Politik | Politikerrenten

"Bin mir keines Fehlers bewusst"

Rosa Thaler im Visier der Staatsanwaltschaft. Den Verdacht auf schweren Betrug kontert sie mit der Aussage "nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben."

In einem Morgentelefon auf RAI Südtirol antwortet die ehemalige Regionalratspräsidentin Rosa Thaler auf Fragen der Redakteurin Nina Schröder im Beisein ihres Anwalts Paolo Fava. Gleich zu Beginn wirft Thaler ein, keinerlei Informationen zu keiner Zeit zurückgehalten zu haben. Die Verdachtsmomente der Staatsanwaltschaft Trient starten bei einem Gutachten des Versicherungs- und Rentenexperten Stefano Visentin, das scheinbar von Rosa Thaler unter Verschluss gehalten wurde. 

Stefano Visentin legte 4 verschiedene Berechnungsmodelle mit Abzinsfaktor und Lebenserwartung vor.

Das stimme so auf keinen Fall, präzisiert Rosa Thaler im Gespräch. "Nachdem zuerst ein Beamter die Einsparungen der Renten angedacht hatte, haben wir Stefano Visentin mit den Berechnungen betraut, die Renten der Politiker zu aktualisieren." Ihre Amtszeit als Präsidentin des Regionalrats habe quasi mit der Bürde begonnen, die Renten und andere Kosten der Politik zu senken. "Damit war ich von Beginn an konfrontiert und habe mich dieser Herausforderung auch gestellt."

Stefano Visentin habe 4 verschieden Berechnungsmodelle vorgelegt, mit Kalkulation der Inflationsrate, der Istat-Aufwertung, eines Abzinzungsfaktors sowie der Lebenserwartung. So habe beispielsweise der Abzinsungsfaktor, so Thaler, ganz verschieden ausgesehen, 0,5% bis 2% bzw. 0% bis 1,5% seien als unterschiedliche Zinsfaktoren in Visentins Gutachten genannt gewesen. "Doch ich habe mich außerstande gefühlt, hier eine politische Entscheidung zu treffen," gibt Rosa Thaler zu. So habe sie einen weiteren Gutachtern, Gottfried Tappeiner, damaliger Präsident des regionalen Zusatzrenteninstituts Pensplan hinzugezogen. 

Ich habe allen gesagt, wieviel sie erhalten werden, und zwar habe ich nur die jeweilige Summe mitgeteilt.

Wann habe Thaler gesehen, welche Höhe die einzelnen Rentenvorauszahlungen ausmachten? "Das war relativ spät," sagt Thaler, "erst im Sommer 2013 haben wir unsere Einzelberechnungen angestellt, nachdem das ganze Paket für gut befunden wurde." Für gut befunden wurde die Tatsache, dass man insgesamt 56 Millionen Euro eingespart hatte, dass die bis dahin geltenden hohen Renten von 6.600 Euro zurückbeschnitten wurden - Rosa Thaler warf beide Argumente oft genug in die Waagschale.

Ich habe meinen Rentenvorschuss noch nicht zurückgezahlt und werde das erst tun, wenn ein entsprechendes Gesetz das vorsieht.

Nachdem die Einzelberechnungen der Rentenvorauszahlungen festgestanden hatten, habe sie, Thaler begonnen, diese den betreffenden Politikern mitzuteilen: "Ich habe allen gesagt, wieviel sie erhalten werden, und zwar habe ich nur die jeweilige Summe mitgeteilt." Im nachhinein sei das wohl ein Fehler gewesen, denn so sei niemals das ganze Ausmaß sichtbar geworden. "Ich habe sicherlich die sozialen und politischen Auswirkungen unterschätzt, auch die Vermittelbarkeit," gesteht Rosa Thaler im Gespräch. Doch sei sie sich der Verantwortung voll bewusst und wolle von den Medien nicht als Marionette hingestellt werden. "Das ist vielleicht gutgemeint, ich bin nach wie vor überzeugt, dass meine Lösung gut und brauchbar war." Freilich würde sie es nicht noch einmal machen: "Ich würde heute alles so lassen wie es war, mein Nachfolger hätte sich darum kümmern können." 

Sie selbst habe ihren Rentenvorschuss noch nicht zurückgezahlt: "Dieser ist aufgrund eines gültigen Gesetzes zustandegekommen, und nur wenn ein neues Gesetz da ist, das mit sagt, ich solle das Geld zurückzahlen, werde ich es tun." 

Sie, Rosa Thaler, warte nun darauf, der Staatsanwaltschaft Trient ihre Beweggründe vorzulegen.

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gorgias Mo., 28.07.2014 - 11:12

Entweder ist Sie verantwortlich für den Rentenskandal und ist keine Marionette oder Sie ist eine Marionette und "nicht verantwortlich" für den Rentenskandal. Aber beides kann Sie nicht haben.
Wobei "nicht verantwortlich" unter Anführungszeichen steht, weil nach der Volljährigkeit ist jeder für seine Taten wohl verantwortlich - außer er wurde entmündigt.

Mo., 28.07.2014 - 11:12 Permalink