Prinzip des Gebrauchs der Muttersprache muss auch in den ladinischen Ortschaften des Landes berücksichtigt werden. In diesen haben die Käufer von Medikamenten das Recht, von den Konzessionsunternehmen mündliche Auskünfte in Ladinisch zu erhalten", so der Abgeordnete Walter Blaas.

Fr., 25.07.2014 - 22:14 Permalink
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Harald Knoflach Fr., 25.07.2014 - 22:32

Antwort auf von Sylvia Rier

checkst du das jetzt echt nicht, oder willst du mich pflanzen?
es geht um ein prinzip. so wie es dir bei frauenangelegenheiten - mitunter zurecht - auch ums prinzip geht. eine situation, in der etwas die norm und das andere die ausnahme ist, ist keine gleichberechtigung bzw. nicht einmal gleichbehandlung. mit ein bisschen wollen, könnten sich ja auch die frauen beim generischen maskulinum mitgemeint fühlen. oder wäre das so schwierig. das ist genau deine argumentationslinie in obiger diskussion. ich wette, dass du das aber bei der gendergerechten sprache - mitunter zurecht - nicht so siehst.
p.s. der mit "wenn du hin und wieder in die dolomiten schautest" war gut!!! :-)

Fr., 25.07.2014 - 22:32 Permalink
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Sylvia Rier Fr., 25.07.2014 - 23:15

Antwort auf von Harald Knoflach

was redest du da? die norm ist, dass in ganz Europa Apotheken verpflichtet sind ("die EU schreibt vor", noch mehr Norm geht wohl kaum?!), die erklärenden Beipackzettel in allen offiziellen EU-Sprachen vorzuhalten und kostenlos auszudrucken. Was ist daran so schwer zu verstehen? verstehe ich nicht, echt nicht. ************** falsch. es geht mir nie ums Prinzip. Ich versuche, vernünftig zu sein, und halte es überdies sehr mit einem Bekannten, der kürzlich den klugen Satz tat (es ging darum, was den Menschen vom Tier unterscheidet): "Tiere haben keine Prinzipien. Das macht sie so sympathisch."

Fr., 25.07.2014 - 23:15 Permalink
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pérvasion Sa., 26.07.2014 - 07:15

Antwort auf von Sylvia Rier

»was redest du da? die norm ist, dass in ganz Europa Apotheken verpflichtet sind ("die EU schreibt vor", noch mehr Norm geht wohl kaum?!), die erklärenden Beipackzettel in allen offiziellen EU-Sprachen vorzuhalten und kostenlos auszudrucken.«
Da hast du was falsch verstanden. Geh mal morgen in die Apotheke und bitte um einen Zettel* auf Finnisch. (*von Beipack- kann wohl nicht die Rede sein.)

Sa., 26.07.2014 - 07:15 Permalink
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Sylvia Rier Sa., 26.07.2014 - 08:08

Antwort auf von pérvasion

Warum sollte ich? Bin ich Finnin? Wenn ich allerdings eine solche wäre, dann könnte ich mithilfe dieser EU-Verordnung darauf bestehen, dass mir die Apothekerin die Erklärung für das benötigte Präparat in Finnisch besorgt. Ob das intelligent wäre, weiß ich nicht. **************** Oh? Darum geht's also :-) Um das wörtliche "Beipack-". Soviel Prinzipienreiterei hätte ich mir nun wahrhaftig nicht erwartet (wenn es wirklich nur noch darum geht, auf die Einhaltung völlig belangloser Nebensächlichkeiten zu pochen, dann sind unsere Probleme vermutlich nicht sehr groß. Ich freue mich, das zu hören.)

Sa., 26.07.2014 - 08:08 Permalink
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pérvasion Sa., 26.07.2014 - 08:29

Antwort auf von Sylvia Rier

»Warum sollte ich? Bin ich Finnin? Wenn ich allerdings eine solche wäre, dann könnte ich mithilfe dieser EU-Verordnung darauf bestehen, dass mir die Apothekerin die Erklärung für das benötigte Präparat in Finnisch besorgt.« Nein, könntest du nicht. Eben darauf wollte ich hinweisen.

