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Der Startschuss

Die neue Raiffeisenära beginnt. Heute wurde die offizielle Mitteilung zur Gründung eines Institutsbezogenen Sicherungssystems (IPS) an die Banca d’Italia verschickt.
Herbert Von Leon ist sichtlich erleichtert. “Das Ganze ist dem Verständnis und Einsatz der derzeitigen Regierung und parlamentarischen Mehrheit sowie der besonderen Unterstützung durch den Präsidenten der Finanzkommission des Senats zu verdanken“, sagt der Obmann des Raiffeisenverbandes.
Die Blumen gehören der amtierenden Regierungsmehrheit, die bei der gesamtstaatlichen Reform der Genossenschaftsbanken im allerletzten Moment die Handbremse gezogen hat und es den Raiffeisenkassen ermöglicht, in Alternative zu einer lokalen genossenschaftlichen Bankengruppe, ein Institutsbezogenes Sicherungssystem (IPS) zu gründen, wie es die Europäische Gesetzgebung vorsieht.
Südtiroler Raiffeisenkassen haben.
Heute hat der Raiffeisenverband in Vertretung der Südtiroler Kassen das offizielle Ansuchen zur Gründung des IPS an die Banca d’Italia verschickt. Damit beginnt eine neue Ära in der Südtiroler Raiffeisenwelt.
 

Die Schubumkehr

 
Die letzten Vorbereitungen für diese Entwicklung wurde noch vor Jahresende getroffen.
Auf einer Landestagung der Obleute und Direktoren der Raiffeisenkassen am 27. Dezember 2018 in Bozen hat man noch einmal die gesetzlichen Neuerungen im Detail erläutert. Zudem hat man auch formal eine Kehrtwende gemacht.
Im Herbst 2018 haben alle Südtiroler Raiffeisenkassen (mit Ausnahme der Raika Ritten und St. Martin in Passeier) jenes Statut abgesegnet, das von der Raiffeisenlandesbank vorgegeben worden war. Nach EU-Vorgabe sollten sich die Genossenschaftsbanken zu einer Bankengruppen mit einem sogenannten „capogruppo“ zusammenschließen. Unter der Federführung von Landesbank-Präsident Michael Grüner hatte man in Windeseile ein Modell entworfen, in dem Raiffeisen Landesbank dieser „capogruppo“ sein sollte.
Dieses Modell hätte die Macht der Landesbank verdreifacht. Die einzelnen Raikas wären nur mehr bessere RLB-Filialen gewesen, während die Landesbank in Zukunft alles bestimmt und kontrolliert hätte. Selbst der mächtige Raiffeisenverband wäre nur mehr eine Hilfsorganisation gewesen.
 
Weil das Statut von der Banca d´Italia absegnet wurde, mussten alle Kasse der neuen Gruppe beiträten. Dabei musste aber von jeder Genossenschaft das Statut geändert werden. Erst danach folgte die politische Schubumkehr in Rom.
Vor diesem Hintergrund musste die Beschlüsse der einzelnen Vollversammlungen der Raiffeisenkassen erst rückgängig gemacht werden. Das passierte am 27. Dezember. Unter der Ägide von Notar Walter Crepaz wurde eine Erklärung über den Eintritt jener auflösenden Bedingung unterzeichnet, die die Unwirksamkeit der von einzelnen Raiffeisenkassen getroffenen Vollversammlungsbeschlüsse bewirkt.
 

Hohe Solidität

 
Der zweite Teil der Tagung zielte darauf ab, die nächsten zu setzenden Schritte zu definieren. So wurde die Projektorganisation und -struktur vereinbart, ebenso wie der Inhalt der Mitteilung, die an die Banca d’Italia verschickt werden soll. In diesem – vom Raiffeisenverband im Namen der Raiffeisenkassen verfassten Schreiben – werden die Gründe für die Wahl eines Institutsbezogenen Sicherungssystems (IPS) dargelegt. 
 
Im besonderen wird auf die Wirtschafts- und Vermögenslage der Raiffeisen Geldorganisation Bezug genommen. Diese zeichnet sich durch “eine hohe Solidität des Eigenkapitals und ein geringes Kreditrisiko” aus, wie von Carmelo Barbagallo, Leiter der Abteilung Banken- und Finanzaufsicht der Banca d'Italia, kürzlich anerkennend bestätigt wurde. Durch diese Ausgangssituation ist die Raiffeisen Geldorganisation gegen eventuelle Krisen ausreichend gewappnet. Dadurch wird eine Rekapitalisierung an den Finanzmärkten unnötig, welche als wichtigste Begründung für die genossenschaftlichen Bankengruppen angeführt wird.
Positiv hervorgehoben wurde zudem, dass mit demselben Gesetz auch die Aktien von Genossenschaftsbanken mit einem Wert von unter 1.000 Euro von den besonders strengen Regeln zum Handel mit Finanzinstrumenten (MiFID II) ausgenommen wurden. „Das ist eine weitere sehr positive Änderung“, meint Raiffeisenobmann Herbert von Leon.