Politik | Meran

Grubers Wohnsitz

Der Meraner SVP-Bürgermeister-Kandidat Gerhard Gruber hatte seinen meldeamtlichen Wohnsitz in einer Wohnung, die vermietet ist. Hat er damit jahrelang nur IMU gespart?

Wenn ein angehender Politiker mitten im Intensiv-Wahlkampf plötzlich den Wohnsitz wechselt, dann fällt das zumindest auf. So geht auch der Besuch von Gerhard Gruber im Meldeamt der Stadtgemeinde Meran nicht unbemerkt über die Bühne. Am 7. April 2015 ändert der SVP-Bürgermeisterkandidat plötzlich seinen Wohnsitz.
Es ist ein Wohnsitzwechsel, der nicht ganz freiwillig erfolgt. Denn seit vielen Jahren wohnt Gerhard Gruber nicht dort, wo er bisher seinen Wohnsitz hatte, sondern an der Meraner Adresse, an der er sich jetzt erst gemeldet hat. „Ich habe einen Fehler gemacht, das gebe ich unumwunden zu“, sagt Gruber im Gespräch mit salto.bz.

Die Wohnung

Gerhard Grubers Fehler wirft kein besonders vorteilhaftes Licht auf den Favoriten bei der Wahl zum neuen Bürgermeister der Passerstadt. Der langjährige Präsident der Meraner Stadtwerke und Geschäftsführer der Bozner Marienklinik besitzt in Meran drei Immobilien: ein Haus und zwei Wohnungen. Im Haus lebt seit fast zehn Jahren seine frühere Ehefrau mit den Kindern. In einer der Wohnungen lebt Gerhard Gruber mit seiner neuen Lebensgefährtin und Familie.


SVP-Bürgermeisterkandidat Gerhard Gruber: "Ich habe einen Fehler gemacht".

Die dritte Wohnung, in der der SVP-Kandidat bis Anfang April 2015 seinen meldeamtlichen Wohnsitz und seine offizielle Anschrift hatte, ist seit mindestens acht Jahren vermietet. „Ich hatte dort noch lange ein Zimmer“, sagt Gerhard Gruber, „und habe es danach einfach verabsäumt, den Wohnsitz zu ändern“.
Es ist eine Ausrede mit kurzen Beinen.

Der Mietvertrag?

In der 152 Quadratmeter großen Wohnung in Obermais wohnte jahrelang eine junge Frau. Bis dahin könnte die Zimmer-Geschichte von Gerhard Gruber noch schlüssig sein.
Doch seit Herbst 2009 ist das Ganze äußerst obsolet. Denn seitdem wohnt in der Wohnung eine Familie mit zwei kleinen Kindern. Die Familie meldet ihren Wohnsitz nach dem Einzug beim Meraner Meldeamt auch offiziell in der Wohnung an. Seit 2009 laufen alle Strom- und Müllrechnungen auf die Mieter.
Obwohl die Gemeinde Meran Wohnsitzmeldungen durchaus akribisch kontrolliert, fällt den Beamten bei ihrer Kontrolle nicht auf, dass neben der Familie auch der – in Meran nicht unbekannte - Vermieter in der Wohnung seinen offiziellen Wohnsitz hat.


Katasterauszug und Bewertung: Knapp 705 Euro IMU-Wert.

Es fällt auch niemandem auf, dass es keinen registrierten Mietvertrag für die Wohnung gibt. Denn die Familie wohnte gut fünf Jahre lang ohne Mietvertrag in der Wohnung von Gerhard Gruber. Steuerrechtlich ein Zustand, der eigentlich nicht korrekt ist. Ein offizieller Mietvertrag wird erst am 12. Jänner 2015 abgeschlossen. 800 Euro zahlen die Mieter jetzt an Miete.
Auf diesem Vertrag haben Vermieter und Mieter noch denselben Wohnsitz. Mit der Bürgermeister-Kandidatur dürfte Gerhard Gruber dann aber die Situation lieber bereinigt haben. Deshalb auch der offizielle Wohnsitzwechsel vor wenigen Wochen.

Die IMU?

In der Affäre geht es aber nicht nur um ungeklärte Wohnsitze und nicht existente Mietverträge, sondern auch um nicht gezahlte Gemeindeimmobiliensteuern.
Weil Gerhard Gruber seinen Wohnsitz in dieser Wohnung hat und er die Wohnung offiziell bis Anfang 2015 auch nicht vermietet hat, gilt sie als Erst- oder Hauptwohnung. Das heißt, er zahlt für diese Immobilie seit mindestens sieben Jahren keine oder jedenfalls nur eine minimale IMU bzw. nun GIS.
Von salto.bz darauf angesprochen, reagiert der SVP-Bürgermeisterkandidat schnell: „Sollte das so sein, werde ich den gesamten Beitrag oder die Differenz umgehend nachzahlen, denn die Gemeinde soll keinen Schaden haben“.
Gerhard Gruber legt aber auf eines Wert: „Das Ganze war ein Nachlässigkeit, aber absolut ohne Absicht“. Der angehende Meraner Bürgermeister argumentiert hier auch mit den Steuern, die er derzeit zahlt. „Ich zahle jährlich über 4.000 Euro an GIS oder IMU“, sagt Gruber. Der SVP-Kandidat legt die Zahlen detailliert offen: 3.376,39 Euro für das Haus und 806,53 Euro für die zweite Wohnung, wo er inzwischen auch offiziell wohnt.

