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Asma Lamrabet: Islam und Feminismus passen zusammen

Die Marokkanerin Asma Lamrabet ist überzeugt davon, dass der Islam nur mithilfe starker feministischer Ideen reformiert werden kann. Sie war in Bozen und Meran und hat darüber gesprochen.

Islam und Feminismus passen gut zueinander. Davon ist die marokkanische Ärztin und Autorin Asma Lamrabet, die in Rabat lebt und arbeitet, überzeugt. 2004 hat sie einen Verein für die Rechte der Frauen und den kulturellen Austausch innerhalb des Islam gegründet und ist seitdem in der ganzen arabischen Welt bekannt. Sie steht nicht allein da mit ihren Ideen von der Vereinbarkeit, ja sogar der Reform der islamischen Religion durch die Verbesserung der Frauenrechte. Lamrabet nennt ihre Methode den „dritten Weg.“

Die derzeit vorherrschende Doktrin des Islam sieht die Frau stets auf eine Rolle, eine Funktion festgelegt: als Mutter, als Ehefrau, als Schwester oder Tochter. Stets wird die Frau als Objekt von ihrem Mündigsein enthoben und der Ehemann, der Vater, der Bruder verfügt über sie. „Aber der Koran,“ so Lamrabet, „definiert die Frau ebenso wie den Mann als Mensch und demzufolge als freies Wesen mit einer eigenen Identität.“ In ihrer Arbeitsgruppe untersuchen sie und ihre Mitarbeiterinnen den Koran nach seinem Gender-Potential. Sie sagt: „Von den 6.300 Koranversen werden immer wieder dieselben vier oder fünf zitiert, um die Unterdrückung der Frauen zu reproduzieren und zu festigen. Das sind jene, die die Polygamie des Mannes, das Erbrecht, das Tragen des Schleiers und die Zeugenaussage vor Gericht festlegen.“ Mit diesen wenigen Versen von so vielen hält man die Frauen in den arabischen Ländern in Schach. Außerdem, so Lamrabet, werde die Scharia, die religiös legitimierte Rechtsauslegung nur mehr in wenigen Staaten praktiziert, viel eher setze sich eine Mischform aus Koran-basierten Gerichten und zivilstaatlichen Institutionen durch. Zumindest in den nordafrikanischen Ländern.

Den Islam von innen heraus reformieren will Lamrabet vor allem auch deshalb, weil es ihre feste Überzeugung ist, dass nicht nur die Frauen getrennt von den Männern eine Weiterentwicklung brauchen, sondern die Gesellschaft insgesamt. Der westliche Feminismus sei als laizistischer Feminismus zwar weit gekommen, doch nach wie vor würden auch im Westen, in Europa und Amerika Frauen unterdrückt und geschlagen oder sind in beruflicher Hinsicht noch immer nicht auf gleicher Höhe wie die Männer. Auch jener Feminismus, der sich deutlich von Kirche und der Religion abgrenzt, ist ebenso wenig imstande die allgemeine Frauenfeindlichekeit einzudämmen.

Deswegen glaubt Asma Lamrabet an ihren „dritten Weg“, nicht gegen die Religion und auch nicht in ihrem Schatten, sondern aus der Religion, aus dem Islam heraus, ein anderes Frauen- und Männerbild entwickeln zu können. „Das geht nicht von heute auf morgen, und auch meine Generation wird davon kaum profitieren, vielleicht die nächste.“

Die Reform der Gesetzgebung, die Sensibilisierung hinsichtlich Frauen- und Menschenrechte, die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit, all dieses sind Etappen oder vielmehr Ziele auf dem Weg, den Asma Lamrabet meint.

Asma Lamrabet war auf Einladung der Alexander-Langer-Stiftung und des Frauenmuseums Meran in Südtirol. Dort findet zur Zeit die Ausstellung "Svelate - Marocco femminile plurale / Ent-deckt Frauen in Marokko" der Kuratorinnen Sara Borrillo und Michela Pandolfi statt. Mehr dazu auf www.svelate.org

 

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Profil für Benutzer Oskar Egger
Oskar Egger Mi., 04.12.2013 - 09:50

Ja, es ist längst Zeit. Kirchen und Religionen haben doch schon viel zu lange ungehindert die Menschenrechte der Frauen mit Füssen getreten. Man sollte in diesem Zeitalter, in dem die Welt vor so viel größeren Herausforderungen, die das Überleben betreffen, steht, darüber gar nicht mehr diskutieren müssen. Was ist denn eigentlich das Problem, wenn nicht ungebührlicher Machtanspruch und blinde Überheblichkeit. Wo bleibt die Entwicklung des homo sapiens? Was ist effektiv geschehen, weltweit, seit der Antike??

Mi., 04.12.2013 - 09:50 Permalink