Sa., 26.07.2014 - 08:29 Permalink
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Sylvia Rier Sa., 26.07.2014 - 09:01

Antwort auf von pérvasion

Wenn du meinst - aber: Jetzt gehn wir doch ein bissl arg weit weg von der Realität. Ich denke nicht wirklich, dass es einer auch nur halbwegs vernünftigen finnischen Bürgerin einfallen würde, im tiefsten Südtirol nach einer finnischen Beschreibung der Wirkungen und Nebenwirkungen ihres medizinischen Präparates zu verlangen. Genauso wie's vermutlich (hoffentlich!) dir nicht einfallen würde, im tiefsten Finnland oder auch nur Frankreich nach einem (der Einfachheit halber, mach dich aber jetzt daran nicht fest, bitte, sonst nimmt das nie ein Ende) "Beipack-"Zettel in deutscher Sprache zu verlangen. Aber sag mir vielmehr (zurück in die Realität, die, die von Interesse ist für uns): Kann deiner Meinung und Erfahrung und deinem Wissen nach Manfred für seine Mutter in der Apotheke in Bozen nach dem kostenlosen Ausdruck eines deutschen "Beipack"-Zettels fragen, und kann er davon ausgehen, dass er ihn umstandslos ausgehändigt bekommt?

Sa., 26.07.2014 - 09:01 Permalink
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Sylvia Rier Sa., 26.07.2014 - 14:57

Antwort auf von Sylvia Rier

Bevor du mich noch falsch verstehst: In diesem Falle dachte ich an dich als Tourist, und an mich bzw. die Finnin auch. Schon klar, oder? Wenn ich allerdings länger in Finnland weilen sollte, dann allerdings wäre es schon gut, wenn ich die Medikamentenbeschreibung in meiner Sprache bekommen könnte. Aber in dem Falle würde ich das wohl auch, und dafür ist die Maßnahme wohl auch gedacht, und nicht für Touristen. Aber bei nächster Gelegenheit frage ich mal unseren Dorfapotheker, was er zur Sache sagen kann. Auf deine Antwort auf meine Frage wie oben warte ich nichtsdestotrotz gerne und gespannt :-)

Sa., 26.07.2014 - 14:57 Permalink
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Harald Knoflach Do., 24.07.2014 - 20:01

Antwort auf von Sylvia Rier

1. ja, da kannst du recht haben, dass cameron das aus kalkül macht. aber dennoch ist ein demokratischer wettstreit der ideen immer (!!!) einer diktatorischen lösung vorzuziehen.
5. gandhi würde sich höchstens im grabe umdrehen, weil ich trottel seinen namen falsch geschrieben haben, nicht aber, wenn man ihn in die nähe von sezessionismus rückt. selbstbestimmung war gandhis credo. und schlussendlich hat er ja sein ziel erreicht.
du zitierst journalistische interpretationen. gleiche diese interpretationen ab mit dem, was die yes-scotland befürworter sagen (http://www.referendum.scot/reports/scotlands-future-your-guide-to-an-in… oder http://www.scottishgreens.org.uk/independence/ oder http://www.snp.org/vision/better-scotland/independence)
mein hypothetisches beispiel hast du überhaupt nicht verstanden.
ebenfalls hast du die autonomielage nicht verstanden. man kann bei gott nicht sagen, dass südtirols autonomie in jedem falle weitreichender ist als die schottlands und kataloniens. in gesellschaftlichen bereichen ist die katalanische autonomie der südtiroler um lichtjahre voraus (verbraucherschutz usw.). worum katalonien vor allem kämpft ist die finanzautonomie um die es in letzter zeit in südtirol auch nicht mehr gut bestellt ist. in schottland ist es ähnlich. auch die haben viele zuständigkeiten, über die südtirol nicht verfügt. im unterschied zu südtirol schließen sich in katalonien und schottland die forderung nach unabhängigkeit und die forderung nach einem ausbau der autonomie nicht aus.

