Wirtschaft | Bauern

Wer sieht, was die Bauern machen?

UNO-Sonderbotschafter Gerd Sonnleitner war im Südtiroler Landtag. "Mehr Wertschätzung für die Bauern" fordert der ehemalige Präsident des bayrischen Bauernverbandes.

Gerd Sonnleitner kommt gerne nach Südtirol. Er schätzt die Landschaft, die Kultur, das Klima und die Leute, die Südtirol zu dem machen, was es ist. "In Südtirol fühl ich mich daheim", sagt  der ehemalige Präsident des bayerischen, des deutschen und des europäischen Bauernverbandes. Und so rückt er am 30. Oktober, bei seiner Rede im Südtiroler Landtag, die bäuerlichen Familien in den Mittelpunkt.

Das Jahr 2014 wurde von der UNO zum „Internationalen Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe" ausgerufen. "Nicht für Europa wurde dieses Motto gewählt, sondern für die ganze Welt", so Sonnleitner. "Aber Europa spielt eine wichtige Rolle in der Welternährung. Unser Kontinent ist für diese ein Stabilitätsfaktor, das wird auch von außen so gesehen." Bäuerliche Familien produzieren weltweit über 70 Prozent der Lebensmittel, die für ungefähr 40 Prozent der Weltbevölkerung die Lebensgrundlage bilden.

Dass selbst aus wenig viel gemacht werden kann, dafür sei Südtirol das beste Beispiel. Der Zusammenhalt, den Sonnleitner als so wichtig erachtet, den Aufruf zu Geschlossenheit, den er befürwortet, kommt nicht von ungefähr. Die Malser Pestiziddiskussion, die einen Keil in die Südtiroler Bauernschaft getrieben hat, mag der Passauer, selbst Landwirt eines 100-Hektar großen Veredelungsbetriebes, im Auge haben. "Spaltungen im Bauernstand sind gefährlich", sagt er.

Und so will er das, was ist, hervorheben. Bewusst machen. Den Südtiroler Wohlstand, die Südtiroler Bauernschaft.  Nur zwei Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung sind Bauern, ihre Produktion macht 15 Prozent der Wertschöpfung, berücksichtigt man den nachgelagerten Bereich. In Südtirol wird die bäuerliche Bevölkerung auf rund 9,5 Prozent geschätzt, ihr Anteil an der Wertschöpfung beläuft sich auf 25 Prozent.

Sind wir uns bewusst, was die Bauern für Südtirol leisten? Landtagspräsident Thomas Widmann erinnert: "Südtirol ist ein wohlhabendes Land, und das verdanken wir vor allem den Bauern." Vieles was die Landwirtschaft leistet, wird bei uns nicht gesehen", gibt auch Sonnleitner zu bedenken er bennent es: "Es ist nicht nur die Nahrungsmittelproduktion, auch die Pflege der Landschaft, die gerade in Südtirol für den Tourismus so wichtig ist, die Pflege der Kultur. All das betreiben die Bauern." Ausufernde Bürokratie, hohe Sozialkosten und Auflagen - damit kämpfen Landwirte weltweit, und auch hierzulande. Eines möchte Sonnleitner fokussiert haben: Bauern können langfristig nur überleben, wenn ihr Beruf ein Ansehen hat. Die Bezeichnung "privilegierte Bauern" würde er deshalb gerne streichen. Für die Bauern, und für Südtirol.

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Mensch Ärgerdi… Fr., 31.10.2014 - 13:40

Die Bezeichnung "privilegierte Bauern" würde er deshalb gerne streichen. Geht ganz einfach, man braucht nur die Privilegien abschaffen!
Landwirte sollen ungehindert ihren Beruf ausführen können, aber wenn sie, wie im Fall vom Tourismus, in andere Märkte eindringen und mitmischen wollen, dann bitte mit den gleichen Bedingungen. Was sich sonst unsere Landwirte alles so leiten, konnten wir hier aus Salto dank den Artikeln von Herrn Franceschini oft genug lesen. Da wird man zu Recht noch lange von Privilegien sprechen.

Fr., 31.10.2014 - 13:40 Permalink
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Ein Leser Fr., 31.10.2014 - 15:47

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Zum Punkt "gleiche Bedingungen":

Urlaub auf den Bauernhof Betriebe unterliegen den gleichen gesetzlichen Anforderungen wie Privatzimmer- oder Ferienwohnungsvermieter. Siehe hierzu Art. 5 und 13 des LG Nr. 7/2008 (UaB Gesetz).
Im Unterschied zu Privatzimmer- und Ferienwohnungsvermietern, MUSS der UaB Betreiber jedoch eine vorwiegende landwirtschaftliche Tätigkeit haben (Art. 3 UaB Gesetz), um diese touristische Nebentätigkeit überhaupt ausüben zu dürfen. Zudem MUSS die Tätigkeit vorwiegend vom lw. Unternehmer und seinen mitarbeitenden Familienmitgliedern verrichtet werden.

Urlaub auf dem Bauernhof verlangt also eine Reihe von zusätzlich notwendigen Voraussetzungen für die Ausübung der Tätigkeit.

Und jetzt kommt sicher wieder das Steuerargument. Also gut.
Der UaB Betreiber bezahlt pauschal 25% Einkommenssteuer auf den UMSATZ der UaB Einnahmen. Er darf keine Abschreibungen der Investitionen und auch keine Abschreibung der Mehrwertsteuer vornehmen.
Ungerecht? Vielleicht.
Ich habe keine Ahnung, wie hoch die Steuergrundlage bei einem Privatzimmervermieter ist, nachdem er sämtliche Investitionen und die Mehrwertsteuer abgeschrieben hat und auf seinen GEWINN die progressive Einkommenssteuer, mit einem Steuersatz von 23%, 27%, 38%, 41% oder 43%, bezahlt.

Wahrscheinlich nicht viel Unterschied. Ein Rechenbeispiel (ohne Anspruch auf Realitätsübereinstimmung)
Umsatz 25.000 € UaB, keine Abschreibungen möglich = 6.250€ Irpef
Umsatz 25.000 € Privatzimmervermieter, 2.500 € Abschreibungen (?), Gewinn € 22.500 = 6.075 € Irpef

Fr., 31.10.2014 - 15:47 Permalink
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Sepp.Bacher Fr., 31.10.2014 - 21:23

Antwort auf von Ein Leser

Frage: Wie hoch ist die öffentliche Förderung, damit sich die "Bauern" z. T. protzige UaB-Paläste errichten können? Wie hoch jene der Privatzimmervermieter oder Residenz-Betreiber?
Warum wird kein Unterschied zwischen Bergbauern und Apfel-Industriellen gemacht?

Fr., 31.10.2014 - 21:23 Permalink