Gesellschaft | Meran

Reha zu und durch

Die Reha-Abteilung am Meraner Krankenhaus ist seit 10 Tagen geschlossen. "Eine Übergangslösung", so der Sanitätsbezirk. "Schluss mit dem Hin und Her", fordern andere.

Der Personalnotstand in der Sanität zieht weite Kreise. Der Mangel an Fachärzten veranlasste Sabes-Generaldirektor Thomas Schael am Mittwoch, die Aufforderung: “Schreibt ruhig: Wir suchen Ärzte!” an die versammelten Medienvertreter zu richten. Mittelfristig braucht Südtirol rund fünfzig Mediziner, um die neuen EU-Arbeitsrechtsbestimmungen einhalten zu können. Doch auch bei den Pflegekräften schaut die Situation nicht rosig aus. Vor allem im Gesundheitsbezirk Meran sorgt der offiziell als solcher bezeichnete Engpass an Pflegepersonal für mächtig Wirbel. Zunächst in der Geriatrie, nun in der Rehabilitationsabteilung. Deren Türen wurden – von den meisten unbemerkt – vor zehn Tagen zugesperrt. “Vorübergehend”, wie man im Meraner Gesundheitsbezirk bestätigt. Doch nicht alle trauen dem anhaltenden Hin und Her und den zahlreichen “Übergangslösungen” im Krankenhaus “Franz Tappeiner”.


Hin und Her

Bislang scheint in der Öffentlichkeit kaum jemand mitgekriegt zu haben, dass die Reha-Abteilung des dortigen Krankenhauses seit mehr als einer Woche geschlossen ist. Zwar ist bekannt, dass zwölf der stationären Reha-Patienten zeitweilig in der Orthopädie versorgt werden. Das dadurch in der Reha frei gewordene Personal kümmert sich um die Patienten der Geriatrie-Abteilung. Um diese hatte es Anfang Oktober einige Aufregung gegeben. Insider berichteten von einer anstehenden Halbierung der Bettenanzahl. Im Gesundheitsbezirk Meran wurde dementiert: Es gebe einen momentanen Personalengpass, den man versuchen müsse, auszugleichen. Nur falls es wirklich nicht anders gehe, könnten die Geriatrie-Betten zeitweilig nicht belegt werden. Knapp einen Monat später stand fest: Es geht anders. Als Lösung, um die Geriatrie weiterhin wie bisher offen halten zu können, hat man beschlossen, in einer anderen Abteilung umzuschichten. Zwölf Betten der Reha sollen in die Orthopädie ausweichen – vorläufig, bis höchstens Ende Jänner 2016. Doch was mit den restlichen sieben der insgesamt 19 Reha-Betten passiert ist, das scheint man trotz fest versprochener “transparenter Kommunikation” im Sanitätsbezirk Meran vergessen haben, mitzuteilen.

Meiner Meinung nach ist die Rolle des Krankenhaus Meran auf dem Prüfstand. (Cristina Kury)

Einer, der die Schließung sehr wohl mitbekommen hat, ist Heini Tischler. Er ist ehemaliger Reha-Primar am Krankenhaus Meran und sitzt inzwischen für die Grünen im Gemeinderat der Passerstadt. Am 12. November kommt es dort zur Abstimmung über einen Entschließungsantrag mit dem Titel “Umstrukturierungen im Sanitätsbereich.” Eingereicht hat ihn die Grüne Ratsfraktion, Erstunterzeichner ist Heini Tischler. Darin ersucht der Gemeinderat, von “Umstrukturierungen” im Meraner Krankenhaus abzusehen, die eine Reduzierung von Krankenhausbetten zur Folge haben, solange der neue Sanitätsplan nicht vorliegt. Einstimmig genehmigen die Räte den Antrag. Wie bereits jenen vom 22. Oktober, in dem man geschlossen “Nein zum Bettenabbau in der Meraner Geriatrie” gesagt hatte. “Nach den Ereignissen der letzten Zeit war es richtig, dass wir uns noch einmal zu Wort melden”, erklärt Cristina Kury. Das Hin- und Hergeschiebe von Personal und Betten solle ein Ende finden.


Quadratur des Kreises

Heini Tischler hat in einem privaten Gespräch mit der Meraner Bezirksdirektorin Irene Pechlaner von der Verlegung der zwölf Reha-Betten in die Orthopädie und der damit einhergehenden kompletten Schließung der gesamten Reha-Abteilung erfahren. Auf Nachfrage in der Bezirksdirektion bestätigen die Pressesprecher der Direktorin die Nachricht: “Ja, es stimmt, dass es derzeit nur zwölf statt 19 Reha-Betten gibt und diese sind in der Orthopädie untergebracht.” “Aber”, und das betont man mehrmals, “es handelt sich hierbei um eine zeitweilige Lösung”. Aufgrund der fehlenden Pflegekräfte habe man die Quadratur des Kreises versucht und einen Ausweg gesucht, um so wenig Betten wie möglich zu verlieren.

