Kultur | Film

Ein Blick hinter die Kulissen

Die Cinecittà World öffnet ihre Tore. Und liefert neben "oscarreifem Vergnügen" Einblicke in die imposante Geschichte der Filmstudios am Tiber.

Am Donnerstag vergangener Woche (24. Juli) ist im Südwesten Roms die "Cinecittà World" eröffnet worden, Italiens erster Vergnügungspark, der ausschließlich dem Erlebnis Kino gewidmet ist. Der Themenpark ist den berühmten Filmstudios der Cinecittà nachempfunden, auf 25 Hektar können die BesucherInnen in acht Filmsets auf den Spuren großer Stars und berühmter Regisseure wandeln und in aufbereiteten Filmszenen kleine Nebenrollen spielen.

Der Eingang der "Cinecittà World": das Tempelportal "Moloch" aus dem Stummfilm "Cabiria". Foto: apa/Claudio Peri

Weniger als 20 km vom der "Cinecittà World" entfernt liegt auf 60 Hektar die originale Cinecittà, an deren (nicht immer glorreiche) Vergangenheit der Vergnügungspark erinnern soll. Über 3000 Filme sind dort gedreht worden, von denen 90 für einen Oscar nominiert und 47 damit ausgezeichnet wurden.

Triumphaler Aufstieg

Die ehemals bedeutsamen Filmstudios an der Via Tuscolana 1055 waren am 28. April 1937 von Mussolini eröffnet worden und sollten Italien zum Aufstieg an die Spitze der europäischen Kinematografie verhelfen. Nach dem Credo Lenins, "Der Film ist die stärkste Waffe" nutzte das faschistische Regime die Macht des Films für seine Propagandazwecke. Monumentalproduktionen sollten das Reich der Antike wieder beschwören, während jegliche nicht faschistische Filmproduktion verboten wurde.

Die Grundsteinlegung am 29. Januar 1936.

Verfall

Im Zuge des Zweiten Weltkriegs wurden die Filmstudios am Tiber von den Alliierten bombardiert und zum Großteil zerstört. Nachdem die faschistische Filmproduktion nach Venedig umgesiedelt war, benutzten die Nationalsozialisten das Gelände der Cinecittà als Gefangenenlager, von dem aus tausende Menschen nach Deutschland deportiert wurden. Ausrüstung und Filmmaterial fielen den Raubzügen der Deutschen zum Opfer.

Wiedergeburt

Langsam kam die Filmproduktion nach dem Krieg wieder zum Laufen, erst 1947 wurden die Dreharbeiten wieder aufgenommen. In den 50er Jahren hielt Hollywood mit Megaproduktionen wie Quo Vadis? und Ben Hur am Tiber Einzug, was der Cinecittà einen nie gekannten Aufschwung verschaffte und sie zum Mythos werden ließ. Berühmte nationale und internationale Regisseure entdeckten die römischen Filmstudios:

Von Federico Fellini über Roberto Rossellini, Vittorio de Sica, Pier Paolo Pasolini, Luchino Visconti, Michelangelo Antonioni bis hin zu Francis Ford Coppola, Martin Scorsese, Mel Gibson und Woody Allen, sie alle haben in der Cinecittà ihre Spuren hinterlassen.

Charlton Heston, William Wyler, Kirk Douglas und Jack Hawkins am Set von Ben Hur.

Umwidmung

Mit dem Siegeszug des Fernsehens und dem Ende der Kolossalproduktionen kamen schwere Zeiten auf die Cinecittà zu. Ende der 60er Jahre hatte sich ein Schuldenberg von 13 Milliarden Lire angehäuft und 1500 Mitarbeiter mussten entlassen werden. Erst in den 80er Jahren kamen die Amerikaner in die Cinecittà zurück und mit ihnen Filme wie Der Englische Patient, Gangs of New York oder Die Passion Christi. Im Laufe der 90er Jahre wurde vermehrt auf die Fernsehproduktion umgestellt. So befindet sich heute etwa das Haus des Grande Fratello auf dem Gelände der Cinecittà.