Sollte das so sein, werde ich den gesamten Beitrag oder die Differenz umgehend nachzahlen, denn die Gemeinde soll keinen Schaden haben“.

Tatsache ist aber auch: Hätte Gerhard Gruber seinen Wohnsitz nicht seit Jahren in dieser Wohnung, wäre die Wohnung ohne Mietvertrag offiziell leer gestanden. Das bedeutet in Meran den dreifachen IMU-Satz (1,26 statt 0,40%), und das, ohne die Absetzbeträge für den Hauptwohnsitz in Anspruch nehmen zu können. Durch diese Konstruktion hat Gerhard Gruber – gewollt oder ungewollt - jährlich rund 1.500 Euro gespart.

Ein Kavaliersdelikt?

Mieter ohne Mietvertrag, jahrelang den Wohnsitz am falschen Ort und vergessene IMU-Zahlungen.
Für einen Bürger oder eine Bürgerin vielleicht noch ein Kavaliersdelikt. Für einen, der sich aber anschickt, Meraner Bürgermeister zu werden, wohl eher nicht.

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Richard Lang Di., 28.04.2015 - 10:14

ich bin neugierig ob die anderen (Gruber-freundlichen) Medien das auch bringen, denn, so Leid es mir tut, salto.bz ist halt nicht so verbreitet wie z.B. das Tagblatt der Südtiroler.

Di., 28.04.2015 - 10:14 Permalink
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kurt duschek Di., 28.04.2015 - 11:00

Meiner Meinung nach ist der letzte Satz im Artikel vob Ch. Franceschini nachdenkenswert: "Für einen Bürger oder eine Bürgerin vielleicht noch ein Kavaliersdelikt. Für einen, der sich aber anschickt, Meraner Bürgermeister zu werden, wohl eher nicht." Das lateinische Sprichwort. "quod licet jovi non licet bovi" (was dem Jupiter gebührt, gebührt noch lange nicht dem Ochsen) trifft hier zu. Die Ochsen wären in diesem Falle die IMU/GIS zahlenden BürgerInnen von Meran.

Di., 28.04.2015 - 11:00 Permalink
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Martin Daniel Di., 28.04.2015 - 16:03

Ja, der letzte Satz ist in der Tat bemerkenswert, aber in der Sanktionierung dürfte es wohl eher für den großen Fisch ein Kavaliersdelikt werden - die einfachen Bürger kämen nicht mit der angestrebten reuigen "Nachzahlung" der Steuern davon. Und dass der doppelte Wohnsitz jahrelang nicht bemerkt wurde, ist fast noch bemerkenswerter.

Di., 28.04.2015 - 16:03 Permalink
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Willy Pöder Fr., 01.05.2015 - 07:42

Wo liegt das Problem? Die Angelegenheit ist aufgeflogen. Noch rechtzeitig vor den Wahlen. Herz, was begehrst du mehr! Die Entscheidung, ob ein solch verdienter Mann in den Bürgermeistersessel der Sissi-Stadt gehievt werden soll, liegt nun einzig und allein bei der Wählerschaft der reizvollen Kurstadt. Und was ein allenfalls vorliegendes, steuerrechtliches Vergehen angeht, werden die zuständigen Stellen schon ihres Amtes walten. Zumindest darf man das von diesen zu Recht erwarten. Dem Journalisten Christophorus Franceschini sei Dank, dass er den Fall des Kandidaten noch rechtzeitig vor den Wahlen zum "Fall" gemacht hat. Mal schauen, was die Partei dazu zu sagen hat!?

Fr., 01.05.2015 - 07:42 Permalink
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kurt duschek Mo., 04.05.2015 - 16:00

In der letzten Spiegelausgabe las ich einen interessanten Beitrag zu 5.Mai.2015, Tag der Händehygiene: Würden sich alle Menschen regelmässig die Hände waschen (und könnten sie dies), gäbe es weniger Krankheit und Elend in der Welt.
Aber merke: Wasser und Seife helfen nicht, wenn sich Politiker die Finger schmutzig machen !!

Mo., 04.05.2015 - 16:00 Permalink
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kurt duschek Mo., 04.05.2015 - 16:01

In der letzten Spiegelausgabe las ich einen interessanten Beitrag zu 5.Mai.2015, Tag der Händehygiene: Würden sich alle Menschen regelmässig die Hände waschen (und könnten sie dies), gäbe es weniger Krankheit und Elend in der Welt.
Aber merke: Wasser und Seife helfen nicht, wenn sich Politiker die Finger schmutzig machen !!

Mo., 04.05.2015 - 16:01 Permalink