Die beiden Grünen Gemeinderäte sind sich einig: “Schluss mit dem Hin und Her im Krankenhaus Meran.” Bild: meranmerano.wordpress.com

Von einem Bettenabbau könne allerdings keinesfalls die Rede sein, lässt Irene Pechlaner mitteilen: “Einen solchen kann, wie gesagt, nur die Landesregierung beschließen.” Anderer Meinung ist Heini Tischler. Rein mathematisch könne man sehr wohl von einem Bettenabbau sprechen. Denn die zwölf Betten der Reha seien nicht einfach in der Orthopädie dazugestellt worden, sondern: “Dort gibt es zwölf Betten, die über die Sommermonate nicht belegt und erst im Winter aufgrund des größeren Bedarfs wieder zugänglich gemacht werden.” Und ebendiese Betten werden nun für die Reha-Patienten verwendet. Damit fehlen derzeit also die zwölf Orthopädie-Betten für den Winter und dazu kommen noch die sieben Reha-Betten, die durch die Verlagerung verloren gegangen sind.


“Eher gefährlich”

Im Gespräch mit salto.bz weist Tischler auf mögliche, bedenkliche Folgen dieser Aktion hin: “Auf die Betten, die jetzt von der Reha besetzt werden, wäre die Orthopädie sehr wohl angewiesen. Denn wenn in Kürze der Skibetrieb wieder aufgenommen wird und es dann zu fünf, sechs Schenkelbrüchen kommt, kann es passieren, dass in der Orthopädie für diese Patienten kein Platz ist. Sie werden dann in andere Abteilungen geschickt. Und das ist eher gefährlich. Denn dort fehlt es aber einerseits am Bewusstsein für diese Patienten und andererseits haben die Ärzte in anderen Abteilungen aufgrund des derzeitigen Informationssystems noch immer keinen Zugriff auf die Befunde aus der Orthopädie”, zählt er einige der Schwierigkeiten, mit denen sich das Krankenhauspersonal im “Franz Tappeiner” in den kommenden Wochen und Monaten konfrontiert sehen könnte.

Im Krankenhaus Meran scheint man keine Vision zu haben. Warum?
(Heini Tischler)

“Die Redimensionierung ist momentan und vorübergehend”, bekräftigen die offiziellen Stellen. Spätestens im Jänner hofft man, die Pflegemann- beziehungsweise -frauschaft wieder vervollständigt zu haben. “Ihr Worte in Gottes Ohr”, kommentiert Gemeinderat Tischler. Er bleibt skeptisch: “Nein, ich glaube nicht mehr viel von dem, was ich höre”, gesteht er. Stutzig habe ihn etwa die Meldung gemacht, dass das ganze Hin- und Hergeschiebe aufgrund von fünf zeitgleichen Schwangerschaften in der Geriatrie passiert sein soll. “An fünf Pflegerinnen liegt es, dass jetzt eine ganze Abteilung geschlossen wird?”, fragt sich Tischler: “Und überdies wegen Schwangerschaften? Die sind ja frühzeitig erkennbar und man könnte entsprechend planen und sich organisieren.” Mit seiner Meinung steht er nicht alleine. “Ich dementiere, dass es einen Pflegepersonalnotstand gibt”, sagte vor kurzem ein mit den Internas des Krankenhaus Meran Vertrauter. Auch Tischler bestätigt: “Aus mehreren Gesprächen habe ich erfahren, dass es etwa in Bozen keine Probleme gibt.” Sabes-Generaldirektor Thomas Schael verrät indes, dass er bereits bei der Fachhochschule Claudiana auf eine Erhöhung der Ausbildungsplätze gepocht habe.


Bitte nicht “umerklauben”

Doch das dürfte einige wenig überzeugen. Darunter Heini Tischler. Die Meraner Reha liegt ihm besonders am Herzen. Er ist nicht nur ihr ehemaliger Chef, sondern hat mitgeholfen, sie gar erst aufzubauen. Auch als bereits im Jänner der Verdacht im Raum stand, die Abteilung könnte in das Salus Center ausgelagert werden – um mit den dadurch eingesparten Geldern die Geburtenabteilung in Schlanders zu retten, so die Mutmaßung –, habe er sich informiert und unangenehme Fragen gestellt, erinnert er sich: “Damals hieß es, die Auslagerung sei ‘von oben’ bestimmt. Aber als ich bei Gesundheitslandesrätin Martha Stocker nachfragte, hieß es: ’Nein, von uns kommt die Empfehlung nicht’.”

Es gibt keinen Grund zur Sorge oder zur Verunsicherung.
(aus dem Meraner Sanitätsbezirk)

Tischler will weiterhin ein Auge auf die Geschehnisse in und um das Krankenhaus Meran werfen. Ebenso Cristina Kury: “Wir bestehen darauf, dass dort nicht ‘umergeklaubt’ wird”, bringt sie die Forderungen den von Gemeinderat einstimmig angenommenen Antrag auf den Punkt. Inzwischen hat auch die Süd-Tiroler Freiheit bereits eine Anfrage im Landtag zu den Vorgängen im “Franz Tappeiner.” eingereicht. “Es wäre richtig, wenn wir von den Entscheidungen im Gesundheitsbezirk informiert würden”, sind sich die beiden Grünen einig. “Aber”, so bedauern sie, “wir lesen dann immer nur die Stellungnahmen des Sanitätsbetriebs nachdem die Medien drüber berichtet haben”.