Gesellschaft | Bildung

Kindergärtnerinnen: Mehr Praxis in der Ausbildung

Universitäre Ausbildung für KindergärtnerInnen? Ja bitte, sagen die Kindergartendirektorinnen Beatrix Aigner und Jutta Tappeiner. Aber mit Qualität und Reflexion.

Beatrix Aigner und Jutta Tappeiner sind Kindergartendirektorinnen in Südtirol. Mit einer Studie treten sie an die Universität Bozen heran und wollen "den Lehrkörper der Bildungswissenschaften für die Anliegen der frühen Kindheit gewinnen und die fünf Studienjahre des Masterlehrganges bestmöglich auf die kindlichen Entwicklungsbedürfnisse auszurichten und wissenschaftliche Theorien praktisch fruchtbar zu machen."

Kurzum und etwas zugespitzter formuliert: Wo bleibt die Praxis in der ganzen Theorie? Nicht ob es eine Ausbildung der KindergartenpädagogInnen an der Universität geben soll, wird in Frage gestellt, sondern wie diese Ausbildung aussehen soll.

Obwohl die akademische Ausbildung den Auftrag hat, die Studierenden auf den Beruf vorzubereiten, habe die Universität Bozen den Bedarf der Praxis nie erhoben und operiere losgelöst von Kindergarten und Schule. "Praxisfähigkeit" sei bei den Akademikern vordergründig auf Fingerspiele, Lieder, Tagesablauf, formale Aspekte der Bildung bezogen und wird weniger mit Reflexionskompetenz und eigenwirksamem Handeln in Verbindung gebracht – erbringt also gerade das nicht, was die Akademisierung an Qualitätssteigerung erbringen sollte.

Die Österreichische Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP), sieht die "Akademisierung des Berufsfelds der Kleinkindpädagoginnen", anders und sagte im Juni 2014: "Müssen wir jetzt auch akademische Tischler haben?" Südtirol ist überzeugt: Ja, mehr Ausbildung ist erwünscht, doch Wissen soll nicht nur von oben herab vermittelt werden.

Die "Feldstudie 2014: Umfrage zur Praxisfähigkeit der universitären Ausbildung von Kindergärtnerinnen an der Bildungswissenschaftlichen Fakultät der Freien Universität Bozen" wurde von Beatrix Aigner und Jutta Tappeiner Ebner erstellt, mit wissenschaftlicher Begleitung von Roland Benedikter (Oktober 2014). Im Zuge der Studie wurden 156 pädagogische Fachkräfte in der Hälfte der acht Südtiroler Sprengeln (Neumarkt, Bozen, Lana und Meran) mittels Fragebögen befragt. 95 Aussagen von VollzeitstudentInnen der Bildungswissenschaften Brixen bescheinigen den oft hochbezahlten, bundesdeutschen DozentInnen kein gutes Zeutnis, wir zitieren einige Fragebogenaussagen:

1.Viele Dozenten an der Uni haben keinen Einblick in den Kindergartenalltag bzw. die Arbeit mit Kindern im Alter zwischen 2 ein halb und 6 Jahren.
2. Dozenten haben oft keine Berufserfahrung oder kennen den Kindergarten in Südtirol nicht.
3. Der Titel der Professoren zählt mehr als Praxiserfahrung für die Einstellung.
4. Ich hätte mir oft mehr Praxisrelevanz in den Vorlesungen und Laboratorien gewünscht. Es ist nicht wichtig, dass ein Dozent eines Laboratoriums viel Fachwissen oder viele Doktortitel hat, sondern, dass er aus der Praxis kommt und Praxis weitergibt!

Auch die fehlende Eigenverantwortung, die den Studierenden von der Universität aberkannt wird (Anwesenheitspflicht, Stundenplan), wird bemängelt: "Prüfungsdenken – Auswendiglernen – wo bleibt da die eigene Entwicklung?", fragt eine Studierende.
Den Lernort Universität wollen die PädagogInnen nicht missen, aber er ist "nicht ein privilegierter Ort, sondern steht im Kreislauf mit der Praxis, ja kann ohne sie genausowenig sein wie die Praxis ohne theoretische Reflexion."

Den ganzen Beitrag in der Wiener Zeitung lesen Sie hier.