Politik | Flüchtlinge

"Nicht die Situation, die ich mir erträumt habe"

Landesrätin Martha Stocker berichtet: Ein neuer Raum für die Flüchtlinge am Bozner Bahnhof ist gefunden. Die Gemeinden sind weiterhin auf Suche.

Mit der Situation der Flüchtlinge, die am Bahnhof Bozen stranden hat sich die Landesregierung in ihrer Sitzung am Dienstag Vormittag befasst. Es seien nicht einfache Verhandlungen gewesen, doch “jetzt gibt es die Zusage der Eisenbahn, zusätzliche Räumlichkeiten für die kurzfristigen Aufenthalte zur Verfügung zu stellen”, berichtet Soziallandesrätin Martha Stocker auf der anschließenden Pressekonferenz. Auf Gleis 1 befinde sich das “größere Lokal”, in dem die Flüchtlinge in Zukunft Zuflucht finden und mit dem Nötigsten bis zu ihrer Weiterreise versorgt werden sollen. Denn jene, die am Bozner Bahnhof von den Polizeikräfte aus den internationalen Zügen geholt werden, wollen nur eines: weg von Bozen, weiter nach Norden. “Das, was wir machen müssen, ist die humanitäre Versorgung dieser Menschen zu gewährleisten”, so Stocker. Daher habe man sich bereits am vergangenen Freitag mit verschiedenen Organisationen und Vereinen an den Tisch gesetzt.

Die Landesräte Richard Theiner und Martha Stocker bei der Pressekonferenz am Dienstag Mittag.


Von jenen, die weg wollen, ...

Beauftragt wurde schließlich der Verein Volontarius, die Koordination der Flüchtlingshilfe zu übernehmen. Das Rote Kreuz erhielt den Auftrag, die Situation zu monitorieren und – falls notwendig – sofort Ärzte zu aktivieren. “Diese Präsenz ist garantiert”, versichert Stocker am Dienstag Mittag. Bei einem Lokalaugenschein am Bahnhof in Bozen bietet sich jedoch ein anderes Bild. Gut neunzig Prozent der Helferinnen und Helfer sind freiwillig dort, sie gehören keiner Organisation, keinem Verein an. Auch vom Roten Kreuz ist in diesen Stunden niemand anwesend. “Fakt ist, dass die Situation unhaltbar ist. Dass lediglich Freiwillige dafür sorgen, dass die Sache nicht aus den Fugen gerät”, so eine der Helferinnen.

Einige der Freiwilligen kommen jeden Tag, sie organisieren sich immer noch über Facebook und WhatsApp. Auf die zahlreichen Privatpersonen, die nach wie vor ihre Hilfe anbieten angesprochen, findet Martha Stocker nur Worte des Lobs und der Anerkennung: “Die zivilgesellschaftliche Beteiligung ist etwas Positives. Wir nehmen sie als solche an und werden die Freiwilligen sicher nicht zurückdrängen.” Die Helferinnen und Helfer können sich also auf eine Fortsetzung ihres Engagements einrichten. “Doch es ist völlig klar: Wenn sich die Freiwilligen zurückziehen, ist es selbstverständlich, dass das Land die Hilfsdienste mit den eigenen Ressourcen aufstockt.

“Es braucht Unterstützung von der öffentlichen Hand, schnell und professionell”, lautet hingegen die Forderung vieler Freiwilliger. Etwas resigniert gesteht Stocker ein: “Es ist nicht die Situation, die ich mir erträumt habe. Doch muss man zugeben, dass wir es hier mit einem schwierigen Problem zu tun haben. Wir stehen vor einem ungelösten europäischen Problem”, so die Landesrätin. Und weiter: “Es braucht eine Strategie auf EU-Ebene, denn Südtirol ist nur ein Rädchen in einer viel größeren Maschinerie.”


... und jenen, die bleiben

Auf nationaler Ebene gibt es bereits zumindest den Ansatz einer Strategie. Jene Flüchtlinge, die italienischen Boden betreten und um Asyl ansuchen werden nach einer Quotenregelung auf die verschiedenen Regionen und Provinzen verteilt. “Morgen, am Mittwoch, werden weitere zehn Flüchtlinge in unser Land kommen”, berichtet Stocker. Diese können in bestehenden Strukturen untergebracht werden. Doch habe sich die Landesregierung auch bereits mit den Gemeinden in Kontakt gesetzt, um zusätzliche Aufnahmemöglichkeiten ausfindig zu machen. “Denn wir werden in Zukunft und bereits dieses Jahr noch stärker gefordert sein”, ist sich die Landesrätin sicher. Daher wolle man auf neue Flüchtlinge vorbereitet sein.

