Gesellschaft | Reform

„Gespart werden kann überall“

Nächste Runde zur Rettung der Kleinspitäler: Am Donnerstag wird vor dem Landtag protestiert, davor trudeln erste Gegenvorschläge zur Reform ein. Zum Beispiel vom ASGB.

Auf Facebook und über Sms wird in diesen Stunden und Tagen für die nächste Kundgebung gegen die Schließung der Kleinspitäler am Bozner Landhausplatz mobilisiert. Gleichzeitig dringen nun auch zunehmend  die Vorschläge durch, wie die Krankenhäuser und Bediensteten selbst sparen und damit gleichzeitig eine Schließung von Spitälern verhindern würden. Dass Martha Stockers Reformvorschläge letztendlich darauf hinaus laufen würden, wird in einem Papier des Sanitätsbetriebs Brixen am Beispiel des Krankenhauses Sterzing klargemacht. „Das Krankenhaus Sterzing würde den ausgeübten landesweiten Versorgungsauftrag für die nicht tagesklinischen/chirurgischen Patienten verlieren. Allein in der Chirurgie könnten bis zu 1500 Patienten pro Jahr nicht mehr behandelt werden“, heißt es etwa in dem am Dienstag von der Südtiroler Tageszeitung veröffentlichten Papier. Und: „Diese neue, von der Landesrätin angedachte organisatorische Form des Krankenhauses Sterzing entspricht somit bestenfalls einem Gesundheitszentrum.“

Wie eine solche Aushöhlung der Peripherie verhindert werden kann, hat sich auch der ASGB überlegt. In einem sechsseitigen offenen Brief an Landesrätin Martha Stocker haben die Gewerkschafter eine Menge an Vorschlägen zusammengetragen, die von den Sanitätsbediensteten selbst aufgrund ihrer Erfahrung im Betrieb gemacht wurden. Die Einsichten, die der Gewerkschaftsbund nicht zuletzt bei seiner Tour durch die Bezirke gewonnen hat: Sparpotential gibt es an allen Ecken und Enden. Besonders breiten Raum nehmen in dem Brief die Vorschläge zur Verwaltungsreform ein. Ganz im Sinne der Landesrätin wird dabei zuallererst ein neues Organigramm mit genauer Aufgabenbeschreibung aller Führungspositionen verlangt. „Wir waren immer wieder überrascht, welch unterschiedliche Standards und Verfahren es auch sieben Jahre nach der Schaffung eines einheitlichen Betriebs noch immer in den einzelnen Bezirken gibt“, sagt Vorsitzender Tony Tschenett.

Säumige Ticketzahler

Als eines der vielen kleinen praktischen Beispiele, bei denen in Südtirols Sanität insgesamt viel Geld verloren geht, nannte die stellvertretende Obfrau des ASGB-Gesundheitsdienstes Maria Elisabeth Riedel die Ticketeinhebung. Alleine die offenen Außenstände würden einen nicht unwesentlichen finanziellen Betrag hereinbringen, erklärte sie. Denn die Praxis die Tickets nicht gleich zu zahlen, und danach darauf zu „vergessen“ sei weit verbreitet, erklärten die ASGB-Vertreter. Eine Ahnung von deren Höhe gibt eine Berechnung des Sanitätsbetriebes Brixen: Auch dort wird unter anderem vorgeschlagen, bei der Ausstellung von Rechnungen Verwaltungsspesen zu verrechnen, um einen Anreiz für die sofortige Zahlung der Leistungen zu schaffen und den bürokratischen Aufwand zu decken. Immerhin kommt man allein im Gesundheitsbezirk Brixen auf 60.000 ausgestellte Rechnungen; landeweit seien es 200.000.

In Sachen klinische Reform bedauert Obmann Stefan Erschbamer, dass viele der „guten Vorschläge“, die vor zehn Jahren von der Kommission für die klinische Neuordnung ausgearbeitet wurden, nun über Bord geworfen werden. Vor allem eine stärkere krankenhausübergreifende Zusammenarbeit, wie sie mit den Departements nie ganz umgesetzt werden konnte, wäre im Sinne einer optimalen Versorgung. Beim ASGB fragt man sich aber auch, warum in den vergangenen Jahren über 30 Millionen Euro in bauliche Investitionen in Sterzing, Schlanders und Innichen investiert werden – und nun neue Investitionen in Brixen, Meran und Bruneck notwendig sind, um die Aufgaben der Kleinspitäler zu übernehmen. „Wir haben aber auch die Befürchtung, dass auch die Schwerpunktkrankenhäuser aufgrund der Zentralisierungstendenz der Reform langfristig immer unattraktiver werden und sich die gesamte Gesundheitsversorgung nach Bozen verlagert“, so Tony Tschnett.

Köpferollen an der Spitze

Sein Appell an Martha Stocker und die Landesregierung: Im Gegensatz zur bisherigen Praxis, solle das Ärztepersonal der Peripherie und die Allgemeinmediziner in die Planung und Umsetzung der Reform mit einbezogen werden. Oberste Priorität wird auch der Verabschiedung des Landesgesundheitsplans eingeräumt, der bereits seit über 12 Jahren verfallen sei. Erst wenn all diese Aufgaben gemacht und das bestehende Sparpotential ausgeschöpft sei, solle über eine Schließung von Spitälern diskutiert werden. Unausweichlich ist dabei laut dem Obmann der ASGB-Fachgewerkschaft Erschbamer auch die personelle Erneuerung im Sanitätsbetrieb selbst. Nach dem programmierten Rückzug von Generaldirektor Andreas Fabi solle die Politik nun genau hinschauen, wo die bisherigen Reformversuche an den Köpfen der Entscheidungsträger gescheitert seinen. „Man muss nun die Courage haben, alle jene Leute, die ihre Aufgaben nicht zur Zufriedenheit erfüllt haben, auszutauschen“, so Erschbamer.