Do., 24.07.2014 - 20:01 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 21:07

Antwort auf von Harald Knoflach

1. ja. bloß wenn der Wettstreit der Ideen von Nationalismen, Ressentiments, Patriotismen etc. etc. verfälscht bis beherrscht wird, wird's ungemütlich und dann ist's eigentlich vorbei mit "Wettstreit" und "Ideen". Zwischen zwei Möglichkeiten abzuwägen und sich für die zu entscheiden, die im Moment und unter Berücksichtigung der Fakten- und Datenlage als die bessere erscheint für das allgemeine Wohl der Allgemeinheit, ist nicht diktatorisch - man heißt's allgemein "Verantwortung übernehmen". Bloß weil die Mehrheit Krieg will, ist's noch nicht demokratisch, wenn du ihn machst. 5. Selbstbestimmung ist nicht gleich Selbstbestimmung.++++++++++++++ Ja, ich zitiere journalistische Interpretationen, und gehe davon aus, dass sie im Zweifelsfalle neutraler sind als die Sager der jeweiligen Promotoren.++++++++++++ Wenn du willst, dass ich dich verstehe, musst du so reden, dass ich es tue. wenn du magst und zeit hast und lust, erklär's mir. aber wenn du nicht magst, nehme ich's dir nicht übel.++++++++++++"Mas war nie zu 100 Prozent für die Unabhängigkeit", sagt die katalonische Journalistin Terés." "Doch es gibt auch Kompromisse, die ein Referendum verhindern könnten. Möglich wären neue Verhandlungen über weitergehende Autonomierechte für Katalonien. Historisch bedingt müssen das Baskenland und die Region Navarra keine Steuern an Madrid abführen und auch nichts in den Finanzausgleich zwischen ärmeren und reicheren Provinzen einzahlen. Für Katalonien gilt das nicht, es fühlt sich deshalb benachteiligt." "Manche sagen: Katalonien droht nur mit Unabhängigkeit, um für sich später finanzielle Vorteile herauszuschlagen", sagt Vallespín. (Zitatende). Insgesamt scheinen mir halt die Motivatoren für die Abspaltungswilligen hier wie dort nicht unbedingt "höherstehende Ziele", obwohl, es hängt wahrscheinlich davon ab, was man verstehen will, unter "höherstehend".

Do., 24.07.2014 - 21:07 Permalink
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Klaus Hartmann Do., 24.07.2014 - 14:46

Ob eine Europaregion ein eigener Staat werden kann hätte Kompatscher natürlich mit NEIN beantworten müssen. Vorausgesetzt die im Artikel wiedergegebene Antwort auf die Frage der Schüler entspricht der Wahrheit, kann Kompatscher diesbezüglich zumindest politische Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.
Die Idee der Europaregionen (1958 wurde die erste gegründet und eine Liste der bestehenden Europaregionen gibts auf Wikipedia) war eine andere. Was sollte an der Vision eines "Europa der Regionen" falsch sein? Was sollte an einer Überwindung der Nationalstaaten falsch sein, wo doch die schrecklichsten Kriege in Europa eben von diesen angestachelt und geführt wurden? Was sollte schlecht an einer Stärkung der Regionen und somit an einer größeren und direkteren politischen Beteiligung der Bürger sein?
Zur Sinnhaftigkeit eines Europa der Nationalstaaten und zur derzeitigen politischen Verhinderung eines Europa der Regionen finde ich den folgenden Artikel recht interessant:
http://www.zeit.de/politik/2011-09/europa-krise-menasse
(Menasse war übrigens Anfang Juli auf Schloss Prösels zur Europa-Tagung als Referent eingeladen)

Do., 24.07.2014 - 14:46 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 17:36

Antwort auf von Klaus Hartmann

Nichts kann falsch sein an einem "Europa der Regionen" - ich zumal wüsste nicht, was. Wenn aber diese Regionen - oder zumindest die Europaregion Tirol - dazu dienen soll, "das alte Tirol" quasi durch die Hintertür (doch, wieder) herzustellen, und dazu, alte Ressentiments zu bedienen und alte Nationalismen am Leben zu erhalten, dann ist das - meine bescheidene Meinung - kein guter Weg. Allein die Tatsache, dass diese Kinder (!) diese Frage stellten, zeigt doch sehr schön. welcher Geist diese Euregio durchweht? Und dass der LH nicht ganz klar "nein" antwortet, und dass das auch nicht ihr Sinn sei, gibt mir auch zu denken. Gar nicht zu reden davon, dass es (so scheint es mir) insbesondere die abspaltungsorientierten/freistaatträumenden politischen und anderen Richtungen sind, die sie loben und befürworten. Das Buch von Menasse habe ich mir übrigens just heute bestellt, weil ich aus dem, was ich von Prösels über ihn erfuhr, nicht den Befürworter von Sezession und (neuen) europäischen Kleinstaaten heraus hörte.

