Politik | SVP

„Neugierde und Erleichterung“

Der neue SVP-Landessekretär Gerhard Duregger über das Wespennest SVP, sein Verständnis von Politik und die Frage, ob der neue Job ein Sprungbrett in die Politik ist.

Salto.bz: Herr Duregger, Sie führten bisher das Haus der Familie. Als SVP-Landessekretär übernehmen Sie jetzt die eindeutig zerstrittenste Familie Südtirols?

Gerhard Duregger: (lacht) Das Haus der Familie ist ein tolles Haus, in dem sich viele Familien wohlfühlen. Aber auch dort gibt es Dinge, die nicht so ganz harmonisch sind. So dürfte es auch im umgekehrten Sinne mit der SVP sein. Nach außen hin schaut es oft so aus, als wäre die Partei ein zerstrittener Haufen. Sicher wird es auch Dinge geben, die nicht so gut laufen. Aber ich sehe in der SVP vor allem engagierte Männer und Frauen, denen das Wohl der Partei und des Landes am Herzen liegt.

Ist Ihnen bewusst, was Sie sich antun?

Zu 60 Prozent würde ich sagen, ist mir durchaus bewusst, was auf mich zukommt. Mein politischer Sachverstand und auch der Hausverstand sagen mir das. Rund 40 Prozent würde ich sagen, sind für mich Neuland. Manches wird sehr happig werden, aber manches sicher auch sehr lässig.

Die SVP hat parteiintern ein sehr subtiles und breit artikuliertes Machtgefüge. Dazu gehören Seilschaften, die sich bekämpfen, persönliche Intrigen und Partikularinteressen, die manche gnadenlos verfolgen...

Die SVP ist hier sicher nicht schlechter als andere Parteien. Oder zeigen Sie mir eine Partei, wo es das nicht gibt....

"Manches wird sehr happig werden, aber manches sicher auch sehr lässig.“

Wie wollen Sie sich in diesem Wespennest bewegen?

Ich werde schrittweise in die Partei einsteigen. Zunächst ist ein guter Übergang im Haus der Familie zu bewerkstelligen. Gleichzeitig ist aber auch ein rasches Hineinwachsen in die Parteistruktur gefordert. Es steht im November die Reorganisation der Basis-Struktur an und es stehen täglich und wöchentlich politische Themen an, die die SVP als Regierungspartei gestalten muss. Ich werden den Zeitraum zunächst nützen, um zu lernen, um zu zuhören und zu schauen, was es alles gibt. Ich möchte vor allem Menschen an der Basis anhören, was sie von der Partei halten, aber auch was sie sich von der Südtiroler Volkspartei erwarten.

Es gibt in der Brennerstrasse mehrere Großbaustellen. Eine davon ist die Schuldenlast. Die finanzielle Situation der SVP ist alles andere als rosig?

Es stimmt: Die SVP hat Finanzprobleme. Das hängt vor allem mit der Parteienfinanzierung zusammen. Ich habe mir in dieser kurzen Zeit nur einen kleinen Überblick verschaffen können. Aber es gibt seit langem einen Kreis von Personen, etwa in der Finanzkommission, die dabei sind sehr rasch, gute Lösungen herbeizuführen. Mir scheint auf den ersten Blick, dass die Finanzsituation nicht so aussichtslos ist, wie sie öffentlich und in den Medien immer wieder dargestellt wird. Aber es wird natürlich eine meiner großen Herausforderungen sein, die Partei finanziell, aber auch strukturell auf neue Füße zu stellen. Es gibt hier jede Menge zu tun.

„Mir scheint auf den ersten Blick, dass die Finanzsituation nicht so aussichtslos ist, wie sie öffentlich und in den Medien immer wieder dargestellt wird.“

Die entscheidende Frage wird sein, ob Sie in die Führungskanzel eines sinkenden Dampfers steigen?

Ich sehe das nicht so. Sicher hat auch die SVP, wie übrigens alle Parteien, ihre Schwierigkeiten. Aber im internationalen Vergleich würde sich jede größere Partei alle fünf Finger ablecken, wenn sie die Mitgliederstruktur, die Basis und vor allem den Wählerzuspruch, den sie SVP immer noch hat, erreichen würde.

Auch ihr Vorgänger Manuel Massl ist mit viel Engagement angetreten und dann aber kläglich gescheitert?

