Gesellschaft | Benko

Nein-Sager aus Überzeugung

So vielfältig wie die Gruppe der Bozner Kaufhaus-Gegner sind ihrer Meinung auch die Gründe, bei der Bürgerbefragung gegen das Projekt zu stimmen.

Eine Truppe, die bunter wohl nicht sein könnte, hat am Donnerstag Vormittag in das Bozner Capitol-Kino geladen. Das Foyer des Filmhauses ist kaum wieder zu erkennen. Geschmückt mit Plakaten und Flyern. “Kaufhaus Bozen – contrario”, steht auf den meisten zu lesen. Mit dem Slogan wird jedoch nicht die neueste Filmerscheinung angekündigt. Sondern es sind, wie unschwer zu erraten, die Gegner des so genannten “Benko-Projekts”, die schließlich vor die Presse treten. Vereine, Organisationen, Initiativen der Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, aber auch Einzelpersonen haben sich in einem Komitee zusammengeschlossen, um für ein “Nein” bei der Bürgerbefragung zum Kaufhaus-Projekt, die zwischen 29. März und 4. April stattfindet, zu werben. Der Name des Komitees: “We Love BZ Not Benko”.


In Vielfalt geeint

“Wir haben viele unterschiedliche Ideen, was uns aber eint, ist das Nein zum Kaufhaus-Projekt”, erklärt Lisa Huber eingangs. Die ehemalige Vorsitzende der Katholischen Jungschar ist für die Initiative #jung_in_bozen anwesend. Die Mitglieder des Komitees, das sich für eine partizipative, nachhaltige Gestaltung der Stadt einsetzt, seien keine notorischen Nein-Sager, so die Botschaft, die man zu vermitteln versucht. Sondern man habe sich eingehend über das Projekt informiert, es analysiert und sei zum Schluss gekommen, dass die Nachteile für Bozen und seine Bevölkerung klar überwögen. Daher sei man “leider, aber gerne dagegen”, so Huber.

Insbesondere der Mangel an Information und Bereitschaft, sich den Fragen der Kritiker zu stellen, wurde von den anwesenden Rednern hervorgehoben. Viele von ihnen, darunter die Architektin Margot Wittig, waren bei den Informationsveranstaltungen der Gemeinde zum Kaufhaus-Projekt dabei gewesen und hatten Fragen an die Mitglieder der Dienststellenkonferenz gestellt. “Aber zufrieden stellende Antworten haben wir keine bekommen”, meint Wittig. Etwa auf die Frage, “warum der Masterplan nicht respektiert wird?”, nennt Wittig ein Beispiel. In diesem sei festgehalten, dass im Stadtzentrum keine weiteren Strukturen errichtet werden dürften, die weiteren Verkehr anzögen. Und dass dies beim Kaufhaus-Projekt der Fall sein wird, ist man sich am Donnerstag Vormittag durch die Bank einig.
 

Was sagt die Umwelt?

“Wo Hunderte von Parkplätzen errichtet werden, wollen diese auch gefüllt werden und ziehen entsprechend Verkehr an”, ist nur eine Wortmeldung. Sie kommt von den Umweltschützern, die unter anderem mit Legambiente, WWF und dem Dachverband für Natur und Umwelt im Komitee vertreten sind. “Die Informationen, die wir hinsichtlich der Umweltaspekte des Projekts bekommen haben, sind sehr beunruhigend”, berichten die Umweltschützer. Eine Bewertung der Umweltauswirkungen, die die geplanten Bauten haben werden, habe es von keiner Seite gegeben. Doch was kaum bekannt ist: Das Wasser zur Kühlung des Kaufhaus-Gebäudes soll im nahen Eisack abgepumpt werden. “Zum einen handelt es sich dabei um öffentliches Gut. Zum anderen bringt das einen Temperaturanstieg des Wassers in der Nähe der Abpumpstelle mit sich. Welche Folgen wird das für das fragile Ökosystem dort haben?”, fragen sich die Umweltschützer. Ganz zu schweigen von der Luftverschmutzung, die sie sich während und nach der Realisierung des Projekts erwarten: “Unser ‘Nein’ ist also kein ideologisches, sondern basiert darauf, dass wir das Ganze (auch) aus gesundheitlicher Sicht bewerten.”


Vorbereitungen für die Präsentation des Komitees “We Love BZ not Benko”. Foto: salto.bz
 

Gegen Ausverkauf und politischen Missbrauch

Unter jenem Dutzend Anwesenden, die im Laufe der Pressekonferenz das Wort ergreifen, ist auch Federico Tibaldo. Als Präsident des Verbands der Selbstständigen (Confesercenti) sorgt er sich in erster Linie um den traditionellen Handel und seine Geschäfte, die den Interessen der Hochfinanz konträr gegenüber ständen, so Tibaldo. “Seit 2013 habe ich dem damaligen Bürgermeister Luigi Spagnolli erklärt, warum ich gegen ein Kaufhaus bin”, berichtet er: “Unter anderem, weil es in Südtirol 70 Prozent mehr Verkaufsfläche für den Detailhandel im Verhältnis zur Bevölkerung gibt als etwa in Verona.” Und nach der Verdoppelung des Twenty gibt es keinen Grund weiterzumachen, “svendendo il terreno della cittadinanza bolzanina”, schließt Tibaldo.

