Kultur | Veranstaltungen

Lautes leises Bozen

Ist der Gemeinde Bozen jedes Mittel recht, um Live-Musik zu verhindern? Eine neue Regelung hat diesen Anschein erweckt. Nun soll ein Infoabend für Klarheit sorgen.

Ein Aufschrei war durch die Medien – und allen voran salto.bz – gegangen, als die Gemeinde Bozen vor einigen Wochen in einer Pressemitteilung ankündigte, dass in Zukunft für Veranstaltungen mit weniger als 200 Besuchern, die um 24 Uhr des Veranstaltungstages enden, nicht nur die SCIA (Segnalazione certificata di inizio attività – eine einfache Meldung der Veranstaltung) bei der zuständigen Gemeinde zu machen sei.

Diese Maßnahme war vom italienischen Gesetzgeber bereits 2013 beschlossen worden, um einen Schritt Richtung Entbürokratisierung zu machen. Bisher war nämlich auch für solche kleinen Veranstaltungen die Genehmigung des jeweiligen Bürgermeisters notwendig gewesen. Seit  September des heurigen Jahres ist die entsprechende Regelung auch auf Landesebene gesetzlich verankert.

Nein, in Bozen muss zusätzlich eine Meldung beim Amt für Umwelt und Schutz des Territoriums gemacht werden und zwar in jenen Fällen, wo Musik gespielt, öffentlicher Grund beziehungsweise Speisen und Getränke verabreicht werden. "Eine Veranstaltung gilt nur als genehmigt, wenn die SCIA-Erlaubis und jene des Amtes für Umwelt und Schutz des Territoriums vorliegt", so heißt es aus der Gemeinde.

Reaktionen: Web und Politik

"Hirnrissig" sei diese Regelung, so liest man auf salto.bz. Gemacht, um Veranstaltern und der Live-Musik Prügel in den Weg zu legen: "Il Comune con queste nuove disposizioni esplicita la propria volontà di contrastare il fenomeno della musica dal vivo." Auch Reaktionen aus der Politik lassen nicht auf sich warten: Gemeinderat Guido Margheri (SEL) fordert Bürgermeister Spagnolli auf, die Verordnung umgehend zurückzunehmen, der Ruf nach dem Rücktritt der Grünen Kulturstadträtin Patrizia Trincanato wird laut.

Diese lässt sich den Vorwurf, nichts zur Verhinderung der Bozner Regelung gemacht zu haben, nicht gefallen und meldet sich auf salto.bz zu Wort: Im Gegenteil, die Gemeinde Bozen habe zahlreiche Initiativen unterstützt, mit der Live-Musik in der Stadt gefördert wird. "Il Comune non è e non è mai stato contro la musica", will auch Bürgermeister Spagnolli klargestellt wissen. Die Gemeinde sei auch weiter bemüht, Veranstaltern sowie Künstlern entgegenzukommen – jedoch stets innerhalb des entsprechenden gesetzlichen Rahmens. Und laut einem Landesgesetz von 2012 sei gar nicht möglich, Musikveranstaltungen ohne Genehmigung vonseiten der Bürgermeister – und nur durch eine einfache Meldung in der Gemeinde – abzuhalten. Dazu Trincanato:

"È vero che la Provincia (…) ha previsto che la richiesta di autorizzazione per pubbliche manifestazioni per eventi fino ad un massimo di 200 persone, viene sostituita dalla SCIA, ma trattasi solo di manifestazioni senza musica, perché purtroppo, la stessa Provincia non ha esentato i Sindaci da una sua stessa Legge, la nr.20 del 2012 ‘Disposizione in materia di inquinamento acustico’ che prevede all’art. 12 che laddove vi sono manifestazioni pubbliche con uso di impianti acustici il Sindaco debba rilasciare apposita autorizzazione."

Information vor Protest

Einer, der sich auskennt, versucht die Wogen zu glätten. Tobias Planer sitzt für die Grünen im Bozner Gemeinderat und zählt selbst zu einem der engagiertesten Veranstalter in der Landeshauptstadt. Er gesteht ein, dass die Pressemitteilung der Gemeinde Bozen "wahrlich sehr unglücklich und umständlich verfasst worden" sei. "Denn die Veranstaltungen OHNE Musik und OHNE Essen- & Getränkeausgabe hätten erst gar nicht erwähnt werden sollen", so Planer auf salto.bz. Denn in Wirklichkeit gehe es in dem Dekret rein um die bürokratische Erleichterung für häufig stattfindende kleine Musikveranstaltungen in schon dafür vorgesehenen beziehungsweise geeigneten Locations bis 24 Uhr.

"Ein Ansporn, vor allem einheimischen und kleineren, unbekannteren MusikerInnen den Auftritt auf einer (kleinen) Bühne zu ermöglichen. Alle anderen Lokale und Orte (auch im Freien), welche einmalige Veranstaltungen planen, kommen leider nicht in den Genuss dieser vereinfachten Bürokratie und müssen den normalen Behördenweg durchschreiten", stellt Planer klar.

Er will nun – zu seinem Bedauern etwas spät – die Bevölkerung hinsichtlich der Anwendung des neuen Landesgesetzes aufklären.

Am heutigen Donnerstag, 30. Oktober um 18.30 Uhr findet ein Informationsabend im Festsaal des Rathauses in der Gumergasse statt. Gedacht für VeranstalterInnen, GastwirtInnen, Kultuvereine, KünstlerInnen und Interessierte. Anwesend sein und Fragen beantworten werden Stadträtin Patrizia Trincanato und die zuständigen MitarbeiterInnen.