Gesellschaft | Wetter

Prognose: Unbeständig?

Schäden über eine Milliarde Euro. Ausbleibende Feriengäste. Böse Wettervorhersager. Die Turbulenzen an der Wetterfront scheinen (noch) anzuhalten.

Neben Krisen, Konflikten, Katastrophen gibt es im ganzen Land ein Thema, das die Menschen so fest wie schon lange nicht mehr beschäftigt: das Wetter. Genauer gesagt: das „schlechte“ Wetter. Sonnenverwöhnt sind Land und Leute hier, da kann man es kaum glauben, dass sich bisher kaum ein Sonnenstrahl zu uns verirrt hat.

Was der Regen so mit sich bringt

Überdurchschnittlich viel Regen hat es im Juli gegeben, begleitet von großen Temperaturstürzen. Und darf man den Prognosen des nationalen Bauernverbands Coldiretti glauben, zieht bereits eine neue Schlechtwetterfront heran. Man hat eine vorsichtige Schätzung der Schäden, die durch das anhaltende Schlechtwetter verursacht werden, gewagt.

Über eine Milliarde Euro würden demnach in Landwirtschaft und Tourismus verloren gehen und 500.000 vorwiegend saisonale Arbeitsplätze gefährdet sein.

Regen- und Hagelschäden führen zu Ernteausfällen, wärmeempfindliches Obst und Gemüse reift nicht und bleibt auf den Feldern liegen. Im Süden verzögert sich die Getreideernte, Schädlinge verursachen Probleme im Weinbau. Themen, die auch in Südtirol allgegenwärtig sind. Im Bus zur Arbeit, an der Bartheke, im Dorf-Supermarkt, überall kann man Gespräche über das Wetter belauschen. Häufiges Thema, keine Überraschung: der Regen, der das Mähen auf den bäuerlichen Wiesen unmöglich macht. In den Medien wird regelmäßig über Schädlingsbefall, Hagelschäden, und Wetterkapriolen berichtet.

Im Landeswetterdienst klingelt ununterbrochen das Telefon. Wann denn der Sommer endlich komme, wollen Einheimische und Gäste, Wanderer und Bergsteiger, Badenixen und Sonnenanbeter, Landwirte und auch Hoteliers wissen.

Gegen falsche Schwarzmalerei

Denn ein weiteres Tief hält sich zur Zeit hartnäckig über dem Beherbergungssektor. Bereits seit einigen Jahren geht der Trend beim Buchen des Urlaubs in Richtung immer smarter, immer kürzer, immer kurzfristiger. Und da sind die unzähligen Online-Wetterprognosen aus mehr oder weniger unseriösen Quellen den Hoteliers italienweit ein Dorn im Auge.

"Terroristisch" seien die Langzeitvorhersagen gewisser Wetterdienste, wettern etwa die Hoteliers von Riccione. Sie haben sich zusammen geschlossen und einen eigenen Internetdienst eingerichtet, auf dem die aktuelle Wetterlage in der Ferienregion dargestellt wird.

In Südtirol hat der Landeswetterdienst vor etwa einem Monat eine App für Smartphones erstellt, die, gratis heruntergeladen, zuverlässig die Daten aus der Zentrale liefert. Knapp 50.000 Downloads hat es in den ersten drei Wochen gegeben. "Klar, niemand ist unfehlbar, aber unser Dienst ist zuverlässiger als andere. Wir vereinen wissenschaftliche Kenntnisse mit jenen des Territoriums", erklärt Dieter Peterlin, Meteorologe im Landeswetterdienst gegenüber Alto Adige. Er rät Einheimischen wie Touristen und Gastwirten, häufiger die Seite des Landeswetterdienstes aufzurufen: "Gerade in unsicheren Zeiten was das Wetter betrifft, kann sich die Situation ständig verändern."

Wenn die Gäste ausbleiben

Nicht gerade eine gute Voraussetzung, um eine Bergtour zu starten oder überhaupt an den Urlaubsort aufzubrechen.

Das unbeständige Wetter ist – neben fehlenden zeitlichen und finanziellen Ressourcen – für viele zum Grund geworden, Buchungen im letzten Moment zu stornieren oder den Gedanken an Ferien anderswo zu verwerfen.

Das bekommt man auch in Italien zu spüren. Denn als wären die apokalyptischen Wetterprognosen und die wirtschaftliche Krisensituation im eigenen Land nicht genug, bleiben nun auch noch die sonst so zuverlässigen deutschen Gäste aus. Die wirtschaftliche Situation in der Bundesrepublik ist nicht mehr so rosig wie in den letzten Jahren, laut Spiegel Online kann sich jeder fünfte Deutsche keinen Urlaub leisten. Die ausbleibenden Gäste aus dem In- und dem deutschen Ausland sind auch Thema in der SMG. Fast 90 Prozent der in Südtirol ankommenden Urlauber stammen aus dem deutschsprachigen Raum und Italien, das bringe eine "gewisse Abhängigkeit und Risiko mit sich".

Hiobsbotschaften überall: Was ist dran?

Unzählige Geschichten könnten noch erzählt werden: Von den Kaufleuten, die auf ihrer Sommerware sitzenbleiben, trotz Sommerschlussverkauf. Von den Schwimmbadbetreibern, deren Geduld heuer auf eine harte Probe gestellt wird. Von den zahlreichen Veranstaltungen, die nach der Reihe ins sprichwörtliche Wasser fallen. Von den langen Schlangen vor dem Ötzi-Museum. Und den vollbesetzten Bussen, die nachmittags die Landeshauptstadt verlassen und bereits nach der ersten Haltestelle niemanden mehr einsteigen lassen.

Oder davon, dass es an diesem Sommer gar nichts Ungewöhnliches gibt. Wir hatten uns schon beinahe an die extrem heißen Sommer der letzten Jahre gewöhnt, dabei erleben wir gerade ein Revival der 60er und 70er Jahre, die ebenfalls von Sommern mit großen Schwankungen gekennzeichnet waren. "Temperaturen unter dem Durchschnitt, aber nichts Außergewöhnliches", bestätigt Dieter Peterlin.