Spontaner Applaus kommt auf, auch als Stephan Lausch von der Initiative für mehr Demokratie das Wort ergreift. “Wir sind nicht dagegen, dass die Bürger zu diesem Projekt befragt werden, aber entschieden gegen die Art und Weise, wie diese Befragung durchgeführt wird”, stellt Lausch klar: “Es handelt sich hier um eine maßgeschneiderte Bürger- beziehungsweise Meinungsabfrage, mit der klaren Absicht, eine beabsichtigte politische Entscheidung zu beeinflussen – weil ihr Ausgang nicht gleichwertige Wirkung hat.” Wenn schon Bürgerbeteiligung, dann bitte “auf vernünftige und sinnvolle Art und Weise”.

Gegen die Vorgangsweise der Politik spricht sich auch #jung_in_bozen aus. Das Thema Busbahnhofsareal sei “nicht transparent und demokratisch” gehandhabt worden. Kritisch sieht man dort auch, dass es kein Konzept für die Information der Jugendlichen vonseiten der aktuellen Gemeindeverwaltung gibt. “Wir haben uns gefreut, als wir gehört haben, dass bereits 16-Jährige bei der Befragung teilnehmen dürfen, denn wir wollen auch mitbestimmen (dürfen)”, präzisiert Huber. Dass die Kaufhaus-Befürworter bereits an den Schulen aufmarschieren und Info-Material verteilen, weiß man bei #jung_in_bozen: “Wir sind ebenfalls unterwegs, auch wenn unsere Ressourcen begrenzt sind und es schwer sein wird, gegen die Befürworter anzukommen.” Doch dass “die Befürworter schon gewonnen” haben, wie Alfred Frei von Unsere Stadt zu Ohren gekommen ist, will man nicht hinnehmen. Seit kurzem gibt es eine Webseite des Komitees sowie eine Facebook-Präsenz.

“Wie man sieht, gibt es ausreichend Gründe, um gegen das Kaufhaus-Projekt zu stimmen”, resümieren die Mitglieder des Komitees “We Love BZ Not Benko” nach einer guten Stunde. Die Pressekonferenz ist zu Ende, der Kampf um eine jede Nein-Stimme hingegen hat gerade erst begonnen.

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Martin B. Do., 03.03.2016 - 20:01

"Nein-Sager aus Überzeugung" ist ein denkbar negativer Titel bzw. fast schon Klassifizierng der Gruppierung. Als Kritik meinerseits: jahrelange "partizipative" Treffen in Arbeitsgruppen oder mit Koordinatoren wie für den Virgl, sind auch nicht gerade attraktive Aussichten für konkrete Änderungen. No money, no action. Ideen und Überzeugungen allein sind nicht genug. Ich jedenfalls habe noch nicht verstanden welche alternativen Finanzmittel zur "partizipativen" Umgestaltung zur Verfügung stehen.

Do., 03.03.2016 - 20:01 Permalink
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Kris Krois Do., 03.03.2016 - 22:09

Unglücklicher Titel für ein passablen Artikel, in dem ja betont wird, dass es den Gegnern des Benko-Projektes um andere Entwicklungen geht, die durch "Benko" verbaut werden würden. Durch eine geschickte und professionelle Kommunikationsstrategie hat die “Benko-Allianz” hat es geschafft für Zukunft und Fortschritt zu stehen. Während die alle anderen als fortschrittsfeindliche Nein-Sager abgestempelt werden. Doch die vermeintlichen Nein-Sager wollen mehr als eine pseudo-moderne Shopping Mall. Deswegen müssen sie jetzt gegen die Betonierung eines Scheinfortschrittes sein, der wirkt eine schlechte Kopie von “Fortschritt” aus den 70/80ern.

Do., 03.03.2016 - 22:09 Permalink
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Josef Dalpunt Do., 03.03.2016 - 22:19

Der Titel passt perfekt, das sind jene Menschen, welche die Entwicklung der Stadt Bozen aufgrund ihrer persönlichen Interessen verhindert haben. Der Rest ist nur typisches Neinsager Gequatsche.

Do., 03.03.2016 - 22:19 Permalink
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alfred frei Fr., 04.03.2016 - 08:01

das paßt, Josef, die persönlichen Interessen der Umweltschützer gegen die gemeinnützigen, karitativen, volksnahen Unterfangen der Kaufhaus-SIGNA zu stellen, ist ein totaler Hammer ! Hast du für die Köpfe so vieler "Verhinderer" Asche genug ?

Fr., 04.03.2016 - 08:01 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Fr., 04.03.2016 - 08:29

Antwort auf von alfred frei

Den Umweltschützern wird schon lieber sein wenn das Kaufhaus am Rand der Stadt im Grünen gebaut wird, oder?
Hier geht es doch hauptsächlich darum wirtschaftliche Interessen der bozner Laubenkönige zu schützen und sonst redet man doch zum Großteil nur heiße Luft.

Fr., 04.03.2016 - 08:29 Permalink