Gesellschaft | Todesfall

"Beim Rennen hab ich versucht zu vergessen"

Annefleur Kalvenhaar, niederländische Mountainbikerin, ist am 24. August nach einem Rennunfall gestorben. Ihre Kollegin Anna Oberparleiter aus Olang war hautnah dabei.

Tragischer Tod einer jungen Mountainbikerin am Freitag, 22. August im französischen Méribel. Die Niederländerin Annefleur Kalvenhaar stürzt schwer, verstirbt einen Tag später. Anna Oberparleiter war dabei.

Anna, Sie fahren in der Mountainbike-Disziplin Cross Country mit und waren auch im französischen Méribel am Start?

Ja, am Freitag (22. August) in der Früh ist es für uns Damen mit der Qualifikation für die Cross Country Eliminator los gegangen. Um 8.15 hatten wir auch alle noch die Möglichkeit die Strecke genau anzuschauen. Eine Viertelstunde lang.

Sie konnten also die Rennstrecke für das Eliminator-Rennen genau anschauen?

Das ist immer so. Ich bin dann drei Minuten vor Annefleur gestartet. Alle zwanzig Sekunden startet jemand. Dann wurde das Rennen unterbrochen und wir dachten halt: Da wird schon jemand gefallen sein. Aber das passiert ja öfter. Dann ist aber der Rettungshubschrauber gekommen, und man hat sich zunächst nicht getraut sie aufzuheben.

„Ein MTB-Cross Country (CC) ist ein Einerwettbewerb über eine mehrfach zu fahrende gleiche Rundstrecke. Seit 1996 ist die Sportart olympisch.“

War der Unfallort denn eine gefährliche Stelle?

Gar nicht, da gibt es weit gefährlichere Passagen. Ich denke mir, dass die Abfahrt von der Brücke sie überrascht hat. Da ging es schon steil hinab. Wenn wir eine Strecke abfahren, dann ja nie mit der gleichen Geschwindigkeit wie wenn man sich dann qualifizieren will. Da ist man immer schneller.

Die Strecke blieb dann gesperrt?

Für anderthalb Stunden. Am Abend wurde aber das Rennen normal ausgetragen. Das Blut an der Unfallstelle wurde mit Kies abgedeckt. Und eine Schleife um die Stelle hingemacht, damit das gleich sichtbar ist.

Kann man denn nach so einem Vorfall noch normal weiterfahren?

Gleich haben wir ja nicht mitgekriegt, dass es so schlimm steht um die Annefleuer. Sie wurde ja nach Grenoble gebracht, ins gleiche Krankenhaus wo auch Schumacher behandelt wurde.

Sind die Cross-Country FahrerInnen ausreichend gesichert?

Wir tragen einen Helm, nicht mehr. Aber das ist schwierig zu sagen, ich kann ja auch aus dem Haus gehen und einen Unfall haben. Oder auf der Skipiste von jemanden niedergefahren werden und sterben. Aber ja, es ist das erste Mal, dass in diesem Sport jemand stirbt.

Die Betroffenheit ist groß, die Athletin, die für das deutsche Focus Team am Start war, verstarb am Samstag vormittag.

Ja, wir sind sehr betroffen. Wir hatten ja auch heute (Sonntag, 24. August) noch ein Rennen zu bestreiten. In der Disziplin Cross Country. Man spricht zwar über diesen Unfall, auch im Team, aber hat dennoch versucht sich nicht zu sehr hineinzusteigern. Um einfach konzentriert zu bleiben. Am Start trugen wir heute alle eine Blume auf der Startnummer, haben eine Minute geschwiegen. Und probiert zu vergessen.

Mit zwanzig Jahren verstorben: die Niederländerin Annefleur Kalvenhaar

Und das gelingt nur bedingt.

Natürlich. Die Ergebnisse in diesem Rennen sind auch zweitrangig. Im Sprintrennen bin ich 17. geworden.

Annefleur hast Du gekannt?

Nicht richtig gut, wir haben uns halt oft unterhalten. Aber klar – es nimmt uns alle mit. Sie ist zwanzig und da denkt man schon kurz nach: Riskiere ich zu viel? Aber sein kann immer etwas, absolute Sicherheit gibt es nicht.

Jetzt geht es aber erst mal heim nach Olang?

Ja, darüber bin ich froh. Gerade (Sonntag abend, 24. August) sind wir im Sportbus unterwegs. Von diesem Ort weg zu kommen, das brauch ich jetzt. Wo dieses Thema alles beherrschend war, wo jeder Bescheid weiß, jeder sie gekannt hat. Ja, das nimmt einen schon mit.