Bis 6. Mai haben die Gemeinden Zeit, Rückmeldungen an die Bezirksgemeinschaften zu machen und mitzuteilen, welche öffentlichen oder privaten Strukturen auf ihrem Gebiet zur Unterbringung von Flüchtlingen geeignet sind. Anschließend werden die Vorschläge gewertet und Gespräche mit den einzelnen Gemeinden geführt werden. “Dabei werden wir besonders auf eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge über das ganze Land achten”, versichert Stocker. Obwohl die Rückmeldung bislang nur spärlich angelaufen sind, war es laut der Landesrätin in letzter Zeit leichter, die Gemeinden zu überzeugen, sich nach Unterbringungsmöglichkeiten umzuschauen. Leichter, weil sich nach den Schiffsunglücken und hunderten Toten in letzter Zeit das moralische Pflichtgefühl auch unter den Menschen in Südtirol verstärkt bemerkbar gemacht habe.

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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Di., 28.04.2015 - 15:09

Anstatt den Gemeinden die heiße Kartoffel in die Hände zu werfen sollten sich doch lieber Staat und Land um leerstehende Immobilien kümmern. Wüsste in meiner Gemeinde nicht, dass es leerstehende Gebäude gäbe die in Gemeindebesitz sind, sehr wohl gibt es ungenützte militärische Areale die vor sich hin rotten, da wäre Platz genug um diesen Leuten Unterschlupf zu bieten.

Di., 28.04.2015 - 15:09 Permalink
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Profil für Benutzer Riccardo Dello Sbarba
Riccardo Dello… Di., 28.04.2015 - 16:26

La situazione non è affatto facile, è vero che noi siamo l'ultimo anello di una lunga (e nella maggior parte dei casi ignobile) catena, che risale a decisioni politiche prese in sede europea e italiana. Quindi, certo, noi possiamo solo concentrarsi sul soccorso e l'accoglienza e ogni piccolo passo (un locale nella stazione) è prezioso.
Tuttavia, c'è una frase che non capisco: "“Doch es ist völlig klar: Wenn sich die Freiwilligen zurückziehen, ist es selbstverständlich, dass das Land die Hilfsdienste mit den eigenen Ressourcen aufstockt".
Che vuol dire?
Che l'intervento delle persone volontarie è una ragione grazie alla quale la Provincia e le altre istituzioni possono non fare nulla, o nulla di più?
Ma questo intervento della società civile c'è stato anche perché le istituzioni non facevano nulla! E chi ha parlato con le persone volontarie sa benissimo (lo scrive anche Lisa), che sono proprio loro a chiedere maggiore presenza delle istituzioni, un'assistenza professionale, una copertura più adeguata, maggiori mezzi ecc... cioè qualcosa che solo le istituzioni possono garantire. Lasciate a se stesse, le persone volontarie finiscono per sentirsi impotenti e disperate, di fronte a una situazione che va oltre le forze di chiunque.
Altra domanda: ma allora per fare in modo che le istituzioni si assumano le proprie responsabilità bisognerebbe che la società civile abbandonasse la stazione e i profughi a se stessi?
Insomma, comunque la si giri, questa frase porta a conclusioni assurde. O ho capito male io?

Di., 28.04.2015 - 16:26 Permalink
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Michael Stuefer Di., 28.04.2015 - 16:51

Sollte nicht der "Landeszivilschutz" genau für solche humanitäre Notstände bereit stehen? Er verfügt über alles was es am Bahnhof Bozen in diesen Tagen so dringend bräuchte. Das Land Südtirol entsandte in der Vergangenheit öfters "Katastrophenzüge" in verschiedene Gegenden um zu Helfen. Hoffentlich schafft er auch die Strecke Bozen/Drususstrasse - Bozen/Bahnhof!

Di., 28.04.2015 - 16:51 Permalink
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Sylvia Rier Di., 28.04.2015 - 20:35

Antwort auf von Sepp.Bacher

Genau das Sepp hatte ich mir heute gedacht, als am Bahnhof immer wieder kleinere und größere Grüppchen von Militärs meine Wege kreuzten: DAS wären doch die Richtigen für diese Aufgabe und diese eine sehr sinnvolle Aufgabe für sie. Die haben alles, was es braucht - von Feldbetten über mobile Küchen bis hin zum Personal -, sind für Notsituationen geschult (glaube ich?!), personell bestens ausgestattet usw. usf. Ja. Vielleicht müsste nur mal angefragt werden.

Di., 28.04.2015 - 20:35 Permalink