Politik | Europa

Europäische Bruchlinien

"Grexit", Flüchtlingswellen und Krieg in der Ukraine: Der Blick auf das heutige Europa gibt Anlass zur Sorge. Die Zukunft war wohl lange nicht mehr so offen.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Nach dem Zusammenbruch des Sowjetkommunismus wähnte sich der Westen am „Ende der Geschichte“ angelangt. Die „beste aller Welten“ war endlich verwirklicht. Und dabei sollte es auch bleiben. Jede Veränderung würde nämlich nur das Erreichte in Frage stellen. Heute ist das alles längst nicht mehr so sicher. Statt Sicherheit erleben wir Ungewissheit und unzählige Fragen. Die Zukunft ist heute offen wie lange nicht mehr und verspricht spannend zu bleiben. 

Heute Griechenland – und wer morgen?

Mit Griechenland droht erstmals ein EU-Staat die Euro-Zone zu verlassen. Das alles wäre gar nicht so tragisch, hätten sich die führenden EU-Politiker nicht zum Ziel gesetzt, dass Griechenland „unter allen Umständen“ in der EURO-Zone bleiben soll. Alles andere wäre auch ein herber Rückschlag für die europäische Integration, die man – zumindest aus Sicht der EU-Eliten – als einen „unumkehrbaren“ Prozess erachtet. Inzwischen scheint das mit dem unbedingten Euro-Verbleib Griechenlands gar nicht mehr so sicher zu sein, der „unvorstellbare“ Austritt wird offen debattiert. Das Problem ist nur: Griechenlands Finanzminister Varoufakis hat recht, wenn er sagt: „Der Euro ist instabil wie ein Kartenhaus“. Und ein Austritt Griechenlands würde wohl auch Konsequenzen auf andere Krisenstaaten haben. Darunter Spanien oder den Stiefelstaat Italien. Südtirol gehört übrigens zu letzterem.

Flüchtlinge – und Terroristen?

In Atem halten Europa auch die Flüchtlingswellen. Dass das alles Kriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte sein sollen, darf man offen bezweifeln. Beweisen kann man es aber nicht. Das Gegenteil übrigens auch nicht. Also nimmt man aus europäischer Sicht großzügig alle auf. In einem vielbeachteten Interview mit der Zeitschrift Die Zeit unterstreicht der Oxford-Ökonom Paul Collier, dass laut Umfragen 40% der Einwohner ärmerer Länder ihre Zukunft in reicheren Ländern suchen möchten. Dass eine „Politik der offenen Tore“ dabei keine Lösung sein kann, weiß wohl nicht nur Collier. Collier unterstreicht dabei auch: „Wir müssten zuallererst dafür sorgen, dass die wirklich Bedürftigen kommen. Das geht nur, wenn wir das Asylverfahren dorthin verlagern, wo die Reise beginnt, also außerhalb Europas“. Das macht die europäische Politik natürlich nicht. Stattdessen wissen wir seit Neuestem, dass die Terrorgruppe ISIS gezielt Flüchtlingsboote infiltrieren will. Also neben Schlepperbanden organisieren künftig auch Terrorgruppen Flüchtlingsfahrten übers Mittelmeer. Die Politik in Europa ist natürlich nicht vorbereitet.

Krieg im Osten?

Und an den Grenzen der EU erreichen uns tagtäglich neue Kriegsmeldungen. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine betrifft natürlich auch Europa. Dass es da nicht nur um irgendwelche völkerrechtliche Maximen geht, wird sehr schnell schon klar – insofern man sich die geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen der USA in der Ukraine vergegenwärtigt, sowie das Drängen derselben gegenüber der EU, energisch gegen Russland vorzugehen. Die Ostukraine dürfte auch für Südtirol interessant sein. Nicht, weil ein italienischer Außenminister dort ankündigt, eine Autonomie nach Südtiroler Modell solle dazu beitragen, die „Grenzen zu wahren“. Sondern weil man an den Grenzen Europas der gesamten westlichen Welt vorexerziert, was eigentlich überall Gang und Gäbe sein sollte: Das Volk entscheidet, wo seine politische Zukunft liegen soll und nicht irgendwelche Polit- und Finanzeliten. Man kann Russland natürlich vieles vorwerfen. Dass es nicht legitim sein soll, dass eine Volksgruppe über seine staatliche Zukunft entscheidet, aber wohl eher nicht.