Do., 24.07.2014 - 17:36 Permalink
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Benno Kusstatscher Do., 24.07.2014 - 19:10

Antwort auf von Sylvia Rier

Silvia, was uns Menasse auf Prösels vorgeworfen hat, ist Phantasielosigkeit. Verbeiß Dich nicht in Begriffe, ob jetzt Region, Staat, Euregio, Makroregion. Das sind alles nur Begriffe, deren Bedeutung nicht in alle Ewigkeit in Stein gemeißelt sind. Bevor jemenschd den Kompatscher kritisiert, sollte mensch sich fragen, was denn der Begriff "Staat" alles bedeuten könnte und sich gegebenfalls der eigenen Phantasielosigkeit schämen, wenn dabei nur brachial sezessionistische Konstrukte herauskommen. Dass wir mit alten Mustern nicht weiter kommen, ist hoffentlich allen bewusst.

Do., 24.07.2014 - 19:10 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 20:23

Antwort auf von Benno Kusstatscher

das glaube ich gern, Benno, dass er uns fantasielosigkeit vorwirft, da hat er auch ganz sicher recht. mann kann's aber, davon abgesehen, auch übertreiben mit dem wohlwollen und der rosaroten brille und der phantasie bzw. der Auslegung von Menasse's aussagen. denn wenn ich mich ein bisschen bemühe, dann kann ich aus jedem "nein" durchaus auch ein "ja" heraushören, und umgekehrt. fakt ist aber: wenn heute Kinder fragen, ob die Euregio ein Staat werden könnte, dann ist Staat ein solcher im heutigen Verständnis. und wenn Kompatscher vage bis zustimmend antwortet, dann muss ich das so lesen, wie es heute von der Mehrheit verstanden wird. alles andere ist bis auf weiteres schlicht sinnlos.

Do., 24.07.2014 - 20:23 Permalink
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Benno Kusstatscher Do., 24.07.2014 - 23:16

Antwort auf von Sylvia Rier

Natürlich bietet sich Menasse geradezu an, vor den Karren der jeweiligen Interessen gespannt zu werden. Das ist aber legitim. Schließlich sind seine Thesen nicht als unumstößliches 11. Gebot, sondern als Denkanstöße zu verstehen, die erst in der Pluralität und in der prinzipiellen Bereitschaft zu Selbstzweifeln sich zu neuen Ansätzen entwickeln können.

Was denn 11-14jährige unter Staat verstehen, entzieht sich meiner Kenntnis. Ob ein kriegsführendes Israel oder ein durch einschlägiges Bashing karikaturisiertes Italien dem entspricht, oder ob die Kids zum 100jährigen des großen Krieges gerade die Nationenbildung in der Schule gelernt hatten? Weißt Du's?

Do., 24.07.2014 - 23:16 Permalink
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Klaus Hartmann Do., 24.07.2014 - 21:14

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Dass diese Begriffe allesamt keine Antworten auf die dringlichsten Fragen unser Spezies sind ist sicherlich wahr. Dass wir den nächsten politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungsschritt in Europa aber mit bloßer Phantasie bewerkstelligen können, glaube ich nicht.
Ich glaube vielmehr, dass wir uns dieser Begriffe und der verschiedenen Bedeutungen mit denen Menschen diese verbinden, annehmen müssen. Wir müssen lernen zu verstehen.
Es gibt nun mal brachial sezessionistischen Konstrukte. Welches sind aber die Bedürfnisse jener Menschen die in solchen Konstrukten eine Antwort zu finden hoffen. Eines der Bedürfnisse könnte der meines Erachtens legitime Anspruch auf kulturelle Integrität und Identität sein.
Wie können wir diesen Reichtum Europas an kulturellen Identitäten bewahren und in eine „europäische Kultur“ integrieren? Und wie könnte eine solche aussehen?
Vielleicht hören wir dann endlich auf uns ständig über das zu definieren was uns vom Anderen unterscheidet und lernen Uns, den Anderen und unser Gemeinsames als Reichtum zu empfinden.