Mein Vorgänger hatte seine Art sich in die Partei hineinzubewegen. Ich komme mit anderen Voraussetzungen und Erfahrungen herein. Es ist jetzt jemand gefordert, der auch schon ein paar Erfahrungen im Management-Bereich gemacht hat. Da ist mir mein bisheriger beruflicher Lebensweg sicher hilfreich.

Sie werden vor allem eines sein müssen: Motivationstrainer.

Auch das gehört dazu. Die Figur des Parteisekretärs ist eine Figur, die eigentlich im Hintergrund bleiben sollte. Aber das Anforderungsprofil reicht vom Animateur bis zum Finanzfachmann, von Basis-Vernetzer bis hin zum politischen Ideengeber. Das alles muss der Landessekretär ein bisschen sein.

In der SVP gibt es eine ungeschriebene Regel. Geht es der Partei gut, ist es der Erfolg des Obmanns. Geht es schlecht ist der Landessekretär schuld.

Ich nehme das zur Kenntnis. Doch am heuten Tag kann ich mit Fug und Recht sagen, dass ich noch für nichts schuld bin.

„Die Figur des Parteisekretärs ist eine Figur, die eigentlich im Hintergrund bleiben sollte. Aber das Anforderungsprofil reicht vom Animateur bis zum Finanzfachmann, von Basis-Vernetzer bis hin zum politischen Ideengeber. Das alles muss der Landessekretär ein bisschen sein.“

Sie sind eine Art Quereinsteiger. Keine Angst auf dem Politparkett eine Baulandung hinzulegen?

Ich habe das auch im Parteiausschuss gemerkt. Es ist eine gewisse Neugierde und auch Erleichterung da, dass da jemand von außen hereinkommt. Die SVP und das politische Geschehen begleiten mich von den Kindesbeinen an. Mein Vater war viele Jahre lang Ortsobmann in Vöran. Über diese Schiene habe ich vieles mitbekommen. Aber auch als Vorsitzender der Südtiroler Jungschar zuerst und danach als Vorsitzender des Südtiroler Jugendringes konnte ich etliches an politischer Erfahrung sammeln. Ich habe mich deshalb immer wieder im politischen Umfeld wiedergefunden.

Sind Sie überhaupt SVP-Mitglied?

Ja.

Wie lang wird ihr Arbeitsvertrag als Landessekretär laufen?

Das muss noch definiert werden. Hier gibt es zwei Ansätze. Zum einen eine Ernennung auf 4 Jahre und zum anderen eine Ernennung, die an das Mandat des Obmannes gebunden ist. Aber ich möchte hier keine Spekulationen anstellen...

Was ist Ihre Vorstellung?

Meine Vorstellung ist in dieses Amt hineinzuwachsen. Ein Mitgrund für meine Entscheidung ist sicher auch der Generationswechsel in der Partei. Das Tandem Achammer-Kompatscher finde ich sehr inspirierende Personen und ich denke, das diese Konstellation für das Land und die SVP ein Glücksgriff ist.

Sie klingen schon wie ein echter Politiker. Wird auch Gerhard Duregger, wie viele Landessekretäre vor ihm, den Parteisitz in der Brennerstrasse als Sprungbrett für den Landtag nutzen?

Ich bin jetzt Parteisekretär und ich werde mich für eine bestimmte Zeit dieser Aufgabe voll und ganz widmen. Ich schließe aber weder etwas aus, noch strebe ich irgend etwas an. Wenn ich auch Theologie studiert habe, so befähigt mich das keineswegs dazu, die Zukunft vorauszusagen.

„Ein Mitgrund für meine Entscheidung ist sicher auch der Generationswechsel in der Partei. Das Tandem Achammer-Kompatscher finde ich einen Glücksgriff für das Land und die SVP.“

Also genauer: Gibt es eine Abmachung mit Philipp Achammer, dass Sie nach einer bestimmten Zeit als SVP-Sekretär in den Landtag wechseln?

Nein. Es gibt nur die Abmachung, dass ich den Parteiobmann in den nächsten Jahren intensiv, professionell und loyal begleiten werde.

Bei manchem Ihrer Vorgängern hat es eine Klausel im Arbeitsvertrag gegeben, die einen solchen Wechsel ausschloss. Bei Ihnen?

Ich verstehe, dass diese Spekulationen die Medien interessieren. Diese Fragen sind für mich derzeit aber kein Thema.