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luther blissett Fr., 27.02.2015 - 10:03

Ich verstehe nicht ganz was Demanega mit dem Beitrag sagen will: mehrere Fäden werden angezogen, aber nicht wirklich miteinander verknüpft, außer dass es nun "spannende Zeiten" werden, die Anlass zur Sorge geben. Zwischen Finanzkrise in GR, der Einwanderungsproblematik und der Krise in der Ukraine wird kein wirklicher Zusammenhang hergestellt. Südtirol hat halt irgendwie damit zu tun. Und die Zukunft ist offen. Nun ja.

Was mir auch auffällt: Demanega spricht von obsukuren Eliten in EU, Finanz und Politik. Aber plötzlich ist dann das "Volk" im Osten der Ukraine. Eine etwas willkürliche und nicht haltbare Unterscheidung zwischen "die da oben" und "jenen unten". Dazwischen gibts einige Abstufungen und Komplexitätsgrade.

Fr., 27.02.2015 - 10:03 Permalink
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Profil für Benutzer klemens hacht
klemens hacht Fr., 27.02.2015 - 10:33

wenn man die vorgänge in der ostukraine als vorbild für südtirol und sogar für den rest der welt sieht, dann ist das schon ein hammerhartes stück.

Fr., 27.02.2015 - 10:33 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Fr., 27.02.2015 - 11:00

Ein Panoramabild der freiheitlichen Sicht auf Europa und die Welt:
Flüchtlinge = Terroristen
Griechenland = Italien
Putin = nicht so schlecht wie alle immer sagen
Ich würde sagen besser wenn sich diese Leute um Dorfpolitik kümmern.

Fr., 27.02.2015 - 11:00 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Fr., 27.02.2015 - 18:08

Nein, so einfach ist es leider auch nicht. Man könnte ja über die Feinheiten diskutieren aber das Interesse an einer sachlichen Diskussion von Seiten einer Partei wie die ihre ist offensichtlich nicht vorhanden. Das wäre glatte Zeitverschwendung.
Einen schönen Abend noch.

Fr., 27.02.2015 - 18:08 Permalink
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klemens hacht Fr., 27.02.2015 - 18:30

stimmt genau: dass was in der ostukraine vor sich geht, passiert ohne irgendeine demokratische legitimation, trotzdem sehen sie dort irgendeine zukunft, irgendein vorbild, aber welches? ich sehe dort nur einen krieg. wo ist der positive südtirol-bezug, den sie hier bemühen?

Fr., 27.02.2015 - 18:30 Permalink
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klemens hacht Fr., 27.02.2015 - 18:53

die tage des südtiroler volksgruppenmodell sind sowieso gezählt. das konzept hat keine zukunft, ausser man verfeinert es irgendwann noch, indem man eigene sparten für zuwanderern, migranten, zweitwohnsitzler, mischgruppen aller art dazu erfindet, denn diese gruppen werden beträchtlich wachsen. ob man nun deutsch, italienisch oder ladinisch spricht, spielt keine rolle, wir teilen diesselbe europäische kultur und grundwerte. und das wort "ethnisch" ist sowieso höchst problematisch.

Fr., 27.02.2015 - 18:53 Permalink
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luther blissett Sa., 28.02.2015 - 15:29

Das stimmt wenn man demokratische Legitimation im Sinne direkter Demokratie (Stephan Lausch!) versteht. Wenn als "das Volk" bei "entscheidenden Fragen" abstimmen kann und man daraus die Legitimation ableitet. Defacto werden die Entscheidungen durch eine parlamentarische Demokratie legitimiert. Alle drei angesprochenen Bereiche (Griechenland, Flüchtlingsproblematik, Ukraine) werden durch Parlamente gelöst. Klassisches Beispiel ist hier Griechenland und die Wahl von Syriza. Einzige Ausnahme ist die Abstimmung in der Ukraine. Ok.

Jedoch kann das nicht der von Ihnen postulierte Zusammenhang sein.

Sa., 28.02.2015 - 15:29 Permalink
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Profil für Benutzer Alfonse Zanardi
Alfonse Zanardi Mo., 02.03.2015 - 00:06

Inhaltlich fang ich mir mit dem Beitrag nicht allzuviel an, aber gut finde ich daran dass in Salto damit auch mal eine Position entfernt von der üblichen Blattlinie zum Ausdruck kommt. Ich finde es echt öde wenn immer sonnenklar ist in welche Richtung ein Artikel gehen wird. In dem Sinne ist es zu empfehlen sich ab und an mal Argumente des politisch Andersdenkenden zu Gemüte zu führen. Demanega probiert in seinem Pseudoessay uns dies zu ermöglichen, immerhin.

Mo., 02.03.2015 - 00:06 Permalink