Politik | SVP

Zwang zur Haftung

Zahltag nicht nur für SVP-Mitglieder, sondern auch für die MandatarInnen der Partei. Die sollen nun ausnahmslos für die Schulden ihrer Partei haften. Und wenn nicht?

Stehst du auch in schwierigen Zeiten hinter deiner Partei? Mit dieser Frage werden in diesen Wochen nicht nur die SVP-Mitglieder konfrontiert, die bis spätestens 13. Oktober ihre Mitgliedsbeiträge abliefern sollen. Wie am vergangenen Samstag bei der SVP-Ortsobleutekonferenz in Nals deutlich wurde, wird sie auch den gewählten Mandatarinnen und Mandataren in Rom, Brüssel und dem Bozner Landtag nicht erspart bleiben. Denn um die Kredite der mit fünf Millionen Euro verschuldeten Partei zu sichern, müssten alle 25 gewählten VolksvertreterInnen plus der Bozner Vize-Bürgermeister eine Bürgschaft in Höhe von 63.000 Euro unterschreiben, machten SVP-Parteiobmann Philipp Achammer und Chefsanierer Herbert Dorfmann einmal mehr deutlich.

Das heißt, dass die Parlamentarier neben Solidarzahlungen in Höhe von 10 Prozent ihres Einkommens auch noch privat für die Parteischulden mithaften sollen. Eine Verpflichtung, die in der Vergangenheit auf die Schultern weniger verteilt worden war. Allen voran auf jene der Obmänner: Siegfried Brugger hatte bereits 2003 eine Bürgschaft über 400.000 Euro für die Partei unterzeichnet, der erst im Vorjahr gelöscht worden war, sein Nachfolger Elmar Pichler-Rolle musste gar für 800.000 Euro bürgen - und mittlerweile tragen Ex-Obmann Richard Theiner, Landeshauptmann Arno Kompatscher sowie Florian Mussner Bürgschaften über mehrere 100.000 Euro.

Entlastung des Parteiobmanns

Eine ungleich verteilte Verantwortung, mit der Herbert Dorfmann als Vorsitzender der parteiinternen Finanzkommission genauso aufräumen will wie mit einer einseitigen Belastung der Parteiobmänner. Denn diese trugen bislang neben den Bürgschaften auch noch eine „fiktive Verantwortung“ für die Parteischulden: Da der Schuldenberg bislang nicht vollständig durch die Parteiimmobilien und Bürgschaften abgedeckt worden war, hätten die Parteiobmänner im Fall einer Insolvenz des Vereins SVP auch noch für die ungedeckten Schulden gerade stehen müssen. Eine Last, die von den Parteigranden spätestens beim letzten Obmannwechsel auf Philipp Achammer als übermäßig eingeschätzt worden war.

„Ich habe in meinem Sprechstunden schon zu viele Menschen erlebt, die von einer Bürgschaft in den Ruin getrieben worden sind, und rate immer jedem davon, solche eine Haftung zu übernehmen.“ Maria Hochgruber Kuenzner

Deshalb haften seit dem Vorjahr immer mehr MandatarInnen auch mit ihrem persönlichen Vermögen gegenüber dem Hauptgläubiger der Partei, der Raiffeisenkasse Bozen. Landtagsabgeordneter Oswald Schiefer hat beispielsweise bereits im vergangenen Frühjahr eine Bürgschaft unterschrieben – damals nicht als Abgeordneter, sondern als SVP-Bezirkspräsident und Mitglied der Parteileitung. „Ich war zu dem Zeitpunkt noch nicht dazu verpflichtet“, sagt er, „doch der damalige Parteisekretär Philipp Achammer und ich haben mitgemacht, weil die Haftungssumme für die einzelnen Mandatare sonst auf 80.000 bis 100.000 Euro hinaufgegangen wären“, sagt er.

Auch Senator Hans Berger bürgt wie die anderen römischen Parlamentarier bereits seit dem Vorjahr für seine Partei. „Weil es einfach richtig ist, dass alle Mandatare für ihre Partei eine bestimmte Sicherheit gewährleisten“, meint er. Auch wenn er sich den Seitenhieb nicht verkneifen kann, dass „eigentlich jene Leute zur Verantwortung gezogen werden sollten, die an der Finanzmisere die Schuld tragen“. Doch, wie er meint: „Vergangenheitsbewältigung ist jetzt nicht zielführend“. Deshalb wäre eine möglichst breite gemeinsame Haftung derzeit sicher die beste Lösung. „Und wer anderer Meinung ist, soll eine Alternative vorlegen“.

