Politik | Benko-Projekt

Abwesende Gemeinderäte

Wo sind Bozens Gemeindepolitiker, wenn in der Eurac Argumente gegen das wichtigste Projekt der Stadt vorgebracht werden?

Teil zwei der Bürgerdebatte zum Benko-Projekt am Busbahnhofsareal, hieß es am späten Freitag Nachmittag in der Bozner Eurac. Nach dem Schaulaufen der Befürworter im ersten Teil der Bürgerdebatte am 9. Jänner hatten gestern die kritischen Geister die Oberhand. „Uns ist es gelungen mehr als 20 Experten auf dem Gebiet nach Bozen zu bringen, die das Luftschloss der Investoren mit ihren falschen Versprechungen entzaubert haben“, triumphiert Rudi Rieder, Mitinitiator der öffentlichen Diskussion am Samstag in einem Facebook-Post. 19 Stellungnahmen seien am Freitag in der Eurac abgegeben worden – und keine einzige davon sei zugunsten des Benko-Projekts ausgefallen, so Rieder.

"Caro sindaco, vuoi la città più pulita d'Italia? Non sei credibile se fai piovere tutto quel traffico nel nuovo centro“, hielt da beispielsweise Pierluigi Gaianigo vom Wwf fest. Michael Schlauch, Experte für urbane Soziologie vom Verein “Smappamenti”, stellte die Zukunft von großen Einkaufstempeln genauso in Frage wie der Einkaufszentren-Kritiker Holger Pump-Uhlmann. Kritische Töne kamen auch vom in Stuttgart lebenden Bozner Stadtplaner Lorenz Brugger und klarerweise von der lokalen  Gegnerschaft: Ob Uil-Gewerkschafter Toni Serafini, der dazu aufrief im Kampf zwischen Benko-Freunden und Gegnern nicht wichtige städteplanerische Detailszu übersehen, oder dem kurz danach verunglücktem Kaufleute-Vertreter Dado Duzzi: „Verträgt unsere Stadt tatsächlich 180.000 Quadratmeter zusätzliche Handelsfläche“, fragt er unter Verweis auf die zahlreichen anderen Projekte.

Und die Stadtpolitik?

Fragen, denen sich nicht nur Bozens Stadtregierung, sondern auch der Gemeinderat der Stadt stellen muss, der laut derzeitigem Fahrplan im April über das städtebauliche Projekt abstimmen muss. Doch wer holte sich am Freitag die dafür notwendigen Inputs? Gerade einmal drei von insgesamt 50 GemeinderätInnen: Guido Margheri, Rudi Benedikter und Claudio Vedovelli. Eine Tatsache, die in der Eurac fast ebenso leidenschaftlich diskutiert wurde wie die Argumente des Abends selbst. Besser schnitt zumindest prozentuell die Stadtregierung ab: Sie war mit den Stadträtinnen Chiara Pasquali und Patrizia Trincanato sowie Stadtrat Luigi Gallo vertreten. „Interessantissima istruttoria sullo Shopping Center Bolzano - cominciamo a chiamare le cose col nome giusto! - ma ... i 50 consiglieri comunali dove erano?“, fragt sich heute die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa. Auch für Rudi Rieder war die karge Vertretung der Bozner Gemeindepolitik der Wehrmutstropfen des zweiten Teils der Debatte: "Schade, dass die GemeinderätInnen einmal mehr gezeigt haben, dass ihnen die Anliegen der BürgerInnen egal sind“, meint er.