Gesellschaft | Doping

Die Doping-Mafia

"Wir werden die Doping-Gesetze strenger anwenden", sagt Staatsanwalt Guido Rispoli. Damit wolle man das Netz an Lügen und falschverstandenem Schweigen zerstören.

Der Dopingfall des Gehers Alex Schwazer mutet mittlerweile wie die Spitze eines Eisbergs an,  ein Netz von Wissen und Wegschauen, welches das System "Doping" im Sport zu einem Kavaliersdelikt gemacht hat. Wenn jeder mitmacht, dann kann es so falsch nicht sein. Und mitgemacht, oder zumindest davon gewusst, haben viel mehr Personen als anfänglich geglaubt, ist die Meinung von Staatsanwalt Guido Rispoli. Er untersucht gemeinsam mit dem Kollegen Giancarlo Bramante den Fall Schwazer bzw. die mittlerweile wegen Begünstigung ins Untersuchungsregister eingetragenen Ärzte Pierluigi Fiorella und  Giuseppe Fischietto sowie die Sportfunktionärin Rita Bottiglieri.

"Das wird von jetzt an unsere Gangart sein," erklärt Guido Rispoli in einem Interview der Tageszeitung Alto Adige. "Wir werden viel härter durchgreifen und von nun an auch jene Personen ins Visier nehmen, die behaupten, sie hätten nie etwas gemerkt oder gewusst von den Doping-Praktiken ihrer Sportler." Besonderes Augenmerk werden jenen gelten, die eigentlich eine Schutzfunktion ausüben müssten, wie den Sportmedizinern, den Trainern und den Funktionären, die unmittelbar mit den ihnen anvertrauten Sportlern zu tun haben, so Rispoli.
"Es kann mir keiner glaubhaft nachweisen, dass ein Sportmediziner, der seinen Schützling regelmäßig sieht, untersucht und kennt, nicht erkennen kann, dass Doping im Spiel ist?" Guido Rispoli ist empört, das ganze System basiere auf einer Art "omertà", einem mehr oder weniger bewussten Schweigen und Nicht-Wissen-wollen im Leistungssport.

Dass ein Athlet Höchsleistungen erzielt, liegt im Interesse der Trainer, der Sponsoren, der Funktionäre, der Mediziner, kurz, aller ihn umgebenden Personen. Das führe zwangsläufig zu einem enormen Druck, der durch die Abkürzung übers Doping schnell einmal abgelassen werden kann. Wie im Falle von Alex Schwazer, der mit seinem Geständnis "Ja, ich habe gedopt" seine Sportkarriere und sein Leben aufs Spiel setzte, und der lange Zeit beteuerte, keine Mitwisser gehabt zu haben. Unter diesen und ähnlichen Fällen leiden nicht nur der Sport und sein hochangesehenes "fair play", sondern letztendlich die Gesundheit der Sportler selbst. Rispoli zitiert im Interview den Fall eines Meraner Sportstudios, den er vor etlichen Jahren auf seinem Schreibtisch hatte: "Vor kurzem habe ich erfahren, dass zwei der damals involvierten Sportler an Tumorkrankheiten verstorben sind." 

Weniger Doping, oder idealerweise kein Doping, bedeutet auch weniger Leistung im Leistungssport. Guido Rispoli will sich dafür einsetzen.