Politik | Kaufhaus Bozen

Wiener Melange

Während man in Bozen als unversöhnliche Gegner auftritt, baut man in Wien gemeinsam: Boris Podrecca und Rene Benko. Ein Schattengefecht.

Das Areal erstreckt sich direkt hinter dem Praterstern. Dort im 2. Wiener Bezirk liegt seit Jahren eine riesiges Areal brach. Früher war dort der sogenannte Nordbahnhof in Betrieb, der vor allem für die Anlieferung von Kohle diente, die in der Bundeshauptstadt gebraucht wurde. Seit den achtziger Jahren ist der Bahnhof mehr oder weniger stillgelegt.
Schon bald wird der ehemalige Nordbahnhof zu einem der größten Bauflächen Österreichs werden. Geplant ist die Verwirklichung eines Jahrhundertprojekts, das indirekt auch ein besonderes Schlaglicht auf das wirft, was sich seit Monaten in Bozen abspielt: Der Kampf um das Kaufhaus in Bozen.

Boris Podrecca ist ein Gentleman alter Schule. Der Wiener Stararchitekt mit Triestiner Wurzeln nimmt sich aber kein Blatt vor den Mund, wenn ihm etwas gegen den Strich geht. Auch im Kampf um das Bozner Kaufhaus redet Podrecca durchaus Klartext. Nachdem seine Erlebnishausgruppe die Ausschreibung gegen Rene Benkos Signa und den englischen Architekten David Chipperfield verloren hat, greift Podrecca in einem Tageszeitungs-Interview frontal die Dienststellenkonferenz der Gemeinde Bozen an. Der Architekt spricht von einem „unüblichen Wettbewerb“ und der Tatsache, „dass der Kommission nicht jemand angehört, der selbst einmal etwas gebaut hat.“

Podreccas direkte Rede wird nur dann deutlich sanfter, wenn es um den Mann geht, gegen den er am Ende verloren hat: Rene Benko. Podrecca sagt im Interview mit der Tageszeitung:

Rene Benko ist sicherlich ein Profi, dem es überall gelingt, die Türen zu öffnen. Auch sein Team ist absolut professionell. Meine Auftraggeber arbeiten mit ihren Mitteln. Man kann nicht einem Kontrahenten des Duells eine Pistole in die Hand geben, dem anderen ein Taschenmesser.“

Dass der Architekt mit dem Taschenmesser dem Mann mit der Pistole in der Hand auch nach dem verlorenen Duell durchaus Respekt zollt, dürfte auch an dem riesigen Areal am Wiener Praterstern liegen.

Die UniCredit Bank Austria AG will seit Jahren in Wien einen neuen Hauptsitz errichten. Bereits vor Jahren hat der Bankenriese deshalb von den österreichischen Bundesbahnen das gesamte Areal des ehemaligen Nordbahnhofes erworben. Dort am Praterstern plant die Bank jetzt den sogenannten „Austria Campus“. In dem Gelände werden nicht nur das neue Headquarter der Bank und die Nebengebäude für Infrastruktur, Betriebsrestaurant und Kindergarten entstehen, sondern es sollen auch ein Hotel mit 200 Betten und Büro- und Geschäftsgebäude gebaut werden. Geplant ist eine Brutto-Geschossfläche von über 200.000 Quadratmetern. Das Investitionsvolumen: Über 500 Millionen Euro.
Am 25. Mai 2011 schreibt die Bank Austria für das Areal einen städtebaulicher Wettbewerb aus. Insgesamt 13 Architekturbüros werden eingeladen. Im Jänner 2012 wird der Wettbewerbssieger ermittelt: Boris Podrecca und sein Büro. Podreccas Bebauungs- und Flächenwidmungsplan wird jetzt in einem Ausführungsprojekt der „Soyka/Silber/Soyka Architekten“ umgesetzt.


Von Beginn an will die „Bank Austria“ aber nur die Finanzierung des Bauprojekts übernehmen. Unternehmerisch soll das Jahrhundertprojekt von privaten Investoren umgesetzt werden.
Und genau hier kommt Rene Benko ins Spiel. Im Spätsommer 2014 ist der Investor und neue Besitzer des Areal gefunden. Im September 2014 gibt die Bank Austria bekannt, dass eine Käufergemeinschaft aus der RPR-Privatstiftung des Investors Ronny Pecik und der Signa-Holding von René Benko das gewidmete und baugenehmigte Projekt des Austria Campus erwirbt. Über den Kaufpreis herrscht absolutes Stillschweigen.
Noch im Herbst 2014 soll die Baugenehmigung ausgestellt und unmittelbar mit dem Bau begonnen werden. Bereits 2017 will die Bank Austria in den neuen Sitz am Praterstern umziehen. Ein, zwei Jahre später soll der gesamte Campus fertiggestellt sein.

Rene Benko verwirklicht damit in Wien den Bebauungsplan von Boris Podrecca. Daraus wird auch verständlich, warum der Oberrauch-Architekt sich in Bozen mit der Kritik am Innsbrucker Investor deutlich zurückhält. Das Bozner Duell ist für beide nur ein Schattengefecht.
Denn beim Wiener Jahrhundertprojekt geht um zehnmal so viel. Und dort sitzt man gemeinsam im Boot.