Politik | Griechenland

Hart auf hart

Schlagabtausch zwischen dem deutschen Finanzminister Schäuble und dem wahrscheinlichen Wahlsieger von morgen Alexis Tsipras. Er will die Troika zum Teufel jagen.

Dass er in der Endphase des griechischen Parlamentswahlkampfs etwas zahmer geworden sei, hört der Chef der linken Syriza-Bewegung nicht gern. Im Gegenteil: Er hat in den letzten 48 Stunden alles getan, um den EU-Behörden, den Banken und Finanzmächtigen Europas einen richtigen Schrecken einzujagen. Sollte er morgen die Wahlen gewinnen, so werde er die Verträge zwischen seinem konservativen Vorgänger Samaras und der Troika nicht anerkennen, beziehungsweise auch nicht einhalten. Griechenland fühle sich an die EU-Charta gebunden, nicht aber an die Austeritätspolitik, die in keinem europäischen Vertrag festgeschrieben sei, sagte Tsipras bei der Pressekonferenz in Athen. 

Ein deutlicher Bruch mit der Vergangenheit zeichnet sich ab. Erstens in der politischen Ausrichtung der Regierung, zweitens im Verhältnis zur EU-Kommission und drittens in der Wirtschaftspolitik des nächsten Athener Kabinetts, das von der Austerität abrücken wird.  Die unmissverständlchen Ankündigungen von Alexis Tsipras zielen darauf ab, die bereits zweifelnden Linkswähler bei der Stange zu halten. Sie verdächtigen den Syriza-Chef schon  der Mauschelei mit den entscheidenden Machtgruppen : deshalb der harte Schlagabtausch mit Schäuble. 

Im Cafe-Restaurant Kolonaki-Tops in Athen, das ein wenig dem Cafe Landtmann in Wien gleicht, habe ich heute zu Mittag gegessen. Im Cafe sitzen die gutbürgerlichen Athener neben Künstlern, Intellektuellen und Politikern.  Alle redeten und streiteten über die bevorstehenden Wahlen. Meine griechische Freundin übersetzte mir, was sie an den Nebentischen zu hören bekam. Fast alle beklagten sich über die scheidende Regierung, die Troika, die Fehler der Vergangenheit und darüber, dass Griechenland der ewige Sündenbock und das Versuchskaninchen sei.

Was immer in Europa  nicht funktioniere, werde Griechenland angelastet - und nicht Italien, Frankreich oder Portugal.  Auch sei die neoliberale Tot-Spar-Politik zuerst in Griechenland ausprobiert worden - mit verheerenden Folgen.  Und schliesslich der Militärputsch im April 1967, bei dem die USA testen wollten, inwieweit eine kommunistische Machtübernahme in einem europäischen Land nach dem zweiten Weltkrieg  mit einer Junta verhindert werden könne.  Acht Jahre später befreiten sich die Griechen unter der Führung von PASOK-Chef Andreas Papandreu von der Militärdiktatur .  

Was ich noch zu hören bekam: es brauche einen radikalen Machtwechsel. Tsipras, wenn auch links, sei der einzige, der die Autorität habe, sich in Brüssel durchzusetzen. Auch sei er weder erpressbar, noch korrupt.  Die Politiker der Vergangenheit hätten sich von den starken EU-Staaten  und den in Brüssel dominierenden Wirtschaftslobbys  über den Tisch ziehen lassen.  Selbst Broker und " Finanzhaie" an der Athener Börse würden Tsipras wählen.  Vielleicht auch deshalb, weil Syriza fünf berühmte griechische Ökonomisten auf ihrer Seite hat.  

 Am letzten Tag der Wahlprognosen lag Tsipras mit 33,5  Prozent um sieben Punkte vor dem konservativen Antonis Samaras. Ob Syriza diesen Vorsprung ausbauen oder verringern wird, zeigt sich morgen, bei den Parlamentswahlen, die tatsächlich als " historisch" bezeichnet werden können.