Politik | IDEALE

Homo est brutum bestiale

Ich sehne mich nach mehr Solidarität und Umweltbewusstsein, ich sehne mich nach Weitsichtigkeit und hohen politischen Gedanken, ich sehne mich nach mehr Demoktratie.
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Foto: upi

Homo est brutum bestiale. Unser modernes Bewusstsein war geprägt von der Überzeugung, dass die Menschheit gegenüber den Brutalitäten und Ungerechtigkeiten der Vergangenheit große Fortschritte gemacht hat. Doch neuerdings habe ich manchmal den Eindruck, als hätten wir dieses Bewusstsein verloren.

Die politische Situation ist nicht gut, und es ist furchtbar, einen amerikanischen Präsidenten zu haben, der „Klimaerwärmung, wo steckst du?“ twittert und Witze über die eisigen Temperaturen in seinem Land macht. Trumps Tweets beinhalten nicht nur schlimme Botschaften, sondern sind eindeutig auch eine Form des Nihilismus. Vielleicht sollten ein paar politische Ideen neu überdacht werden, vielleicht könnte der Präsident auch mal ein paar Texte antiker Autoren lesen. Auch wenn ich so meine Zweifel habe, dass Platon für ihn eine Inspiration sein würde.

Was dagegen uns betrifft, so brauchen wir uns nur an Alcide de Gasperi zu erinnern (auch wenn die Ladiner für ihn eine italienische Minderheit darstellten), der gleich nach dem Krieg, als unser armes Italien aufgrund der Taten eines der vielen Irren der Weltgeschichte geschlagen und erniedrigt am Boden lag, 1946 in Paris sagte: „Alles außer Ihrer persönlichen Höflichkeit ist gegen mich“ und der mit seiner Ehrlichkeit für uns den ersten Schritt auf dem Weg zurück in die Welt der Menschlichkeit ging. Und heute? Die Spitzenpolitiker unserer Tage – nicht nur die unseres Landes – könnten sich wirklich mal von der Geschichte inspirieren lassen, auch wenn es schwierig ist, gewissen Menschen, deren Regierungsstil von der Ethik des Zusammenbruchs geprägt ist, gute Ratschläge zu erteilen.

Es droht eine Gefahr, die wir nicht unterschätzen dürfen. Man sieht das auch auf der Ebene der Provinzen: Was hindert uns beispielsweise daran, eine Koalition mit den Umweltschützern einzugehen? Nun, es ist der ordinäre Wunsch, die eigenen Interessen zu kultivieren, statt eine gemeinschaftliche Vision zu suchen, die sich auch an der Zukunft orientiert. Was also tun? Wir bräuchten Kallipolis, die ideale, von Philosophen bewohnte Stadt, die sich Platon in „Der Staat“ ausgedacht hat, um die bestmögliche staatliche Ordnung zu schaffen. Platon hat aber auch die These aufgestellt, dass diese Stadt sich schicksalshaft in eine Timokratie verwandeln würde, in eine „Regierung der Wächter“, grober Typen, die durch die Kraft ihrer sogenannten Ehre an die Macht kommen. Denn schlussendlich sind es die Bürger selbst, die der Unmoral zuneigen, und die Politik lässt sich von denen beeinflussen, die daran glauben, dass es so etwas wie menschliche Rassen gibt.

Ich mache mir Sorgen, und es macht mich traurig, in einem Südtirol zu leben, das von der Lega kontaminiert ist und dem Europa nichts zu sagen hat. Doch die Entwicklung unserer Provinz und Region ist stark an das gekoppelt, was Europa werden wird. Wenn die UE ja sagt zu Integration, zu einer gemeinsamen Kultur, dann könnten wir eine Chance haben. Solange lese ich weiter meine antiken Autoren und finde bei ihnen die modernsten Ideen. Wer die Klassiker liest, stößt dort auf zeitlose Theorien, die die verborgensten Seiten der menschlichen Seele zum Thema haben, im Guten wie im Bösen.

Die Geschichte hat gezeigt, dass in einem Regime, in dem eine demagogische Demokratie am Werke ist, die Massen nicht spirituell und politisch gelenkt werden. Diese Regierungen bedienen vielmehr niedrige Instinkte, beklatschen irrationale Sehnsüchte, setzten der Intuition keine edlen Gedanken gegenüber, helfen verzweifelten Seelen nicht aus der Seenot, stimulieren die schlimmsten Instinkte. Weil sie ihre Macht auch weiterhin für ihre ureigenen Absichten nutzen möchte. Die aktuelle Situation besitzt eine ganz außergewöhnliche gleichmachende Kraft, die es wirklich schwer macht, Systemalternativen vorzuschlagen und zu praktizieren. Es fehlt der höhere Gedanke und der der Nächstenliebe.

Wir müssen uns für eine korrekte Theorie einsetzen, müssen uns in guter Philosophie üben. Es ist besonders wichtig, weil es erst die notwendigen Bedingungen dafür schafft, dass wir im öffentlichen wie im privaten Leben Gutes realisieren können.

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Peter Gasser Di., 05.02.2019 - 16:02

"Wir ... müssen uns in guter Philosophie üben. Es ist besonders wichtig, weil es erst die notwendigen Bedingungen dafür schafft, dass wir im öffentlichen wie im privaten Leben Gutes realisieren können":
... in welcher Schule wird heute noch ausreichend Philosophie (oder Geschichte) gelehrt...? Allgemeinbildung wird nicht gefragt, ist bisweilen gar hinderlich; es zählen vorwiegend - bis ausschliesslich - wirtschaftliche Rendite und politischer Nutzen. Ausgebildet werden nutzbare Fach-Soldaten.
Und da in beträchtlichem Maße phiolosophisch Ungebildete und nur dem eigenen Nutzen Verpflichtete in höchste "Führungs"-Ämter gleiten, erleben wir zur Zeit einen beispiellosen Rückschritt der politischen Qualität.

Di., 05.02.2019 - 16:02 Permalink
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Peter Gasser Di., 05.02.2019 - 18:01

"Denn schlussendlich sind es die Bürger selbst, die der Unmoral zuneigen, und die Politik lässt sich von denen beeinflussen, die daran glauben, dass es so etwas wie menschliche Rassen gibt":
Man müsste es immer und immer wieder und überall sagen schreiben rufen:
Adam Rutherford:
"Die Wahrheit ist, dass wir alle ein bißchen von allem sind und von überall her stammen... Gehen wir ein Jahrtausend zurück, so haben wir Europäer alle dieselben Vorfahren. Verdreifacht man diesen Zeitraum, dann teilen wir die gesamte Abstammung mit jedem Menschen auf dieser Welt... Es gibt keine wesentlichen genetischen Elemente, die es erlauben würden, eine bestimmte Gruppe von menschen als "Rasse" zu definieren. Soweit es um Genetik geht, gibt es keine Rassen".
... und:
"Nichts entbindet einen von der Verpflichtung, sich zivilisiert zu benehmen".

Di., 05.02.2019 - 18:01 Permalink