Wirtschaft | Gastbeitrag

Der Fehler im System

Erstmals seit 14 Jahren nahm der Verbund der Kleinaktionäre der Südtiroler Sparkasse
an der Gesellschafterversammlung nicht teil. Der Vorstand erklärt die Beweggründe.

Nach 14 Jahren ist es für den Verbund der Kleinaktionäre Südtiroler Sparkasse Zeit für ein Fazit. Die Schwierigkeiten der Bank sind hinlänglich bekannt und wurden bereits ausführlich beschrieben – dazu braucht es keine Ergänzung. Um einen wesentlichen Punkt hat sich der Verbund 14 Jahre lang leider vergeblich bemüht: die Verbesserung der Governance, sprich des Führungsmodells der Bank.

Grundsätzlich basiert die Führung der Sparkasse heute auf zwei zentralen Säulen:

1) der Stiftung als Mehrheitsaktionär

2) dem Verwaltungsrat und Aufsichtsrat der Bank

Die Stiftung Südtiroler Sparkasse

Die Stiftung Südtiroler Sparkasse, 1992 entstanden, hat für Südtirol eine enorme Bedeutung – sie „stiftet Kultur“. Unzählige Projekte und Initiativen wurden unterstützt und zeugen von der Wichtigkeit dieser Institution für Südtirol. Ein jeder Südtiroler hat direkt oder indirekt diese Förderung erlebt und auch genießen dürfen.

Um diese Förderungstätigkeit nachhaltig zu finanzieren, verwaltet die Stiftung das im Rahmen der Entwicklung der Südtiroler Sparkasse entstandene Vermögen, heute rund 750 Millionen Euro (Stand Oktober 2015), von dem mehr als zwei Drittel in der Beteiligung an der Südtiroler Sparkasse gebunden ist. Die Stiftung verwaltet Volksvermögen für kulturelle Projekte und Initiativen im Land.

Beide Tätigkeitsbereiche, Förderung und Verwaltung, sind also für Südtirol wichtig und hängen eng zusammen. Um den Erhalt und die Entwicklung des Großteils des Vermögens zu gewährleisten, entsendet die Stiftung ihre Vertreter in den Verwaltungs- und Aufsichtsrat der Bank. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, die Kompetenz und Fachwissen verlangt.

Sieht man sich die Gremien der Stiftung an, fällt jedoch eines auf: Während im Bereich Kulturförderung über verschiedene Vertreter großes Fachwissen vorhanden ist, gilt das für den Bereich „Bank und Vermögensverwaltung“ eher beschränkt. Sicher, es gibt sehr fähige und erfolgreiche Unternehmer, die großes wirtschaftliches Know-how haben – aber in einer Welt, wo das Finanz- und Bankwissen immer spezifischer und komplexer wird, scheint dies wohl nicht mehr ganz ausreichend zu sein. Die Schlussfolgerung: es gibt wahrscheinlich nicht genug „Finanz- und Bank-Know-how“ in der Stiftung.

Heißt das, dass für die Zukunft ein Finanz- und Bankexperte als Präsident gebraucht wird? Nein, sicher nicht. Aber Vertreter mit gutem Fachwissen im Bereich „Bank & Finanz“ sollten vorhanden sein. Denn wie kann man sonst für die Zukunft kompetente Verwaltungs- und Aufsichtsräte ermitteln und entsenden? Und sich mit der Bankenspitze auf Augenhöhe unterhalten? Oder gar ein neues Führungsmodell für die Bank entwerfen?

Der Verwaltungs- und Aufsichtsrat der Südtiroler Sparkasse

Der Verwaltungs- und Aufsichtsrat hat in einer Bank eine zentrale Funktion. Er führt und verwaltet die Bank. Bei der Sparkasse sind es heute neun Verwaltungsräte und drei Aufsichtsräte. Auch der Verbund der Aktionäre war bis heute über einen eigenen Verwaltungsrat vertreten, genauso wie der beauftragte Verwalter und Generaldirektor im Verwaltungsrat sitzt, dessen Kompetenzen im letzten Jahr – und das war ein guter und wichtiger Schritt in die richtige Richtung – wesentlich erweitert wurden.

Bei der Durchsicht dieser Gremien kann festgestellt werden, dass hier fähige Freiberufler, Ingenieure, Unternehmer und Vertreter anderer Berufsgruppen sitzen. Nur ist deren Fachgebiet, mit einigen Ausnahmen, eben nicht unbedingt der Bereich „Bank & Finanz“.

De facto wird die Bank heute durch eine Dreier-Spitze aus Präsident, Vize-Präsident und Generaldirektor geführt. Mit den formellen Abstimmungen befasst sich dann der Verwaltungsrat, der in wöchentlichen, stundenlangen Sitzungen mit beträchtlichem Einsatz über viele Weichenstellungen der Bank entscheidet.

Einsatz und Intention sind sicher hochwertig, nur sind nicht alle Vertreter im Bereich „Bank & Finanz“ vollends trittsicher, was angesichts der Flut an Auflagen und Gesetzen der Aufsichtsbehörden, der enormen Quantität der zu behandelnden Themen und Dokumente und des technologischen und strategischen Wandels im Bankgewerbe aber immer wichtiger wird.