Do., 24.07.2014 - 21:14 Permalink
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Sylvia Rier Do., 24.07.2014 - 21:39

Antwort auf von Klaus Hartmann

Schöne Frage/n. Und bestimmt sehr spannend, daran zu arbeiten - sehr viel spannender und glücksverheißender als Sezessions- und Abspaltungs- und Eingrenzungsfantasien. Wäre ja vielleicht auch mal ein Thema für unsere landesregierenden, und etwas gründlichst Positives, das von unserer Mehrfach-Kultur-Gesellschaft ausgehen könnte. Danke dafür.

Do., 24.07.2014 - 21:39 Permalink
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Benno Kusstatscher Do., 24.07.2014 - 23:27

Antwort auf von Klaus Hartmann

Auf den ersten Blick finde ich das sehr schön formuliert. Danke! Auf den zweiten orte ich aber einen Widerspruch. Nach dem zweiten Weltkrieg war es bestimmt kein vordergründiges Bedürfnis der Menschen die deutsch-französische Freundschaft zu begehen. Das vereinte Europa hätte es wohl nie gegeben. Wahrscheinlich würde es derart heute gleich nach der Währungsunion versenkt. Auch eine Euregio würde wohl nur in ihrer restaurativen Alttirol-Version als Bedürfnis artikuliert werden. Bedürfnisse orientieren sich eben meist an Altbekanntem. Ohne Phantasie kann man daraus wohl nicht ausbrechen.

Do., 24.07.2014 - 23:27 Permalink
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Klaus Hartmann Fr., 25.07.2014 - 08:47

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Ich denke dass wir unterscheiden müssen zwischen den Grundbedürfnissen des Menschen und ihrer jeweiligen Befriedigung.
Erich Fromm, Maslow, Klaus Grawe und viele andere sahen die Grundbedürfnisse des Menschen als nicht verhandelbare Merkmale aller menschlichen Wesen. Die Kenntnis um diese Grundbedürfnisse (physiologische Grundbedürfnisse, das Bedürfnis nach Sicherheit, das Bedürfnis nach sozialen Beziehungen und nach Wertschätzung, das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, Ausdruck, Wachstum usw.) kann uns als Individuen und als Gesellschaft eine bewusstere Gestaltung unserer Umwelt, unserer sozio-ökonomischen Realität, unserer Beziehung zum Anderen und somit auch unserer Bedürfnisbefriedigungsmöglichkeiten erlauben.
Es geht darum Krankheitssymptome der Gesellschaft und ihrer Individuen als das wahrzunehmen was sie sind – Ausdruck eines gestörten Austausches - sei dieser nun materieller, emotionaler oder geistiger Natur. Vielleicht kann uns ein solches Bewusstsein freier machen und uns eine Abkehr vom "Altbekannten" ermöglichen.
Erich Fromm: „Gesellschaft und Individuum stehen sich nicht gegenüber; vielmehr spiegelt der Einzelne durch sein Verhalten die gesellschaftlichen Bedingungen“

Fr., 25.07.2014 - 08:47 Permalink
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Klaus Hartmann Fr., 25.07.2014 - 09:26

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Das war schon alles recht konkret gemeint. Konkrete Fragen und eine konkrete Aufforderung zur Selbstreflektion und zum Perspektivenwechsel. Die Antwort kann ich allerdings nicht liefern – außer ich bediene mich jener Klischees die mir vertraut sind. Vielleicht könnte eine mögliche Antwort aber aus einer solchen, oder ähnlichen Fragestellung heraus entstehen.

Fr., 25.07.2014 - 09:26 Permalink
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Sylvia Rier Fr., 25.07.2014 - 12:34

In der aktuellen Zeit gibt's wieder einen schönen Erste-Reihe-Stimmungsbericht aus Schottland (leider noch nicht freigeschaltet): "Tschüs Majestät". Sehr lesenswert.

Fr., 25.07.2014 - 12:34 Permalink