Politik | Energie

Operation Gleichstrom

Am Freitag stellen SEL und Etschwerke gemeinsam die Fusion der beiden Gesellschaften vor. Auch die Einigung mit der „Eisackwerk GmbH“ ist auf der Zielgeraden.

Der Rahmen ist im wahrsten Sinne des Wortes malerisch gewählt. Am Freitag früh sind ausgewählte Journalisten zum Pressefrühstück ins Museion geladen. Es ist die erste Pressekonferenz, die die „SEL AG“ und die „Etschwerke AG“ gemeinsam geben. Die Symbolik des Auftritts im Museum für moderne Kunst, macht deutlich, dass die Fusion der beiden Südtiroler Energiebetriebe in warmen Tüchern liegt.
In den vergangenen Tagen wurden die Verträge unterschriftsreif gemacht. Auch der politische Fahrplan steht. Am Mittwoch befasste sich der Bozner Stadtrat mit den Fusions-Verträgen. Am Donnerstag soll der Meraner Stadtrat folgen. Am kommenden Dienstag soll die Landesregierung entscheiden. Noch in der ersten Februarwoche sollen die Gemeinderäte von Bozen und und Meran sowie der Landtag den größten industriellen Zusammenschluss der Südtiroler Wirtschaftsgeschichte absegnen.
An diesem Freitag werden die beiden Präsidenten Wolfram Sparber (SEL) und Mauro Marchi (Etschwerke) zusammen mit den beiden Generaldirektoren Albert Stuflesser und Nicola Calabrò die Operation erstmals detailliert der Presse präsentieren.

Die Fusion

Die Grundzüge sind bekannt. Der neue Südtiroler Energiebetreiber wird zu 58 Prozent der SEL gehören und zu 42 Prozent den Etschwerken. In den Verträge sind derzeit noch variable Prozentfenster festgelegt. Der Grund dafür: Eine der Grundbedingungen für die Fusion ist eine Neubewertung der Konzessionsgesuche. Für diese Neubewertung wollen die Landesämter die rekonstruierten ursprünglichen SEL-Projekte heranziehen, die später vom Duo Laimer/Rainer ausgetauscht wurden.
Weil man nicht weiß, wer welche Konzessionen letztlich erhalten wird, hat man die Möglichkeit einer Beteiligungsverschiebung in den Verträgen offen gelassen. Es ist in Wirklichkeit aber wohl eher eine theoretische Möglichkeit. Schaut man sich die Abschlussberichte des Amtes für Stromversorgung aus dem Jahr 2009 genauer an, so wird deutlich, dass die Etschwerke auch bei einer Neubewertung mit großer Wahrscheinlichkeit kein größeres Kraftwerk der SEL abnehmen werden.

Laas und Lappach

Bei der Neubewertung gibt es zwei potentielle Probleme. Die Kraftwerke Laas und Lappach. Denn in beiden Wettbewerben existieren keine ursprünglichen, nicht ausgetauschte SEL-Projekte.
Die Landesregierung setzt hier auf reinen Pragmatismus.
Beim Kraftwerk Laas hat man sich mit dem Konkurrenten VEK vor einiger Zeit bereits vertraglich geeinigt. Weil die Konzessionsdauer um zwei Monate verschoben ist, wird das Kraftwerk von der Neubewertung ausgenommen.
Ist die SEL beim Kraftwerk Lappach aus dem Rennen, bleiben dort noch die Konkurrenten Enel, Edison und Etschwerke im Spiel. Gewinnen die Etschwerke, ändert sich am Beteiligungsverhältnis kaum etwas, denn Lappach ist eines der kleinsten Kraftwerke. Die Edison sitzt mit der SEL in einer gemeinsamen Gesellschaft und wird kaum – wegen Lappach – gegen den eigenen Partner vorgehen.
In Sachen Enel kommt hingegen eine andere Operation zu Hilfe. Das Land Südtirol und der italienische Stromriese haben Ende 2014 einen Vorvertrag unterzeichnet, mit dem die SEL die 40 Prozent Beteiligung der Enel an den Südtiroler Großkraftwerken zurückkauft. In den 400-Millionen-Euro-Deal wird man formell auch das Problem Lappach einbeziehen. Das heißt: Die Enel verzichtet dort von vornherein auf alle Ansprüche.

Das Sextett

In den Fusionsverträgen ist eine einmalige Sonderzahlung an die beiden Gemeinden Bozen und Meran in der Höhe von 16 Millionen Euro vorgesehen. Zudem erhalten die beiden Städte eine jährliche Mindestdividende von 10 Millionen Euro. Damit haben die Gemeinden eine gewisse finanzielle Planungssicherheit, die den Gemeindepolitikern mehr als zugute kommt.
Der neue Südtiroler Energiebetrieb wird in seiner Führungsstruktur nach dem dualistischen deutschen Modell aufgebaut werden. An der Spitze ein Aufsichtsrat, der die strategisch-finanziellen Entscheidungen fällt. Darunter ein Verwaltungsrat, der die technischen und administrativen Geschicke entscheidet.
Ursprünglich sollten beide Gremien nur vier Mitglieder haben. Weil die Politik sich aber nicht ganz von den begehrten „Sottogoverno“-Ämtern trennen will, setzt man auf eine Kompromisslösung. Der Aufsichtsrat und der Verwaltungsrat wird jeweils aus sechs Personen bestehen. Wobei die Mehrheit im Verwaltungsrat eindeutig Manager sein sollen.
Die Verhandler haben eine geschickte Strategie gewählt. Denn bisher hat man weder konkret über den Namen des neuen Südtiroler Energiekolosses debattiert, noch kritische Personalfragen aufkommen lassen. Diese Fragen sollen erst angegangen werden, wenn der Rahmenvertrag unterzeichnet ist.
Man geht davon aus, dass es innerhalb Februar dazu kommt. Mit Juli/August soll der neue Energiebetrieb dann seine Tätigkeit aufnehmen.

Einigung mit Frasnelli?

Auch ein anderer gordischer Knoten steht unmittelbar vor seiner Lösung. „Die Fusion ist nur dann sinnvoll“, sagt ein an den Verhandlungen beteiligter Politiker, „wenn man sich auch mit Frasnelli einigt“. Gemeint ist damit die Eisackwerk GmbH und das Problem St. Anton.

Die Fusion ist nur dann sinnvoll, wenn man sich auch mit Frasnelli einigt.

Die Ausgangslage ist auch hier klar: Obwohl die SEL geschwindelt hat, ging die Eisackwerk GmbH 2009 im Abschlussbericht der Landesämter als Sieger beim Kraftwerk St. Anton hervor. Die Landesregierung hat danach die Konzession mit fadenscheinigen Argumenten der SEL zugesprochen. Diese Aktion war – nach einem definitiven Urteil des Bozner Landesgerichts – illegal und rechtswidrig. Die Konzession muss den privaten Unternehmern zugesprochen werden.
Seit Monaten laufen deshalb streng vertrauliche Verhandlungen zwischen SEL und Eisackwerk GmbH. Der Grundraster: Die Eisackwerke bekommen endlich das Kraftwerk St. Anton, im Gegenzug wird der behängende Gerichtsstreit beigelegt.
Auch an dieser Front ist man in den vergangenen Tagen deutlich weitergekommen. Das Zeil, das Landeshauptmann Arno Kompatscher vorgegeben hat, ist klar definiert. Die Lösung St. Anton und die Fusion sollen gleichzeitig unterzeichnet werden.