Die Kombination aus großer Themenfülle, Dokumentenflut und Zeitdruck macht es insbesondere jenen Verwaltungs- und Aufsichtsräten nicht leicht, einen wirklichen Mehrwert in die Sitzungen einzubringen, die nicht über profundes Bankwissen verfügen.

Die aktuelle Governance stößt hier spürbar an ihre Grenzen. Daher ist es Zeit für eine Fortentwicklung dieser Gremien – eine Fortentwicklung, die der Verbund seit nunmehr 14 Jahren einfordert.

Ein neues Modell für die Südtiroler Sparkasse

Sieht man sich um und schaut man nach Norden, so fällt eines auf: Es gibt sie noch, die Mittelstandsbanken, welche Jahr für Jahr gute Ergebnisse liefern. Doch was machen diese Banken anders, was ist ihr Geheimrezept? Es gibt wohl eine Vielzahl an Faktoren. Eines jedoch fällt auf: diese Musterschüler weisen alle ein ähnliches Führungsmodell auf, nämlich die klare Trennung von Führung und Aufsicht – auch „duales Modell“ genannt.

Konkret heißt das folgendes:

Die Aktionäre wählen einen Aufsichtsrat, und dieser bestimmt dann ganz autonom einen fachlich kompetenten, meist mehrköpfigen, hauptberuflichen Vorstand. Das heißt, ein Vorstand aus Bankmanagern leitet das Unternehmen unabhängig in eigener Verantwortung und wird in dieser Funktion vom Aufsichtsrat unterstützt (welcher diesen Vorstand bestellt, überwacht und berät). Der Aufsichtsrat trifft sich dafür periodisch im Laufe des Jahres. Die verschiedenen Vorstände leiten dann in diesen Banken das Tagesgeschäft über ihnen zugeteilte Fachbereiche: Personal, Marketing, Finanzen etc.

Natürlich steht und fällt alles mit der Qualität des Vorstandes. Aber der Aufsichtsrat hat - weil er keine operative Tätigkeit ausübt und nicht ins Tagesgeschäft eingebunden ist - ausreichend Zeit, um die bestmöglichen Vorstände für die Bank auszumachen, zu beobachten und einzusetzen und sich um die strategischen, langfristigen Weichenstellungen zu kümmern.

Als Verbund sind wir seit 14 Jahren davon überzeugt, dass dieses „duale Modell“ für die Sparkasse der richtige Weg wäre. Dies haben wir Jahr für Jahr und in vielen Treffen der Bank  und dem Hauptaktionär kommuniziert, doch eine vertiefende Diskussion hat es dazu nicht gegeben. Warum? Schwierig zu sagen.

Vielleicht hat der Mut für ein neues Modell gefehlt? Vielleicht war aber auch die Sorge da, durch eine Änderung an Einfluss zu verlieren. Der Verbund hat darauf nie eine richtige Antwort erhalten.

Was kann der Verbund der Aktionäre noch tun?

Leider nicht allzu viel – denn auch unsere Ein-Mann-Vertretung im scheidenden Verwaltungsrat hat wenig bewirkt. Und das bei großem Einsatz, guter Vorbereitung und erheblichem Zeitaufwand. Auch aus diesem Grund hat sich der Vorstand des Verbundes dazu entschlossen, auf einen eigenen Vertreter im neuen Verwaltungsrat zu verzichten.

Unsere jährliche Ansprache im Rahmen der Generalversammlung werden wir vorerst aussetzen - denn das, was der Verbund im Namen seiner mehr als 300 Mitglieder sagen wollte, hat er in 16 Generalversammlungen ausführlich kommuniziert und wiederholt. Und die Resonanz zu diesen Wortmeldungen war bis dato beschränkt.

Wie geht es nun weiter?

Der Verbund wird weiter bestehen bleiben, soviel steht fest. Gerade erst hat die Mitgliederversammlung den neuen Vorstand bestimmt. Auch die jährliche Mitgliederversammlung des Verbundes wird weiter stattfinden. Und der Verbund wird mit Spannung die Entwicklung der Sparkasse (nun von außen) zusammen mit den restlichen Aktionären des Streubesitzes über Mitteilungen und Bilanzen der Bank verfolgen und diese bei Bedarf kommentieren.

Grundsätzlich bleibt die Hoffnung bestehen, dass sich das Blatt - trotz der bestehenden Defizite - ins Positive wendet und die Kehrtwende gelingt. Dafür wünschen wir dem alt-neuen Verwaltungsrat eine gute Hand!

Aber vielleicht hört die neue Stiftungsmannschaft ja unseren Ruf nach einem neuen Führungsmodell – denn der Hauptaktionär muss ja bekanntlich gut verwalten, um hoffentlich auch noch in ferner Zukunft „Kultur zu stiften“.

Und bevor wir’s vergessen: In den kommenden Jahren könnte der Verbund durchaus noch einmal aktiv gebraucht werden – nämlich falls sich tiefere Kooperationen mit einem strategischen Partner ergeben. Dann wird der Verbund die Interessen der Kleinaktionäre mit bestem Einsatz vertreten - soviel steht fest!

Der Vorstand des Verbundes der Aktionäre Südtiroler Sparkasse