Ob solche noch vorgelegt werden, wird sich in diesen Wochen  zeigen. Denn nun heißt es für Dorfmann und Achammer, mit all jenen Abgeordneten zu sprechen, die sich bislang geweigert hatten, als Privatperson oder mittels Bankgarantien für die Partei zu haften. Eine der offenen Kritikerinnen dieser Zwangsbeglückung ist Maria Hochgruber Kuenzner. Wie sie auf den neuerlichen Vorstoß ihrer Partei reagieren wird, kann die SVP-Landtagsabgeordnete derzeit noch nicht sagen. „Doch ich habe in meinem Sprechstunden schon zu viele Menschen erlebt, die von einer Bürgschaft in den Ruin getrieben worden sind“, meint sie, „und rate jedem davon, solche eine Haftung zu übernehmen.“ Gerade deshalb habe sie ein großes Problem, nun selbst in eine solche gezwungen zu werden.

Verkauf der Parteiimmobilien steht bevor

Auch Herbert Dorfmann ist klar, dass es bei dem einen oder anderen KollegInnen noch einige Überzeugungsarbeit brauchen wird. Eines seiner Argumente? Das Risiko einer solchen Bürgschaft sei minimal, mit dem nun vorliegenden Finanzierungskonzept sei man auf dem besten Wege die Partei in „sichere Gewässer“ zu führen. Bereits in den kommenden Wochen soll der Verkauf der Parteiimmobilie in Bruneck und des Café Brennpunkt über die Bühne gehen, für die es auch schon Käufer gäbe, so Dorfmann. Auch die Reduzierung der parteieigenen MitarbeiterInnen um rund ein Drittel sei auf einem guten Weg. Mit einer freiwilligen Kündigung, der Auflösung mehrerer CoCoCo-Verträge sowie angedachten Lösungen für einige MitarbeiterInnen, die kurz vor der Rente stehen, müsste sie auch ohne Kündigungen gelingen, ist er zuversichtlich.

„Wer jetzt nicht zahlt, tritt bei den nächsten Gemeinderatswahlen nicht mehr bei der SVP an.“

Keine Gnade soll es dafür für all jene BürgermeisterInnen und GemeindeassessorInnen geben, die in den vergangenen Jahren ihre  Solidarzahlungen schuldig geblieben sind. Rund 150.000 Euro sind bei der Partei noch aus der 4-prozentigen Abgabe von Gemeindeverwaltern offen, sagt Herbert Dorfmann. Kurz vor den anstehenden Gemeinderatswahlen sieht er nun ebenfalls den geeigneten Zeitpunkt, um mit „dieser leidigen Geschichte“ aufzuräumen: „Wer jetzt nicht zahlt, tritt bei den nächsten Gemeinderatswahlen nicht mehr bei der SVP an“, sagt er. Eine Maßnahme, die man auch den Mitgliedern schuldig sei. „Wenn wir als seriöse Partei gelten wollen, müssen sich auch ihre VertreterInnen an vereinbarte Verpflichtungen halten.“

Aufräumen bei der Volkspartei also, in vielerlei Hinsicht. Und passiert mit jenen Abgeordneten, die sich weigern eine Bürgschaft zu übernehmen? „Das werden wir noch sehen“, antwortet Dorfmann, „darüber wird dann die Parteileitung entscheiden.“ 

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Willy Pöder Mo., 29.09.2014 - 18:28

Zur Verschuldung der Südtiroler Volkspartei sagt Onorevole Senator Hans Berger im Bericht von Susanne Pitro: (...). "Weil es einfach richtig ist, dass alle Mandatare ihrer Partei eine bestimmte Sicherheit gewährleiten". Gefallen ist dieser Satz im Rahmen eingeforderter Bürgschaftsleistungen zugunsten der Partei.
So unsinnig, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, ist die Forderung Bergers nicht. Denn letztendlich erreichten viele unserer Zeitgenossen erst durch die Partei ihre himmlische Sicherheit in der obersten Baumgabel des Sozialstaates. Also sollten sie auch dafür sorgen, dass die Wurzeln, die den Baum tragen, nicht absterben.

Mo., 29.09.2014 - 18:28 Permalink